Informationsfreiheit: Bundesbehörden geben sich weiter zugeknöpft

(04.05.2010/dpa)

Wie viele Bahnhöfe in Deutschland werden mit Videokameras überwacht? Mit dieser Frage wandte sich eine Bürgerin an das Bundesinnenministerium. Die Antragstellerin bezog sich auf ihr Auskunftsrecht, das seit Anfang 2006 in einem Gesetz verankert ist. Demnach kann jeder Bürger von einer Bundesbehörde den Zugang zu amtlichen Informationen verlangen – auch wenn er persönlich von dem Sachverhalt gar nicht berührt ist. In dem konkreten Beispiel lehnte das Innenministerium wegen Sicherheitsbedenken ab.

Der Fall landete auf dem Schreibtisch von Peter Schaar. Er ist nicht nur der Bundesbeauftragte für Datenschutz, sondern auch für Informationsfreiheit. Wer die erbetenen Auskünfte nicht bekommt, kann sich an ihn wenden. Mehr als vier Jahre nach dem Inkrafttreten des Informationsfreiheitsgesetzes zog Schaar am Dienstag in Berlin eine ernüchternde Bilanz: „Ich stelle fest, dass wir weit entfernt sind von einer Kultur der Offenheit.“ In vielen Fällen versuchten die Behörden nicht etwa, dem Bürger entgegenzukommen, sondern Gründe dafür zu finden, die erbetene Information eben nicht preiszugeben.

Früher, so erläutert Schaar, gab es das Amtsgeheimnis, wonach alles, was in der Verwaltung behandelt wurde, prinzipiell geheim war. Diese Haltung ist nach Einschätzung des Beauftragten noch nicht aus den Behörden verschwunden. Das Informationsfreiheitsgesetz sei bei einem Großteil der Bürger bislang unbekannt und werde auch in Teilen der Verwaltung noch nicht richtig wahrgenommen. Jenseits des Gesetzes für die Bundesbehörden gibt es aber mittlerweile auch in den meisten Bundesländern solche Regelungen.

Viele Bundesbehörden bemühten sich zwar um Transparenz und wendeten das Gesetz vorbildlich an, sagte Schaar. In einigen Behörden seien die Widerstände aber größer geworden, so in der Finanzverwaltung. Manchmal würden „eine ganze Latte von Versagensgründen“ genannt. Im Jahr 2008 wandten sich Bürger in insgesamt 134 Fällen an Schaar, weil ihnen Auskünfte verwehrt blieben. 2009 waren es 114 Fälle, wie Schaar in seinem Bericht ausführt.

So wollte ein Bürger vom Bundeswirtschaftsministerium Informationen über den gescheiterten Verkauf einer ehemaligen Kaserne bekommen. Das Ministerium lehnte dies ab und bezog sich auf eine im Gesetz formulierte Ausnahmesituation, wonach die Angaben nicht veröffentlicht werden müssten. Das Ministerium habe die Ausnahme aber sehr weit interpretiert, meint Schaar. Ein anderer Antragsteller wollte die Fahrtenbücher des Bundesfamilienministeriums sehen – konkret ging es ihm um Fahrten der Ministerin. Das Ministerium kam dem nicht nach und erklärte, es handele sich um Regierungstätigkeit. Das ist allerdings für Schaar nicht nachvollziehbar.

Einige Fälle landen vor den Gerichten, die aber nicht einheitlich urteilen. Die Situation wird nach Angaben von Schaar auch dadurch erschwert, dass in Deutschland verschiedene Gesetze für Informationsansprüche nebeneinander existieren. Neben dem Informationsfreiheitsgesetz gibt es schließlich auch noch das Verbraucherinformationsgesetz und das Umweltinformationsgesetz.

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