Millionen demonstrieren weiterhin in Frankreich - Sarkozy ordnet massiven Polizeieinsatz an

(20.10.2010/dpa)

Frankreichs Präsident Sarkozy greift hart durch. Blockaden von Treibstoffdepots lässt er von der Polizei auflösen. Benzin ist knapp. Und die Streiks gehen weiter. Es herrscht Chaos.

Gegen die Streikenden schlägt Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy eine härtere Gangart an. Bevor die umstrittene Rentenreform in den kommenden Tagen endgültig Gesetz wird, mobilisierte der Präsident am Mittwoch massive Polizeikräfte gegen Blockaden von Treibstoffdepots. Inzwischen ging jeder vierten Tankstelle im Land der Sprit aus. Wo es noch Benzin und Diesel gab, bildeten sich oft lange Schlangen. Der Bahn- und Flugverkehr litt erneut unter Ausfällen und Verspätungen. Bereits am Dienstag waren nach Gewerkschaftsangaben mehr als 3,5 Millionen Franzosen auf die Straße gegangen.

Kern des Protestes ist die geplante Anhebung des Mindestalters für die volle Rente von 60 auf 62 Jahre. Wer nicht lang genug in die Rentenkasse einzahlen kann, soll erst mit 67 statt wie bisher mit 65 Jahren in den Ruhestand gehen können. Der Senat, die zweite Parlamentskammer, wird das Gesetz frühestens an diesem Donnerstag verabschieden. Mit einem endgültigen Beschluss wird bis Mittwoch nächster Woche gerechnet. Die Regierung hofft, dass mit Beginn der Herbstferien an diesem Wochenende die Proteste abebben.

Auf dem zweitgrößten Pariser Flughafen Orly fiel etwa ein Viertel aller Flüge aus, die Flughäfen von Nantes oder Clermont-Ferrand waren vorübergehend blockiert. Auf wichtigen Verkehrsachsen behinderten Lkw-Fahrer erneut den Verkehr, Autofahrer konnten nur im Schritttempo passieren.

Vom Spritmangel sind auch zahlreiche deutsche Touristen betroffen, die die Herbstferien in Frankreich verbringen. Franzosen in grenznahen Gebieten weichen zum Volltanken nach Deutschland oder in andere Nachbarländer aus. Premierminister François Fillon appellierte an alle Minister, weniger zu Reisen, um keinen Neid hervorzurufen.

Auch Schüler und Studenten setzten ihre Proteste fort. Nach Angaben einer Schülergewerkschaft waren etwa 600 Schulen im Land blockiert, das Bildungsministerium sprach von knapp 200. Sechs Universitäten waren ebenfalls von Protesten betroffen.

In Lyon kam es erneut zu Auseinandersetzungen zwischen Jugendlichen und der Polizei. Innerhalb einer Woche sind landesweit knapp 1.400 “mutmaßliche Randalierer” festgenommen worden. In Marseille setzte der Präfekt den Zivilschutz ein, um den Müll von den Straßen zu sammeln, da dort auch seit Tagen die Müllabfuhr streikt. Der Protest gegen das Reformprojekt gilt auch als Ausdruck der allgemeinen Unzufriedenheit mit der Regierung.

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