Gescheiterter Opel-Verkauf: Warnstreiks angekündigt
(04.11.2009/dpa/hg)
Nachdem der US- Autobauer General Motors (GM) am Dienstagabend (Ortszeit) in Detroit den Verkauf seiner deutschen Tochter Opel völlig überraschend offiziell abgeblasen hat, zeigt sich Bundeskanzlerin Angela Merkel verärgert. Sie will nun mit US-Präsident Barack Obama über das weitere Vorgehen sprechen.
Betriebsräte und Gewerkschaften haben die Opel-Mitarbeiter unterdessen von diesem Donnerstag an zu Warnstreiks aufgerufen.
Die Bundesregierung fordert, dass GM rasch sein neues Konzept vorlegt und klarmacht, wie der deutsche Autobauer unter dem Dach des amerikanischen Konzerns saniert werden soll.
Regierungssprecher Ulrich Wilhelm zeigte sich verwundert über das Vorgehen von GM, Opel nach monatelangen Verhandlungen nun doch nicht zu verkaufen und in Eigenregie zu sanieren. Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) nannte das Verhalten sogar „völlig inakzeptabel“.
Ob Opel angesichts des fehlgeschlagenen Verkaufs an den österreichisch-kanadischen Zulieferer Magna und dessen russische Partner weitere Staatshilfen erhalten wird, ist völlig offen.
Die Bundesregierung verwies am Mittwoch in Berlin darauf, dass GM offenbar stark genug sei, um künftig selbst für Opel zu sorgen. Sie forderte die Rückzahlung des Brückenkredits von bis zu 1,5 Milliarden Euro bis Ende November.
Deutschland hatte Staatshilfen von bis zu 4,5 Milliarden Euro für „New Opel“ mit europaweit 50. 000 Beschäftigten und rund 25. 500 Mitarbeitern in den vier deutschen Opel-Werken zugesichert.
Merkel war erst kurz vor ihrem Rückflug aus Washington am Dienstag über die Kehrtwende von GM in Sachen Opel informiert worden.
Nach Informationen der Bundesregierung hat es keine Hinweise gegeben, dass die US-Regierung und Präsident Obama unmittelbar mit der Entscheidung des GM-Gremiums befasst waren.
GM befindet sich nach dem Ende des Insolvenzverfahrens im Sommer mehrheitlich in Staatsbesitz. Kritik kam aus den Bundesländern mit Opel-Werken.
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) kritisierte: „Dieses Verhalten von General Motors zeigt das hässliche Gesicht des Turbokapitalismus.“ Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) rügte: „Die Entscheidung ist eine Zumutung für die Beschäftigten von Opel, die unvorstellbaren Belastungen ausgesetzt sind.“
Die Ministerpräsidenten der Länder mit Opel-Niederlassungen wollen am kommenden Freitag gemeinsam mit der Bundesregierung über ihr weiteres Vorgehen bei der Rettung von Opel beraten. Das hat Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) am Mittwoch mitgeteilt. Das Treffen werde am Rande der Bundesratssitzung stattfinden.
Beobachter in Europa trauen GM nicht zu, die Opel-Sanierung finanziell stemmen zu können. Armin Schild, Frankfurter IG-Metall- Bezirksvorsitzender und Opel-Aufsichtsratsmitglied, hatte kürzlich davor gewarnt, dass Opel unter dem Dach von GM die Pleite drohe.
Aus Protest gegen den abgesagten Verkauf von Opel rufen Betriebsräte und Gewerkschaften die Opel-Mitarbeiter von diesem Donnerstag an zu Warnstreiks auf. „Die Veranstaltungen beginnen in Deutschland und werden sich auf ganz Europa ausdehnen“, sagte der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Klaus Franz am Mittwoch der dpa.
Linke- Fraktionschef Gregor Gysi warf der alten und neuen Bundesregierung Versagen vor. Der Verband Junger Unternehmer dagegen sprach von einem guten Tag für die deutschen Steuerzahler.
Für die ohnehin am Boden liegende russische Autoindustrie ist der Verzicht der Opel-Konzernmutter General Motors (GM) auf den Verkauf der deutschen Tochter ein neuer Tiefschlag. Der Absatz ist im Jahresvergleich um mehr als 50 Prozent eingebrochen. Avtovaz und der Gaz-Konzern, der als Opel-Partner im Gespräch gewesen war, haben Tausende Mitarbeiter entlassen.