Jemen schlittert in den Bürgerkrieg

(25.05.2011/dpa) 

Im Jemen fordern schwere Kämpfe zwischen Regierungstruppen und sogenannten Stammeskämpfern immer mehr Todesopfer.  Verbände des bedrängten Präsidenten Ali Abdullah Salih versuchten am Mittwoch Terrain wettzumachen, das sie am Vortag an die Kämpfer des rivalisierenden Stammesscheichs Sadik al-Ahmar verloren hatten, berichteten Augenzeugen.

Zunächst war unklar, wie viele Opfer es gab. Am Vortag waren nach Angaben des Innenministeriums 15 reguläre Soldaten, nach Angaben des Internet-Portals yemenpost.net jedoch schon bis zu 40 „Stammeskämpfer“ getötet worden.

Salih-Truppen versuchen seit Montag, die Residenz Al-Ahmars im Innenstadt-Viertel Hasaba zu stürmen. Doch dessen Kämpfer nahmen stattdessen inzwischen den Sitz der staatlichen Nachrichtenagentur Saba sowie mehrere umliegende Ministerien ein, sagte der Chefredakteur von der Yemen Post, Hakim al-Masmari, dem Nachrichtensender Al-JAzeera. Allein bei den Kämpfen am Mittwochmorgen habe es zwei Tote und mehrere Verletzte gegeben, fügte er hinzu.

Salih erklärte indes, dass er nicht die Absicht habe, den Jemen zu verlassen, selbst nach einem Rücktritt. Er gelobte, „gegen jeden zu kämpfen, der die Sicherheit und Stabilität gefährdet“. Die Verantwortung für die jüngste Eskalation schob er Al-Ahmar zu. Aus dessen Lager hieß es wiederum, Salih habe am Dienstag die Angriffe auf die Residenz auch dann fortgesetzt, als eine Abordnung von Stammesscheichs einen Waffenstillstand zu vermitteln versuchten.

Nach Einschätzung jemenitischer Beobachter stehen große Teile von Armee und Polizei zu Salih. Sein Rückhalt bei den Stammesführern und in der Bevölkerung wird jedoch inzwischen als gering eingeschätzt. Brisant ist die Lage auch deshalb, weil im Jemen fast jeder Mann im Besitz einer Schusswaffe ist.

Die deutsche Bundesregierung äußerte sich über die anhaltende Gewalt im Jemen sehr besorgt. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes forderte am Mittwoch in Berlin alle Beteiligten zu äußerster Zurückhaltung auf. Die gewalttätigen Auseinandersetzungen müssten beendet werden. Zugleich verlangte die Bundesregierung von Staatschef Ali Abdullah Salih, den Vermittlungsvorschlag der Golfstaaten für einen friedlichen Machtwechsel zu unterzeichnen. Die Opposition verlangt den Rücktritt Salihs.

Salih dürfe nicht weiter auf Zeit spielen, sagte der Sprecher. Dies schade dem jemenitischen Volk und der gesamten Region. Zeige sich Salih weiterhin starrsinnig, werde Deutschland entsprechende Maßnahmen ergreifen. Welche das sein würden, darüber schwieg sich der Regierungssprecher aber aus.

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