Italien: CIA-Entführer zu Freiheitsstrafen verurteilt

(06.11.2009/dpa/hg)

Wegen der Entführung des ägyptischen Geistlichen Abu Omar sind in Italien am Mittwoch mehr als 20 CIA-Agenten in Abwesenheit zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt worden.

Das von dem Mailänder Richter Oscar Magi verkündete Urteil ist das erste zu dem illegalen CIA-Programm zur „außerordentlichen Überstellung“ von „Terrorverdächtigen“.

Der Imam einer Mailänder Moschee war im Jahr 2003 bei helllichtem Tag und auf offener Straße gekidnappt worden.

Das Gericht in Mailand befand zum Abschluss des zweieinhalbjährigen Prozesses insgesamt 22 CIA-Agenten, einen weiteren US-Bürger, sowie zwei italienische Geheimdienstmitarbeiter für schuldig, den Kleriker entführt und nach Ägypten verschleppt zu haben, wo er gefoltert und vier Jahre lang festgehalten worden war.

Weil der entführte Geistliche über den US-Luftwaffenstützpunkt in Deutschland nach Ägypten geflogen worden war, ermittelten seinerzeit auch deutsche Staatsanwälte. Die deutschen Juristen bewiesen damals aber deutlich weniger Traute als ihre italienischen Kollegen.

Der ehemalige Chef des italienischen Militärgeheimdienstes (Sismi), Nicolò Pollari, sowie drei weitere CIA-Agenten mit diplomatischer Immunität blieben am Ende des zweieinhalb Jahre dauernden Prozesses aus Gründen der staatlichen Geheimhaltung straffrei.

Die Verurteilten müssen den früheren Imam, der bis heute schwer unter den körperlichen und psychischen Folgen seiner Misshandlungen leidet, laut Richterspruch mit einer Million Euro entschädigen.

Die Mailänder Staatsanwaltschaft hatte im Jahr 2007 einen Auslieferungsantrag für 26 mit Haftbefehl gesuchte US-Bürger gestellt.

Die Regierung in Rom hatte es aber abgelehnt, diesen weiterzuleiten. Zur Begründung hieß es, die staatliche Geheimhaltung zwischen der amerikanischen Regierung und Rom müsse geschützt werden.

Berlusconi, zum Zeitpunkt der Entführung Ministerpräsident, hatte erklärt, seine Regierung habe von allem nichts gewusst. Auch Geheimdienstchef Pollari wusch seine Hände in Unschuld: Er habe keine Kenntnis von der illegalen CIA-Operation gehabt.

Für Abu Omar ist mit Pollari die „wirkliche Nummer eins in der Sache“ ungeschoren geblieben. Gegenüber der Zeitung „La Stampa“ kündigte er an, deshalb in Berufung gehen zu wollen, denn „Pollari wusste genau, was mir da geschehen ist“.

Die US-Regierung wies die Verurteilung unterdessen zurück. „Wir sind enttäuscht“, sagte ein Sprecher des US-Außenministeriums am Mittwoch. Seine Regierung erwarte, dass gegen das Urteil Berufung eingelegt wird. Zu Einzelheiten wollte er sich jedoch nicht äußern.

Die CIA-Verbrecher müssen ohnehin nicht damit rechnen, ihre Strafen in Italien tatsächlich abzusitzen. Nach Informationen der österreichischen Tageszeitung „Die Presse“ (06.11.2009) rechnet man in Rom allgemein damit, dass die Regierung Berlusconi zur Vermeidung von Spannungen mit den USA keinen Auslieferungsantrag stellen wird.

Italiens Außenminister Franco Frattini sagte, er glaube nicht, dass die Agenten ins Gefängnis kommen. Außerdem ist sehr fraglich, ob Abu Omar von seinen Entführern jemals die Entschädigung erhalten wird, die ihm der Richter zugesprochen hat.

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