Facebook: Zuckerberg zittert

(13.11.2012/dpa)

Dieser Mittwoch könnte für Facebook zum Tag der Wahrheit werden. Dann wird sich zeigen, ob die einfachen Mitarbeiter noch hinter dem weltgrößten Online-Netzwerk stehen – oder ob sie glauben, dass es bei der einst angesagtesten jungen Firma des Silicon Valley geschäftlich bergab geht. Ab diesem Mittwoch wird es ihnen erlaubt sein, sich im großen Umfang von ihren Aktien zu trennen. Der Markt könnte mit Facebook-Papieren überschwemmt werden und so einen weiteren Kursverfall auslösen.

„Die Entwicklung der Aktie ist ganz offensichtlich enttäuschend“, hatte Facebooks Gründer, Chef und Hauptaktionär Mark Zuckerberg selbst eingeräumt. 38 Dollar hatte das Papier beim Börsengang im Mai gekostet, ganz kurz war es auf 45 Dollar gestiegen, nur um dann binnen weniger Wochen die Hälfte des Werts zu verlieren. Momentan pendelt der Kurs um die 20 Dollar.

Facebook ist zwar eine beispiellose Erfolgsgeschichte im Web. Mehr als eine Milliarde Nutzer tummeln sich hier – das ist rund jeder siebte Mensch auf diesem Planeten. Doch geschäftlich läuft es bei Facebook eher mau: Die  Werbeeinnahmen sprudeln schwächer als erhofft; das Unternehmen schreibt seit dem Börsengang rote Zahlen.

Vor diesem Hintergrund ist der Termin 14. November gefährlich: Dann laufen die Haltefristen für etwa jeden dritten Anteilsschein des Unternehmens aus, insgesamt rund 800 Millionen Aktien. Viele der Papiere liegen in den Händen einfacher Mitarbeiter. Sie hatten die Aktien über die Jahre als Teil ihres Gehalts bekommen und müssen nun entscheiden, ob sie an einen Kurserholung glauben oder ob sie lieber schleunigst mitnehmen, was noch zu holen ist.

Schon beim Auslaufen früherer Haltefristen mit vergleichsweise geringen Stückzahlen war der Kurs empfindlich gefallen – kein gutes Omen.

Mit dem Risikokapitalgeber Peter Thiel war bereits einer der prominentesten Facebook-Finanziers der ersten Stunden fast komplett ausgestiegen. Auch der Facebook-Mitgründer Dustin Moskovitz hat offenbar kein allzu großes Vertrauen in eine goldige Zukunft des Unternehmens und trennte sich von einem Teil seiner Papiere. Erst vor wenigen Tagen versilberte auch Facebooks Nummer zwei, Sheryl Sandberg, einige Aktien – allerdings nur einen kleinen Teil ihres Bestands.

Wenn selbst die Führungsspitze, die um die Finanzlage des sozialen Netzwerks weitaus besser im Bilde ist als die einfachen Mitarbeiter, nicht auf eine Erholung der Kurse spekuliert, dürfte auch der Glaube der  normalsterblichen Angestellten auf eine Kurssteigerung erschüttert sein.

Mark Zuckerberg weiß, auf welch wackeligen Beinen sein Facebook an der Börse steht: Als das Papier im September mit 17,55 Dollar seinen absoluten Tiefpunkt erreichte, ging Zuckerberg ein Versprechen ein: Er selbst werde zwölf Monate lang keine einzige Aktie verkaufen. Er selbst hält  etwa ein Fünftel aller Anteilsscheine und ist damit der größte Aktionär überhaupt.

Hinter dem Versprechen steckt auch Eigennutz: Mit jedem Dollar, den der Kurs fällt, wird Zuckerberg eine halbe Milliarde Dollar ärmer. Schon jetzt hat er durch den Kursverfall – zumindest rein rechnerisch – fast die Hälfte seines Vermögens verloren. Er kommt noch auf rund 10 Milliarden Dollar.

In der Rangliste der reichsten US-Amerikaner, die das Magazin Forbes erstellt, sackte der 28-Jährige von Rang 14 auf Rang 36 ab. Er war damit der größte Verlierer in diesem Jahr. Angesichts der Größenordnung seines Vermögens ein zu verschmerzender Verlust, im Gegensatz zu all jenen  Angestellten, die nun starke Einkommenseinbußen zu befürchten haben. Manch einen von ihnen wird sicherlich das Gefühl beschleichen, über den Tisch gezogen worden zu sein. Facebook liefert damit ein starkes Argument für all jene, die der Verknüpfung von Gehältern mit dem Shareholder-Value des Unternehmens, also dessen Aktienkurs, generell kritisch gegenüberstehen.

Und die Talfahrt könnte noch weiter gehen: Im Dezember fallen die Schranken für weitere 156 Millionen Aktien aus dem Bestand von Altinvestoren, im Mai läuft eine letzte Haltefrist für 47 Millionen Aktien aus. Das einflussreiche US-Wirtschaftsmagazin Barron’s stellte vor einiger Zeit die rhetorische Frage: „Was sind die Aktien wert?“ Und das Magazin gab gleich selbst die Antwort: „Vielleicht nur 15 Dollar.“  Allerdings entsprechen Spekulationsverlusten auf der einen Seite Gewinne auf der anderen Seite. Wer von den drohenden Einkommenseinbußen der Facebook-Mitarbeiter profitiert, ließ das Magazin leider unbeantwortet.

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