Nach Steuersenkung: Städte und Gemeinden wollen Grundschulen schließen und die Straßenbeleuchtung nachts ausschalten

(04.01.2010/dpa/hg)

Ungeachtet der Warnungen vor Abgaben- und Gebühren- Erhöhungen für Bürger hält die FDP an ihrem umstrittenen Steuersenkungskurs fest. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund drohte am Montag in Berlin, viele Bürger müssten sich wegen leerer Kassen der Kommunen im neuen Jahr auf höhere Gebühren und weniger Leistungen einstellen. Einige Städte und Gemeinden wollen Grundschulen schließen, die Straßenbeleuchtung nachts ausschalten oder beim Heizen in Schwimmbädern sparen. Mitarbeiter von Kommunen müssen teils länger auf ihr Gehalt warten. FDP-Chef Guido Westerwelle bekräftigte jedoch in Berlin: «Wir tun das, was wir vor der Wahl versprochen haben.»

In der Unionsfraktion wächst weiter der Unmut über die Steuersenkungsforderungen der FDP. «Es geht nicht, dass in einer Koalition die einen für Steuersenkungen zuständig sind, und sich die anderen um die Haushaltssanierung kümmern sollen», sagte Unionsfraktionsvize Michael Meister (CDU) dem «Handelsblatt» (Montag). «Wer die Steuern 2011 senken will, muss auch einen Finanzierungsvorschlag vorlegen», forderte er. 2011 müssten zehn Milliarden Euro bereits ohne Steuersenkung im Bundeshaushalt konsolidiert werden.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund warnte die Bundesregierung vor weiteren Steuergeschenken auf Pump. Die Kommunen stehen nach eigener Ansicht vor einem besonders schwierigen Jahr. Die Finanzlage sei katastrophal. Zwischen Einnahmen und Ausgaben klaffe ein Loch von 12 Milliarden Euro. Bis 2013 werde ein Fehlbetrag von fast 50 Milliarden Euro auflaufen. Das werde «fatale Folgen» für die Infrastruktur und damit für Bürger und Unternehmen haben, sagte der Präsident des kommunalen Spitzenverbandes, der Bautzener Oberbürgermeister Christian Schramm. «Die Kommunen werden gezwungen, die Leistungen für die Bürger weiter einzuschränken, die Investitionen zurückzufahren und die Verschuldung zu erhöhen.»

Westerwelle sprach von «Theaterdonner» und «künstlich aufgeladenen Debatten», die an ihm abperlten. «Wir halten Kurs», sagte er zu weiteren Steuerentlastungen. Die große Mehrheit der Bevölkerung stütze dies. Die FDP ist laut Westerwelle in der Bundesregierung für eine «geistig-politische Wende» angetreten, um die bisher «vergessene Mitte» wieder zu stärken. «Die Kritik an dieser Politik nehme ich mit großer Gelassenheit hin: Es ist die beste Kritik, die man sich als Regierungspartei wünschen kann.» Westerwelles Auftritt in Berlin war Einstimmung auf die Dreikönigskundgebung der FDP in Stuttgart, bei der die Partei traditionell ihre Position für das neue Jahr bestimmt.

Schramm hielt dagegen: «Es gibt überhaupt keinen Spielraum für Steuersenkungen.» 2009 seien die Einnahmen aus der Gewerbesteuer um fünf Milliarden Euro eingebrochen. Deutschland brauche eine vernünftige Steuerreform, damit Bund, Länder und Gemeinden mittelfristig handlungsfähig blieben. Ohne starke Städte und Gemeinden werde es keinen dauerhaften Aufschwung geben, sagte er. Das Bundesfinanzministerium erklärte, dass den Kommunen mit den Konjunkturpaketen gegen die Krise bereits unter die Arme gegriffen worden sei. So habe der Bund zehn Milliarden Euro für Investitionen in die Infrastruktur zur Verfügung gestellt, sagte ein Sprecher.

Aus Sicht der FDP-Fraktionschefin Birgit Homburger wird die für öffentliche Haushalte geltende Verschuldungsgrenze auch bei weiteren Steuerentlastungen nicht verletzt. Die FDP halte an ihrer Forderung fest, durch eine Steuerreform für weitere Erleichterungen im Umfang von 24 Milliarden Euro von 2011 an zu sorgen, sagte Homburger in Stuttgart. Dies entspreche dem, was mit der Union als machbar angesehen worden sei. Der Chef der CDU-Mittelstandsvereinigung, Josef Schlarmann, kritisierte im NDR im Sinne der Liberalen, die Union habe zusammen mit der FDP im Koalitionsvertrag weitere Steuersenkungen beschlossen. «Inzwischen rudern Teile von CDU und CSU zurück.»

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