Lange Haftstrafen für Angeklagte der „Sauerland-Gruppe“

(05.03.2010/dpa)

Die vier Angeklagten im Prozess gegen die sogenannte Sauerland-Gruppe sind wegen der Planung von Terroranschlägen auf Diskotheken, Flughäfen und US-Einrichtungen in Deutschland zu bis zu zwölf Jahren Gefängnis verurteilt worden. Das entschied das Oberlandesgericht in Düsseldorf am Donnerstag. Fritz Gelowicz und Daniel Schneider bekamen je zwölf Jahre Gefängnis, der Mitangeklagte Adem Yilmaz elf Jahre. Atilla Selek wurde als Unterstützer zu fünf Jahren Haft verurteilt.

Die Angeklagten Gelowicz, Schneider und Yilmaz wurden wegen Mitgliedschaft in der Islamischen Dschihad Union (IJU), wegen Verabredung zum vielfachen Mord sowie Vorbereitung eines Explosionsverbrechens schuldig gesprochen. Mit den Anschlägen hätten sie den Bundestag zum Abzug der deutschen Truppen aus Afghanistan zwingen wollen. Deswegen wurden sie auch wegen Nötigung von Verfassungsorganen verurteilt. Schneider wurde zudem wegen versuchten Mordes verurteilt, weil er bei der Festnahme einem Polizisten die Waffe entrissen und ohne zu treffen geschossen hatte.

In der Urteilsbegründung hieß es, von der Gruppe sei eine „ungeheure Bedrohung“ ausgegangen, da sie die bisher größten Anschläge in der Geschichte der Bundesrepublik geplant hätten. Die Angeklagten hätten einen „zweiten 11. September“ im Kopf gehabt. Wie beim Anschlag auf das Welthandelszentrum in New York vom 11. September blieb auch bei der „Sauerland-Gruppe“ ungeklärt, welche Rolle die Geheimdienste bei den Anschlagsplanungen gehabt haben.

Die für ihren Bombenbau notwendige Chemikalie Wasserstoffperoxid ist laut offiziellen Angaben bereits im Vorfeld von Polizisten verdünnt worden. Die Verteidiger hatten argumentiert, eine tatsächliche Gefahr habe nicht bestanden, weil die Männer bereits frühzeitig rund um die Uhr überwacht worden seien. Außerdem seien nur 3 von 26 entdeckten Sprengzündern intakt gewesen.

Die Rolle der IJU ist zudem äußerst umstritten. So wird sie von dem ehemaligen britischen Botschafter in Usbekistan, Craig Murray, als ein „Gespenst“ charakterisiert, „das von der korrupten usbekischen Regierung mit Unterstützung der CIA ins Leben gerufen und nach Bedarf instrumentalisiert worden war“.

Weiterhin ungeklärt ist die Rolle jenes Mevlüt K., der als V-Mann des türkischen Geheimdienstes und CIA-Kontaktmann die Zünder für die vermeintlichen Bomben beschaffte und die Gruppe aus dem Hintergrund „geleitet“ haben soll. Er soll in der Türkei untergetaucht sein.

Das Gericht ist nur knapp unter den Strafforderungen der Staatsanwaltschaft geblieben. Die Verteidiger hatten Strafen von weniger als zehn Jahren gefordert. Mit 1700 Seiten haben die Angeklagten sehr umfassenden Geständnisse abgelegt

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