Eurokrise: Protest regt sich – nicht nur in Frankreich

(01.10.2012/dpa)

In Frankreich formiert sich Widerstand gegen die Sparpolitik des neuen Präsidenten François Hollande. Bei einer Großdemonstration in Paris protestieren Anhänger linker Gruppen am Sonntag erstmals mit einer Großdemonstration. Nach Angaben des Parteienbündnisses Front de Gauche (Linksfront) beteiligten sich rund 80 000 Menschen an einem Protestmarsch quer durch die Hauptstadt. Die Polizei gab keine offizielle Schätzung ab.

Die Demonstranten forderten unter lauten „Widerstand“-Rufen eine Volksabstimmung über den europäischen Fiskalpakt für mehr Haushaltsdisziplin, der in den nächsten Wochen auch vom französischen Parlament ratifiziert werden soll. Die dort verankerte Schuldenbremse wird nach Auffassung der Kritiker den Handlungsspielraum der sozialistischen Regierung stark einengen und zu einer langanhaltenden Rezession führen.

Der Aktionstag am Sonntag war die erste große Protestveranstaltung gegen die Politik des sozialistischen Präsidenten Hollande. Er hatte im Wahlkampf im Frühjahr eine sozialeres Frankreich und den Verzicht auf allzu harte Sparpläne versprochen. Der Haushalt für das Jahr 2013 sieht allerdings Steuererhöhungen und Einsparungen in Höhe von 36,9 Milliarden Euro vor.

Anführer des Parteienbündnisses Front de Gauche, das links der regierenden Sozialisten steht, ist Jean-Luc Mélenchon. Bei der Präsidentenwahl im Mai war er auf rund elf Prozent der Stimmen gekommen. Zuletzt hatte er auch Bundeskanzlerin Angela Merkel wegen ihrer Europapolitik heftig attackiert. Merkel betreibe eine engstirnige und sehr dogmatische Politik, sagte der Politiker im Deutschlandfunk.

Am Sonntag bekräftigte Mélenchon, die Demonstration in Paris sei nur der Auftakt der Proteste gewesen. Weitere würden folgen. Von diesem Dienstag an soll in der französischen Nationalversammlung über den Fiskalpakt debattiert werden

Auch in anderen Ländern der Eurozone, insbesondere in Südeuropa, kam es in den vergangenen Tagen zu größeren Protesten. In Athen gingen am Mittwoch mehr als 100 000 Menschen auf die Straße, um gegen das geplante Sparprogramm in Höhe von knapp zwölf Milliarden Euro zu protestieren. Streiks legten das Land zum Teil lahm. Die Gewerkschaften kündigten weitere Demonstrationen und Streiks an, sollte das Sparprogramm im Parlament verabschiedet werden. Wann dies sein wird, ist noch unklar. Die Geldgeber-„Troika“ prüft gerade das Sparpaket, das die Rezession in Griechenland weiter verschärfen wird. Auch im kommenden Jahr wird die griechische Wirtschaft wohl wieder deutlich schrumpfen. Auf bis zu vier Prozent werde sich der Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) belaufen, so ein Mitarbeiter des Finanzministeriums heute gegenüber der Nachrichtenagentur dpa.

In Portugal nimmt der Widerstand gegen die Sparpolitik der Mitte-Rechts-Regierung rapide zu. Am Samstag gingen in Lissabon Zehntausende auf die Straßen. Es war bereits der dritte Massenprotest in nur zwei Wochen. Der Gewerkschafts-Dachverband GCTP kündigte einen Generalstreik noch in diesem Jahr an. Die Demonstranten fordern nicht nur ein Ende der Sparpolitik, sondern auch den Rücktritt von Ministerpräsident Pedro Passos Coelho – obwohl dieser erst jüngst besonders umstrittene Sparmaßnahmen zurückgenommen hatte.

Auch im Nachbarland wächst der Protest. Mitte September folgten Zehntausende Spanier einem Aufruf der Gewerkschaften zu einer Kundgebung in Madrid. Spanien hat mit 24,5 Prozent die höchste Erwerbslosenquote der Welt, wie eine Länderanalyse der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) ergab. (1) Die Jugendarbeitslosigkeit liegt sogar bei rund 53 Prozent. Immerhin nimmt das iberische Land in dieser Kategorie nicht die Spitzenposition ein: Mit einer Jugendarbeitslosigkeit von 55 Prozent liegt Griechenland knapp davor.

Anmerkungen

(1) http://www.ftd.de/politik/europa/:statistik-der-ilo-spaniens-arbeitslosigkeit-bricht-weltrekord/70088251.html

Drucken

Drucken

Teilen