Nach der Wahl ist nicht vor der Wahl

(11.5.2010/dpa)

Hatte die FDP Bündnisse mit SPD und Grünen vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen noch abgelehnt, zeigte sie sich jetzt doch zu Sondierungen über eine Ampel-Koalition bereit. Dazu müssten SPD und Grüne zuvor Gespräche mit der Linkspartei eindeutig ausschließen, so FDP-Landeschef Andreas Pinkwart. Solange sich SPD und Grüne eine Koalition mit der Linken offenhielten, sei Rot-Grün für die Liberalen kein Gesprächspartner. „Sollten sie das klären, ist das natürlich möglich“, sagte Pinkwart. Sobald SPD und Grüne mit der Linken geredet hätten, werde es keine Gespräche mit der FDP geben.

Zumindest zu Gesprächen über eine mögliche Koalition wird es zwischen FDP und SPD kommen, denn die SPD- Landesvorsitzende Hannelore Kraft kündigte nach der Wahl an, sie wolle zunächst mit den Grünen, dann aber auch mit der FDP sprechen, bevor sie mit der Linkspartei rede.

Kraft nannte Pinkwarts Äußerungen „ein Zeichen“. Jetzt müssten alle Verantwortung übernehmen, sagte sie am Rande einer Sitzung der SPD-Landtagsfraktion. Erste Sondierungsgespräche wollen  SPD und Grüne am Mittwoch führen.

Pinkwart rechnet allerdings nach eigenen Worten nicht mit einer Absage von Rot-Grün an die Linke. Das Gesprächsangebot an die FDP sei nur ein Ablenkungsmanöver.

Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) zeigte sich überzeugt, dass er sich bei der Absage der Freidemokraten an Koalitionen mit SPD und Grünen „auf das Wort der FDP verlassen kann“. Rüttgers hatte angekündigt, er wolle in den kommenden Tagen mit allen Parteien mit Ausnahme der Linken das Gespräch suchen.

Rüttgers und Kraft beanspruchen beide das Amt des Ministerpräsidenten für ihre Parteien. CDU und SPD verfügen über jeweils 67 Sitze im neuen Landtag. Rechnerisch möglich sind im neuen Landtag eine große Koalition und mehrere Dreierbündnisse. Nicht nur die FDP hatte vor der Wahl Bündnisse mit SPD und Grünen abgelehnt. Auch die Grünen hatten eine Koalition mit der FDP ausgeschlossen.

Sie zeigten sich hingegen offen für ein Bündnis mit der Linkspartei. Die Linke müsse allerdings einsehen, dass es keine haushaltspolitische „Wünsch-dir-was-Politik“ geben könne, sagte die Landesvorsitzende der Grünen, Daniela Schneckenburger.

Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth warnte die SPD vor einer großen Koalition mit der CDU. Es werde schon damit begonnen, die große Koalition zu verklären, sagte sie gegenüber dem Hamburger Abendblatt. „Wir haben auf Bundesebene gesehen, dass große Koalitionen nicht in der Lage sind, große Probleme zu lösen.“

Laut dem stellvertretenden CDU-Vorsitzenden Roland Koch sei eine große Koalition die beste Lösung für das Land. Der noch amtierende Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) müsse die Sozialdemokraten als verlässlicher Ansprechpartner der CDU zu einer Entscheidung nötigen, „ob sie zu einer Koalition der Vernunft bereit sind oder im größten Bundesland mit Linksradikalen eine Regierung bilden wollen“, so Koch.  Sollte es zu einer großen Koalition kommen, dann werde sie es nur „unter unserer Führung geben“, sagte Koch gegenüber dem Hamburger Abendblatt. „Die CDU liegt 6000 Stimmen vor der SPD, das ist eine ganze Menge.“ Genau genommen entsprechen 6000 Stimmen 0,045 Prozent auf alle Wahlberechtigten bezogen, und 0,076 Prozent bezogen auf die tatsächlich abgegebenen Stimmen. Von einer „ganzen Menge“ kann man eher angesichts der dramatischen Stimmverluste für die CDU sprechen. In absoluten Zahlen verloren die Christdemokraten 1.014.770 Stimmen, fast dreimal so viel wie die Sozialdemokraten, die 383.452 an Zweit-Stimmen gegenüber den Landtagswahlen 2005 verlor.

Angesichts der starken Verluste für die CDU wird unterdessen die Kritik gegenüber Partei- und Regierungschefin Angela Merkel aus den eigenen Reihen lauter. Merkel selbst hatte eine Mitschuld der schwarz-gelben Koalition im Bund am NRW-Wahldebakel wegen des schlechten Starts eingeräumt. Kritik an der Koalition auf Bundesebene aus den Reihen von CDU/CSU bezieht sich  jedoch nicht auf die Inhalte der Regierungspolitik, sondern beschränkt sich zumeist auf das Erscheinungsbild der schwarz-gelben Koalition. Vor allem wird die mangelnde Einigkeit der Bundesregierung kritisiert. „Das heißt auch: Frau Merkel, übernehmen Sie die Initiative“, sagte der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU), der mehr Einigkeit innerhalb der Regierungskoalition fordert.

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