Massaker in Afghanistan: US-Soldat bekennt sich schuldig

(06.06.2013/dpa)  

Ein US-Soldat hat sich schuldig bekannt, in Afghanistan ein Massaker an Zivilisten mit 16 Toten begangen zu haben. Wie die Zeitung Seattle Times meldete, erschien US-Unteroffizier Robert Bales vor einem Militärgericht auf seinem Stützpunkt Lewis-McChord bei Seattle im Bundesstaat Washington. Der zuständige Richter habe das Schuldgeständnis akzeptiert, so die Zeitung. Mit seinem Eingeständnis will der Angeklagte der Todesstrafe entgehen.

Dem 39-jährigen Bales wird vorgeworfen, im März 2012 die Zivilisten, darunter neun Kinder, in der südafghanischen Provinz Kandahar vorsätzlich getötet zu haben. Seine Anwältin Emma Scanlan erklärte dem Gericht, Bales bekenne sich schuldig wegen der Morde an 16 Zivilisten und der Angriffe auf sechs weitere Afghanen. Vor Gericht gab Bales an, am posttraumatischen Stresssyndrom zu leiden. Der Angeklagte sprach zum ersten Mal über die grausamen Details seiner Tat. Er hatte vor dem Massaker nach eigenen Angaben Alkohol und Tabletten zu sich genommen.

Er habe eine Frau beobachtet und beschlossen, sie zu töten, sagte Bales. „Und dann habe ich sie getötet, indem ich sie mit einer Schusswaffe erschossen und dann verbrannt habe“. Er habe sich bereits eine Million mal gefragt, warum er diese Menschen getötet habe, beantwortete der Angeklagte eine Frage des Richters. „Es gibt keinen vernünftigen Grund auf dieser Welt, warum ich diese schrecklichen Dinge getan habe.“

Tage nach seiner Festnahme hatte Bales über seinen Anwalt verkünden lassen, sich an nichts mehr erinnern zu können. Ohne seinem angeblich nun wieder einsetzendem Erinnerungsvermögen hätte er ein Schuldeingeständnis nicht abgeben können, das ihn möglicherweise vor der Todesstrafe bewahrt. Stattdessen droht ihm eine lebenslange Haftstrafe. Er könnte aber schon nach zehn Jahren freikommen, wenn das Gericht ihm das Recht auf Bewährung zuspricht.

Augenzeugen des Massakers berichteten damals von über einem Dutzend an dem Verbrechen beteiligten US-Soldaten. Die näheren Tatumstände sprachen ebenso gegen die Einzeltäter-These. Eine Untersuchungskommission des afghanischen Parlaments kam zu dem Schluss, dass „mehr als ein Dutzend Soldaten“ die „Dorfbewohner getötet und dann die Leichen verbrannt“ habe.  „Alle Dorfbewohner, mit denen wir gesprochen haben, sagten, dass 15 bis 20 Mann da waren“, erklärte ein Abgeordneter. (1)

Die Angaben des US-Militärs fielen seinerzeit widersprüchlich aus. Mehrmals änderte sich die Darstellung der Behörden, um das Verbrechen in Einklang mit der These eines alkoholisierten Einzeltäters bringen zu können. (2)

Das nun erfolgte Schuldeingeständnis des 39-jährigen Unteroffiziers wirkt sich für beide Seiten – den Angeklagten wie das klagende US-Militär – positiv aus. Robert Bales kann auf Strafmilderung hoffen, während die US-Armee das Massaker als Tat eines Einzelnen zu den Akten legen kann.

Anmerkungen
(1) http://www.hintergrund.de/201203201973/globales/kriege/nach-dem-mord-an-afghanischen-zivilisten-afghanistan-weist-einzeltaeter-theorie-zurueck.html
(2) http://www.hintergrund.de/201203271985/kurzmeldungen/aktuell/afghanistan-neue-tote-und-neue-erklaerungen.html

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