Milchbauern demonstrieren gegen Preisverfall

(01.09.2015/dpa)

Viele der 80 000 Milchbauern in Deutschland kämpfen um ihre Existenz. Nach einem monatelangen Verfall der Milchpreise zahlen sie jedes Mal drauf, wenn sie ihre Kühe melken. Tausende versammelten sich zu einer Kundgebung in München, um sich Gehör zu verschaffen. Wo sonst Cabrios spazieren fahren, reihten sich am Dienstag am noblen Odeonsplatz in der Münchener Innenstadt Hunderte Traktoren aneinander. Viele Bauern kamen direkt von ihren Höfen, um  sich zur größten Protestaktion der Landwirte seit Jahren mitten in der bayerischen Hauptstadt zu versammeln.

Etliche waren aus Bayern, das als wichtigstes Erzeugerland für Milch besonders vom Preisverfall betroffen ist. Aber auch aus Ostfriesland und anderen Regionen sind die Bauern nach einer einwöchigen Sternfahrt in München angekommen. Im Gepäck haben die Landwirte ihre Milchkannen, Kuhglocken – und eine große Portion Wut. Seit Monaten müssen sie zusehen, wie ihre Einnahmen aus der Milcherzeugung dahinschmelzen. Während sie Ende 2013 noch 41 Cent für das Kilo Rohmilch erhielten, sind es inzwischen oft nur noch 27 Cent. Für einen Betrieb mit 120 Milchkühen bedeutet das rund 80 000 Euro weniger Einnahmen in diesem Jahr – das hält kein Bauer auf Dauer durch.

Der gegenwärtige Preissturz liegt vor allem an der Abschaffung der Milchquote. Seit April schreibt die EU den Bauern nicht mehr vor, wie viel sie produzieren dürfen. Jetzt ist zu viel Milch auf dem Markt und das Überangebot drückt den Preis. Hinzu kommt Russlands Einfuhrverbot für europäische Milchprodukte, der russische Markt ist europäischen Landwirten derzeit verschlossen. Auch in China ist die Nachfrage nach Milch aus Europa verhalten.

Darunter leiden Bauern quer durch Europa. Auch in anderen Ländern gab es in den vergangenen Wochen immer wieder Proteste und Forderungen nach politischer Unterstützung und vor allem finanzieller Hilfe. EU-Landwirtschaftskommissar Phil Hogan bereitet ein Sondertreffen der europäischen Agrarminister am 7. September vor.

„Es geht um unsere Existenz“, ruft Hans Foldenauer vom Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) den Bauern zu, die trotz glühender Hitze stundenlang vor der Bühne ausharren und die Reden dort mit einem Konzert aus Kuhglocken begleiten. Nach der Kundgebung auf dem Odeonsplatz fahren die Bauern mit ihren Traktoren weiter zur Bayerischen Staatskanzlei, wo aus ihrer Sicht die Verantwortlichen für die Krise sitzen: Die CSU mit ihrem Bundesagrarminister Christian Schmidt, dem sie Tatenlosigkeit vorwerfen. Auf unzähligen Plakaten steht sein Name.

„Oh Herr beschützte unseren Bauernstand vor CSU und Bauernverband“, hat eine Bäuerin auf ihr Transparent geschrieben. Dem Bauernverband werfen die Milchbauern vor, sich für die Abschaffung der Milchquote stark gemacht zu haben. Nun mache das Überangebot die Preise kaputt. Der Milchviehhalter-Verband fordert deshalb zumindest befristet eine Deckelung der Milchmenge, damit sich die Preise wieder erholen – und langfristig einen „Mindestlohn für Milchbauern“ von mindestens 40 Cent, um kostendeckend produzieren zu können.

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