Käßmann bei Guttenberg: Offiziere unterstützen Friedenspredigt

(11.01.2010/dpa)

Die Stellungnahme der  EKD-Ratsvorsitzenden Margot Käßmann zum Krieg der Bundeswehr in Afghanistan ist in den vergangenen Tagen von Kriegsbefürwortern aus Politik und Kirche scharf kritisiert worden. Heute trifft sich die hannoversche Landesbischöfin zu einem Gespräch mit  Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU).

Am Neujahrstag 2010 hatte Käßmann in der Dresdner Frauenkirche und gleichlautend nachmittags im Berliner Dom gepredigt: „Nichts ist gut in Afghanistan. All diese Strategien, sie haben uns lange darüber hinweggetäuscht, dass Soldaten nun einmal Waffen benutzen und eben auch Zivilisten getötet werden. Wir brauchen Menschen, die nicht erschrecken vor der Logik des Krieges, sondern ein klares Friedenszeugnis in der Welt abgeben, gegen Gewalt und Krieg aufbegehren und sagen: Die Hoffnung auf Gottes Zukunft gibt mir schon hier und jetzt den Mut, von Alternativen zu reden und mich dafür einzusetzen. Manche finden das naiv. Ein Bundeswehroffizier schrieb mir, etwas zynisch, ich meinte wohl, ich könnte mit weiblichem Charme Taliban vom Frieden überzeugen. Ich bin nicht naiv. Aber Waffen schaffen offensichtlich auch keinen Frieden in Afghanistan. Wir brauchen mehr Fantasie für den Frieden, für ganz andere Formen, Konflikte zu bewältigen. Das kann manchmal mehr bewirken als alles abgeklärte Einstimmen in den vermeintlich so pragmatischen Ruf zu den Waffen.“ In einem Interview mit der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom 24. Dezember 2009 war die evangelische Ratsvorsitzende noch deutlicher geworden:

„Jahrelang wurde verdrängt, was tatsächlich in Afghanistan geschieht. Da wurde gesagt, dass deutsche Soldaten in erster Linie beim Aufbau helfen. Doch jetzt kommt uns endlich zu Bewusstsein, dass es auch Tote gibt, wenn deutsche Soldaten zu Auseinandersetzungen ins Ausland gehen – und dass im Krieg auch immer Zivilisten zu Opfern werden. (…) Auch nach den weitesten Maßstäben der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist dieser Krieg so nicht zu rechtfertigen. Deshalb, denke ich, muss die gewalttätige Auseinandersetzung möglichst rasch beendet werden. Wir brauchen eine klare Exit-Strategie. (…) Möglichst bald sollten die deutschen Soldaten aus Afghanistan abgezogen werden. Allerdings kann der Rückzug nicht völlig überhastet stattfinden, weil man jetzt über die akut eingetretene Situation in Kundus erschrocken ist, sondern es muss über eine ruhige und geordnete Form des Rückzugs nachgedacht werden.“

Für diese Äußerungen musste sich Käßmann viel Kritik gefallen lassen. In der neuen Ausgabe des Nachrichtenmagazins Der Spiegel wirft der Wehrbeauftragte des Bundestags, Reinhold Robbe (SPD), der Bischöfin „populistische Fundamentalkritik“ vor. Es sei naiv, in Afghanistan mit „Gebeten und Kerzen“ Frieden schaffen zu wollen. Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) bezeichnete die Aussage der EKD-Ratsvorsitzenden in der Bild-Zeitung als „weltfremd“ und sagte: „Wer wie Käßmann einen raschen Abzug fordert, verkennt die Gefahr, dass Afghanistan wieder zum Beutestaat von Steinzeit-Islamisten wird.“ „Es wäre besser gewesen, wenn Käßmann vor ihrer Predigt das Gespräch mit den Soldaten über ihre schwierige Aufgabe gesucht hätte“, hatte der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, Oberst Ulrich Kirsch, der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung bereits am Montag vergangener Woche gesagt. Käßmanns Nein zum Afghanistan-Einsatz schaffe nur neue Frustrationen. Ganz anders sehen das 150 Offiziere und Unteroffiziere, die sich im Darmstädter Signal zusammengschlossen haben. Vorstandsmitglied Helmuth Prieß sagte gegenüber dem Evangelischen Pressedienst (epd.) (1), dass ein Abzug dringend notwendig sei. Nachdenkliche Soldaten würden sich durch Käßmann in ihren eigenen Sorgen bestätigt sehen.

(1) http://www.epd.de/niedersachsen_bremen/niedersachsen_bremen_index_70855.html

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