Regierungskoalition will Kundus-Untersuchung ohne Öffentlichkeit

(16.06.2010/dpa)

Die Koalition will die Öffentlichkeit künftig von der parlamentarischen Untersuchung des verheerenden Massakers von Kundus weitgehend ausschließen. An diesem Donnerstag will sie im Bundestags-Untersuchungsausschuss der bisherigen Praxis einen Riegel vorschieben, nach der „Mitglieder der politischen Leitungsebene und militärischen Führung“ grundsätzlich öffentlich vernommen werden. Das bisherige Vorgehen sei rechtswidrig, behauptet der CDU/CSU-Obmann Ernst-Reinhard Beck am Mittwoch in Berlin.

Der Ausschuss untersucht seit einem halben Jahr die von Bundeswehroberst Klein befohlenen Luftschläge bei Kundus, bei denen am 4. September 2009 bis zu 142 Menschen getötet wurden. Seit Februar wurden in dem Gremium zwölf Zeugen vernommen. In öffentlicher Sitzung sagten Verteidigungsminister Guttenberg (CSU), sein Vorgänger Franz Josef Jung (CDU), der frühere Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan und Ex-Staatssekretär Peter Wichert aus.

In einem siebenseitigen Antrag kommen die Koalitionsfraktionen jetzt zu dem Schluss, dass die bisherige Praxis gegen die Geschäftsordnung des Bundestags verstößt. Öffentliche Vernehmungen in dem zum Untersuchungsausschuss umgewandelten Verteidigungsausschuss dürfen danach nicht die Regel sein, sondern nur im Einzelfall genehmigt werden.

Die Union stemmt sich auch weiterhin gegen eine Gegenüberstellung Guttenbergs mit seinen früheren Spitzenberatern Schneiderhan und Wichert – und das, obwohl die Bundesministerien für Inneres und Justiz die direkte Konfrontation der Zeugen vor dem Ausschuss für zulässig halten. Die Opposition will die Gegenüberstellung an diesem Donnerstag beantragen. Falls die Koalition bei ihrer Ablehnung bleibt, wird die Streitfrage wahrscheinlich vor Gericht geklärt. Die Opposition behält sich eine Klage vor.

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