Generalbundesanwalt ermittelt gegen Netzpolitik-Journalisten

(31.07.2015/dpa)

Der Generalbundesanwalt wirft Journalisten des Blogs Netzpolitik.org Landesverrat vor und ermittelt. Darüber informierte die oberste Ermittlungsbehörde die Blogger in einem Brief, den Netzpolitik.org am Donnerstag veröffentlichte. (1) Es geht um die Veröffentlichung von Informationen und Dokumenten des Bundesamts für Verfassungsschutz. „Wir lassen uns nicht einschüchtern“, schrieben die Blogger. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) sprach von einem Angriff auf die Pressefreiheit.

Die Bundesregierung wolle mit den Anzeigen wegen Landesverrats die Wahrheit über die deutsche Verstrickung in den NSA-Skandal unterdrücken, sagte der Gründer von Netzpolitik.org, Markus Beckedahl gegenüber ARD-aktuell. Es werde zunehmend klar, dass die Bundesregierung „knietief im Sumpf von NSA und Co“ stecke.

„Wir haben jetzt den Verdacht, dass sie durch solche Strafanzeigen (wegen Landesverrats) scharf schießen gegen diejenigen, die dazu beitragen wollen, diesen größten Überwachungsskandal in der Geschichte der Menschheit mit aufdecken zu wollen“, fügte Beckedahl hinzu. Netzpolitik.org werde seine Arbeit fortsetzen und begrüße „weitere Dokumente, die beweisen, wie unsere Geheimdienste, (…) ohne dass wir als Gesellschaft darüber diskutiert haben, das Internet zu einer globalen Totalüberwachungsmaschinerie (…) umgebaut hat.“

Netzpolitik.org hatte in zwei Artikeln Pläne des Verfassungsschutzes zum Ausbau der Internet-Überwachung beschrieben. Dazu veröffentlichte der Blog Auszüge von Dokumenten des Inlandsgeheimdienstes. Der Verfassungsschutz selbst habe Anzeige erstattet, heißt es im Schreiben des Generalbundesanwalts. Die Bundesanwaltschaft war zunächst nicht für eine Stellungnahme erreichbar. Dem Schreiben zufolge wird gegen Beckedahl und gegen den Autor André Meister ermittelt.

Netzpolitik.org ist einer der bekanntesten deutschsprachigen Blogs und wurde 2014 mit dem Grimme-Online-Award ausgezeichnet. Die Blogger setzen sich für digitale Bürgerrechte ein. Sie berichten unter anderem in Echtzeit aus dem Geheimdienst-Untersuchungsausschuss des Bundestages.

Der DJV verurteilte die Ermittlungen scharf. Das Vorgehen sei ein „unzulässiger Versuch, zwei kritische Kollegen mundtot zu machen“, sagte der Bundesvorsitzende Michael Konken. Er forderte den Generalbundesanwalt auf, die Ermittlungen einzustellen.

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(1) https://netzpolitik.org/2015/strafanzeige-wegen-nsa-spionage-die-antwort-des-generalbundesanwalts/

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