Israel: UN-Generalsekretär Ban fordert Ende der Gewalt

(21.10.2015/dpa)

Nach drei Wochen des Blutvergießens hat UN-Generalsekretär Ban Ki Moon Israel und die Palästinenser am Mittwoch eindringlich zu einem Ende der Gewalt aufgerufen. „Ich verstehe die Frustration nach Jahren der enttäuschten Hoffnungen“, sagte Ban bei einem Treffen mit dem Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas in Ramallah. Der einzige Weg zu einem Ende des Konflikts seien jedoch Friedensverhandlungen und eine Beendigung der israelischen Besatzung.

Der UN-Sicherheitsrat wollte sich noch am Mittwoch bei einer kurzfristig einberufenen Sondersitzung mit der eskalierenden Gewalt befassen. Zu dem Treffen sollte auch UN-Generalsekretär Ban per Video zugeschaltet werden, hieß es aus westlichen Diplomatenkreisen. Ban wolle die 15 Mitglieder des Sicherheitsrats über die bisherigen Ergebnisse seiner Reise und die aktuelle Lage in Nahost informieren.

Im palästinensischen Westjordanland hatten am Mittwoch zwei Männer eine Israelin mit Messern angegriffen und schwer verletzt. Einer von ihnen wurde nach Armeeangaben erschossen und der andere festgenommen.

Abbas sagte, junge Palästinenser wollten keine Gewalt. Politische Hoffnungslosigkeit und wirtschaftliche Härten hätten jedoch zu „dieser Situation der Revolte“ geführt. Abbas forderte, Israel müsse den Status quo auf dem Tempelberg in Jerusalem streng einhalten. Dies bedeute eine Rückkehr zu der Situation vor der israelischen Eroberung Ostjerusalems 1967, betonte Abbas. Er warnte anderenfalls vor „einem Religionskrieg, der leider schon begonnen hat“.

Ein Streit, wer das Pleateau des Tempelberges besuchen oder dort beten darf, gilt mit als Auslöser der jüngsten Welle der Gewalt. Die Palästinenser beschuldigen Israel, es wolle die muslimische Kontrolle über das Plateau mit den heiligen Stätten – dem Felsendom und der Al-Aksa-Moschee – aushöhlen. Dagegen sagt Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu, Israel halte den Status quo ein.Der Tempelberg ist Muslimen wie Juden heilig.

Netanjahu wollte am Mittwochabend in Berlin mit Kanzlerin Angela Merkel über die angespannte Lage in Nahost sprechen. Er werde mit Merkel über „die Notwendigkeit reden, die palästinensische Hetze zu stoppen und auch über die zentralen Sicherheitsthemen, bei denen Deutschland Israel hilft“, sagte Netanjahu vor seiner Abreise nach Berlin. Deutschland sei in Bezug auf Israels nationale Sicherheit „ein sehr wichtiger Partner“. Am Donnerstag will Netanjahu bei einem Treffen mit US-Außenminister John Kerry über Wege zur Beruhigung der Lage sprechen.

Bei neuen tödlichen Zwischenfällen waren am Dienstag ein Israeli und fünf Palästinenser ums Leben gekommen. Vier der Palästinenser wurden bei ihren Anschlägen von Sicherheitskräften erschossen, ein fünfter kam bei Konfrontationen an der Grenze zum Gazastreifen zu Tode. Ein israelischer Siedler wurde im südlichen Westjordanland überfahren, nachdem sein Auto von einer palästinensischen Menge mit Steinen beworfen worden war. Seit Monatsbeginn sind bei der Gewaltwelle neun Israelis, ein Afrikaner und fünfzig Palästinenser getötet worden.

„Ich bedaure willkürliche Angriffe auf Zivilisten“, sagte Ban zu der jüngsten Welle palästinensischer Attacken mit Stich- und Schusswaffen auf Israelis. „Solche Terrorakte machen jeden Ort unsicher, und jede Person ungeachtet von Geschlecht und Alter zu einem potenziellen Opfer.“ Scharfe israelische Gegenmaßnahmen könnten jedoch kontraproduktiv sein, sagte Ban. „Israelis und Palästinenser stehen an der Schwelle einer neuen katastrophalen Gewaltperiode. Wir müssen verhindern, dass die Situation in einen religiösen Konflikt eskaliert, mit möglichen regionalen Auswirkungen.“

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