NRW: Noch immer keine neue Landesregierung in Sicht

(07.06.2010/dpa)

Dritter Anlauf bei der Suche nach einer Koalitionsregierung in Nordrhein-Westfalen: Nach Rot-Rot-Grün und großer Koalition werden an diesem Dienstag die Chancen für eine Ampelkoalition ausgelotet.

Die Linkspartei hat SPD-Landeschefin Hannelore Kraft angeboten, sie zur Ministerpräsidentin zu wählen und eine Minderheitsregierung mitzutragen. Dabei gehe es nicht um eine grundsätzliche Tolerierungsvereinbarung, sagte Linken-Landeschef Wolfgang Zimmermann in Düsseldorf. Bei rot-rot-grünen Schnittmengen könnten SPD und Grüne aber mit den Stimmen der Linkspartei rechnen. Sozialdemokraten, Grüne und FDP wollten morgen Sondierungsgespräche führen.

SPD und Grüne hatten eine formelle Tolerierung durch die Linke ausgeschlossen. Kraft hält sich aber die Möglichkeit einer Minderheitsregierung ohne Tolerierungsabkommen ebenso offen wie Neuwahlen

FDP und Grüne in vielen Punkten weit auseinander

Eine Ampelkoalition in Nordrhein-Westfalen müsste vor allem große Differenzen zwischen Grünen und FDP überbrücken. Die wichtigsten Konfliktfelder im Überblick.

– BILDUNG: Die Grünen verlangen nahezu die komplette Rücknahme der von FDP-Landeschef Andreas Pinkwart als Wissenschaftsminister durchgesetzten Hochschulreformen. Die Studiengebühren sollen abgeschafft werden und das Land wieder mehr direkten Einfluss auf Universitäten und Fachhochschulen erhalten. Erheblich sind auch die Unterschiede in der Schulpolitik. Die Grünen wollen die Schranken zwischen den Schulformen abbauen und auch Gymnasium einbeziehen. Die FDP will zwar auch die Zusammenführung von Haupt-, Real- und Gesamtschulen erlauben – die Gymnasien aber außen vor lassen.

– ENERGIEPOLITIK: Die FDP sieht NRW zwar ebenso wie die Grünen auf dem Weg in das «regenerative Zeitalter». Auf dem Weg dahin will sie aber nicht auf die «Kernkraft als Brückentechnologie» verzichten. Die Grünen lehnen einen Ausstieg aus dem Atomausstieg entschieden ab. In Nordrhein-Westfalen ist zwar kein Atommeiler am Netz, mit der Urananreicherungsanlage in Gronau und dem Zwischenlager Ahaus gibt es aber zwei wichtige Standorte der Atomwirtschaft, die die Grünen so schnell wie möglich schließen wollen. Die FDP ist für den Bau neuer Kohlekraftwerke, die Grünen sind strikt dagegen.

– VERKEHR: Die FDP will das Straßennetz weiter ausbauen. Die Grünen halten das weder für sinnvoll noch für finanzierbar. Sie wollen dem Erhalt des bestehenden Straßennetzes Vorrang geben. Groß sind auch die Unterschiede zwischen Grünen und FDP in der Luftverkehrspolitik. Die Grünen sind gegen einen weiteren Ausbau der Flughäfen und wollen langfristig ein Nachtflugverbot für den Airport Köln/Bonn. Die FDP betont die Bedeutung der Regionalflughäfen als Wirtschaftsfaktor und ist gegen Einschränkungen beim Nachtflug.

– KOMMUNEN: In der Kommunalpolitik wollen die Grünen die FDP- Politik des «Privat vor Staat» rückgängig machen. Schwarz-Gelb hatte die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen eingeschränkt, Stadtwerke dürfen nicht mehr auf allen Feldern der Privatwirtschaft Konkurrenz machen. Das wollen die Grünen wieder ändern. Sie fordern Finanzhilfen für die hoch verschuldeten Städte und Gemeinden. Die Liberalen verlangen von den Kommunen größere Sparanstrengungen und fordern die Abschaffung der Gewerbesteuer. Die Kommunen sollen im Gegenzug eine neuartige Kommunalsteuer und eigenes Recht erhalten, Zuschläge auf die Einkommenssteuer zu erheben.

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