Guantánamo: Zehn Jahre Folterlager

(05.01.2012/dpa)

Seit zehn Jahren halten die USA Menschen, die verdächtigt werden, terroristische Anschläge begangen zu haben auf ihrem Marinestützpunkt Guantánamo Bay in Kuba fest.

Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 hatte US-Präsident George W. Bush dort die Errichtung eines Internierungslagers angeordnet. Sein Nachfolger Barack Obama verkündete zwei Tage nach seinem Amtsantritt im Januar 2009, das Camp binnen Jahresfrist zu schließen. Es war zum Symbol für Folter und Willkür geworden. Aus Obamas Versprechen wurde nichts.

Ende 2011 lebten noch 171 Gefangene unter Bewachung von US-Soldaten in Guantánamo. Für ihre Verfahren sind Militärtribunale zuständig. Die meisten Häftlinge sind in „Camp VI“ untergebracht.

Wer als undiszipliniert gilt, den Wächtern nicht gehorcht und sich in sein trauriges Schicksal nicht fügen will, wird in das strengere „Camp V“ verlegt. Die ersten Häftlinge trafen am 11. Januar 2002 auf Kuba ein. Ohne Anklage wurden sie zunächst im provisorischen „Camp X-Ray“ unterbracht, das später durch den Komplex „Camp Delta“ ersetzt wurde. Insgesamt wurden nahezu 800 Gefangene auf Kuba festgehalten.

Obama kann Guantánamo nicht schließen, weil der Kongress dagegen ist und viele Politiker seiner eigenen Partei die ablehnende Haltung der Bevölkerung fürchten. Noch im Jahr 2009 stimmten die Abgeordneten gegen eine Verlegung von Gefangenen auf das Festland – eine Voraussetzung für die Schließung von Guantánamo. Das Parlament verbot im Dezember 2011 zum wiederholten Mal die Verwendung von Haushaltsgeldern für die Schließung von Guantánamo und den Bau von Ersatzgefängnissen in den USA.

Die Regierung des Kriegsverbrechers Bush stufte die Gefangenen als „illegale Kämpfer“ und nicht als Kriegsgefangene ein. Damit verwehrte sie ihnen die Rechte nach den Bestimmungen der Genfer Konvention von 1949. Auch das Verfassungsrecht zum Schutz vor staatlicher Willkür („habeas corpus“) galt nach Auffassung der Regierung nicht, weil Guantánamo nicht auf dem Staatsgebiet der USA liegt.

Mit den Zuständen auf Guantánamo hat sich wiederholt der Oberste Gerichtshof der USA befasst, ohne grundlegend etwas zu ändern. Auch Proteste des Auslands, der Vereinten Nationen, des Europarats, des Roten Kreuzes und von Menschenrechtlern machten wenig Eindruck. Das System Guantánamo könnte „für immer“ sein, befürchtet die Bürgerrechtsbewegung Human Rights Watch.

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