Google scannt die Straßen - nun auch in Deutschland

(10.08.2010/dpa)

Trotz anhaltender Kritik will Google bis Ende des Jahres seinen Kartendienst Street View auch in Deutschland starten. Das Angebot mit der umfassenden Darstellung von Straßenzügen und Häusern wird zunächst für 20 Städte zwischen München und Hamburg eingeführt, wie das Unternehmen heute mitteilte. Mieter und Hausbesitzer sollen vorher mit einem Online-Formular die Gelegenheit bekommen, ihr Gebäude unkenntlich zu machen.

Der Hamburgische Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar kritisierte die Einführung  als überstürzt. „Die Leute wissen gar nicht, was sie da erwartet“, sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Daher sei es nicht sinnvoll, die Zeit für Widersprüche vor Einführung des Kartendienstes so knapp zu befristen. Auch gebe es keine klare Leitlinie für den Umgang mit den Daten von Widerspruchsführern. Der für Google zuständige Datenschutzbeauftragte kritisierte zudem, dass bislang keine telefonische Hotline von Google für Anfragen von Bürgern geplant sei.

Ab nächster Woche sollen die Bewohner der 20 Städte die Möglichkeit bekommen, mit einem Online-Formular Widerspruche gegen die Darstellung ihres Gebäudes anzumelden. Das Bild des entsprechenden Hauses wird dann mit einer „Blurring“-Technik unkenntlich gemacht, so dass es nur noch schemenhaft zu sehen ist.

Eine Einwilligung sämtlicher Hausbewohner schon vor dem Abfotografieren will Google jedoch auch künftig nicht einholen. Das sei technisch nicht möglich.

Die Bearbeitung der Widersprüche werde einige Wochen in Anspruch nehmen, sagte Google-Sprecherin Lena Wagner. Danach werde das Angebot online gestellt. „Wir hoffen, dass dies im November der Fall sein wird.“

Die Bevölkerung reagierte bisher eher verhalten auf die Möglichkeit des Widerspruchs. „Momentan kann ich Ihnen nur von einer vierstelligen Zahl von Widersprüchen berichten“, sagte Wagner im April gegenüber dem Blog Carta..

Mit einer Anzeigenkampagne will Google für das neue Angebot werben und dabei auch auf die Datenschutzbedenken eingehen. Den Nutzen von Street View sieht das Unternehmen in der „Möglichkeit, vor Ort zu sein, als wäre man dort“. Dies sei bei der Planung eines Umzugs ebenso interessant wie bei für touristische Zwecke. „Es ist die Vision von Google, das Internet auf eine Karte zu bringen“, sagte der zuständige Google-Produktmanager Raphael Leiteritz.

Google hat Street View 2007 zuerst in den USA gestartet. Deutschland wird nun weltweit das 24. Land, in dem dieses Angebot eingeführt wird.

Schon früh haben die Pläne für Street View zu heftiger Kritik geführt. Einzelne Bürger wie kommunale Entscheidungsträger fürchteten, das Angebot könnte für kriminelle Zwecke wie den Einbruch in Häuser missbraucht werden. Auch in den USA sorgte Googles Street-View für Kritik, nachdem bekannt wurde, dass in manchen Fällen Menschen nackt zu sehen waren oder vor einem Porno-Kino abfotografiert wurden.

Die Kritik wurde noch lauter, nachdem im Mai bekannt geworden war, dass bei den Kamerafahrten für Street View auch Daten aus offenen Funknetzen miterfasst und von Google gespeichert wurden.

Neben dem Verschlüsselungsstatus der Geräte und einer eindeutigen Seriennummer (MAC-Adresse) wurden bei der Erfassung der Netz-Daten auch der vom Nutzer vergebene Name der Funkstation (SSID) gespeichert, kritisieren die Datenschützer. Vor allem Privatnutzer würden beim SSID-Namen aber oft ihren Klarnamen oder andere auf sie hinweisende Informationen nutzen.

Damit könne ein Netz konkret den Bewohnern zugeordnet werden. Nach dem Bekanntwerden der Sammlung von Funknetz-Daten sagte der Bundesbeauftragte für Datenschutz, Peter Schaar, „Ich bin entsetzt, zu welchen Zwecken diese Fahrten ohne Wissen Dritter genutzt werden.“

In Gesprächen mit Datenschützern hat Google versprochen, bei der Einführung von Street View 13 Punkte einzuhalten. Die Zusicherungen gehen über die Praxis von Street View in anderen Ländern hinaus. Johannes Caspar sagte dazu: „Diese Zusage ist kein großzügiges Entgegenkommen, sondern eine von Google übernommene Rechtspflicht.“

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