Fristlose Kündigung wegen einer Boulette

(07.09.2009/dpa/hg)

Weil sie für Gäste und den Chef bestimmte Brötchen selbst gegessen haben, sind zwei Sekretärinnen des Bauverbands Westfalen fristlos entlassen worden. Nun kämpfen sie vor dem Arbeitsgericht Dortmund um ihre Arbeitsplätze.

Die beiden Arbeitnehmerinnen hatten am 21. Juli Brötchen für einen Geschäftsimbiss geschmiert. Dabei haben sie zwei Brötchenhälften und eine Frikadelle des Firmen-Büffets selbst verzehrt, berichtet netzeitung.de am Mittwoch.

Beim gescheiterten Gütetermin am Dienstag hat die eine Frau (59) beteuert, dass es im Unternehmen ausdrücklich erlaubt gewesen sei, in Sitzungen übrig gebliebene Brötchen anschließend zu essen. Sie sei deshalb der Meinung gewesen, ihr Verhalten sei in Ordnung.

Ihre Kollegin wird voraussichtlich am 24. November vor Gericht ziehen, teilte das Arbeitsgericht in Dortmund am Mittwoch mit.

Hermann Schulte-Hiltrop, Hauptgeschäftsführer des Bauverbands Westfalen, wertet das Verhalten der Mitarbeiterinnen, die seit 34 bzw. fast 20 Jahren dem Betrieb angehörten, als einen Vertrauensmissbrauch, der nicht wieder gutzumachen sei. Für den Bauverband Westfalen ist die fristlose Kündigung die einzig angemessene Sanktionierung des „Brötchen-Diebstahls“.

Der Anwalt der 59-jährigen Klägerin fordert dagegen die Weiterbeschäftigung. In ihrem Alter habe sie doch gar keine andere Wahl, als um ihren Job zu kämpfen. „Sie findet doch keinen neuen mehr“. Der Chef-Sekretärin gehe es aber auch um die Wiederherstellung ihres guten Rufes. „Mit einem solchen Makel will sie nicht einfach so gekündigt werden.“

Die Vorsitzende Richterin hatte in der Güteverhandlung angedeutet, dass sie eine fristlose Kündigung für möglicherweise überzogen hält. Ihr Vorschlag, die Kündigung zurückzunehmen und die Sekretärin stattdessen abzumahnen, wurde von der Arbeitgeberseite jedoch nicht angenommen. Das Gericht wird den Fall voraussichtlich im Januar entscheiden.

Wie der österreichische Standard am Mittwoch berichtet, hat der Generalsekretär der nordrhein-westfälischen SPD, Michael Groschek, die Rücknahme der Kündigung gefordert. „Wir dürfen nicht dulden, dass Manager trotz Fehlspekulationen in Millionenhöhe dicke Abfindungen kassieren und kleine Leute wegen eines Wurstbrötchens auf die Straße gesetzt werden“, sagte er. Dies sei „unmenschlich und unmoralisch“.

Bei den Dortmunder Entlassungen handelt es sich nicht um Einzelfälle. Im baden-württembergischen Radolfzell streitet eine 58-jährige Altenpflegerin um ihren Arbeitsplatz. Ihr war war fristlos gekündigt worden, weil sie mehrere Maultaschen für den eigenen Verzehr mitgenommen hatte. Bundesweit für Empörung hatte zuletzt der Fall einer Kassiererin gesorgt, der wegen zweier Leergutbons im Wert von 1,30 Euro gekündigt worden war. Die abgewiesene Kündigungschutzklage der Mitarbeiterin wird derzeit gerichtlich überprüft.

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