Island stellt Banker vor Gericht

(14.05.2010/dpa)

Eine Reihe von Hauptverantwortlichen für den Bankenkollaps in Island müssen sich derzeit vor Gericht verantworten. Der staatliche Sonderermittler in Reykjavik veranlasste bereits die Festnahme von vier Ex-Managern der 2008 zusammengebrochenen Kaupthing-Bank.

Am Dienstag bestätigte die Polizei in Reykjavik die Festnahme der früheren Spitzenmanager Ingólfur Helgason und Steingrímur Kárason nach einem Verhör. Bereits seit vergangener Woche sitzen der frühere Kaupthing-Vorstandschef Heidar Már Sigurdsson und der frühere Leiter der Luxemburger Niederlassung, Magnus Gudmundsson, in Untersuchungshaft.

Der staatliche Sonderermittler zum isländischen Bankenkollaps 2008, Olafur Hauksson, wirft allen vier unter anderem Scheingeschäfte in Milliardenhöhe, Dokumentenfälschung, Verletzung der Börsenregeln und Manipulation von Bilanzzahlen vor.

Für den Ex-Aufsichtsratschef Sigurdur Einarsson wurde ein internationaler Haftbefehl ausgestellt. Fast alle früheren Bank-Spitzen aus Island leben inzwischen in Luxemburg oder London. Die Festgenommenen waren Polizeivorladungen aus ihrer Heimat gefolgt. Einarsson sagte der Zeitung „Frettabladid“ von London aus, er gedenke das nicht zu tun. Nun hat Interpol die Fahndung gegen ihn aufgenommen. (1)

Unterdessen will die Pleite gegangene Glitnir-Bank zwei Milliarden Dollar per Gerichtsklage in New York von ihrem Ex-Haupteigner Jón Àsgeir Jóhannesson und früheren Spitzenmanagern zurückholen. In der am Mittwoch veröffentlichten Klageschrift wirft das unter dem Namen Islandsbanki weitergeführte Geldinstitut Jóhannesson vor, die Bank zur Rettung maroder Unternehmen in seinem Besitz „systematisch ausgeplündert“ und mit dem kriminellen Abzug von über zwei Milliarden Dollar „entscheidend zu deren Zahlungsunfähigkeit beigetragen zu haben“.

Die isländische Finanzbehörde hat laut junge Welt erst kürzlich angekündigt, dass die isländischen Vermögen der meisten Großbanker wegen des Verdachtes auf Steuerhinterziehung beschlagnahmt werden. Durch eine schnelle und radikale Deregulierung und Privatisierung waren sie zu global agierenden Aufkäufern geworden, die sich als „neue Wikinger“ feiern ließen.

„Zuletzt betrugen die Verpflichtungen der drei führenden Banken das Elffache des isländischen Bruttoinlandsprodukts. Im Oktober 2008 brach das Kartenhaus innerhalb weniger Tage zusammen. Am 12. April wurde der Abschlußbericht des Parlamentskomitees zu den Ursachen und Verantwortlichen des Crashs veröffentlicht. Seitdem sind nicht nur die Justizbehörden aktiv, eine breite Bewegung fordert Rechenschaft. Mehrere führende Politiker traten zurück, einige leitende Journalisten verließen ihre Posten unter Protest, weil sie von den Medienunternehmen zu Schönfärberei angehalten wurden.“ (2)

(1) http://www.jungewelt.de/2010/05-14/055.php

2) ebd.

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