„Sargnagel für Europa“: Linke fordert Volksabstimmung über Fiskalpakt

(22.06.2012/dpa)

Nach dem Kompromiss zwischen Koalition, SPD und Grünen über Fiskalpakt und Euro-Rettungsschirm (ESM) hat die Linkspartei ihre Forderung nach einer Volksabstimmung bekräftigt. Die Verständigung von Rot-Grün mit der Bundesregierung sei „nichts wert“, sagte die Vizefraktionschefin der Linken, Sahra Wagenknecht, den Zeitungen der WAZ-Mediengruppe am Freitag. Parteichefin Katja Kipping ergänzte am Freitagmorgen im ARD-Morgenmagazin:

„Wenn man es ernst meint mit Europa, dann muss man das jetzt auch zur Abstimmung stellen“, sagte sie. Der Fiskalpakt sei ein „Sargnagel für Europa“. Die Linke werde dagegen vor das Bundesverfassungsgericht ziehen, „weil das Ganze jetzt in einem unglaublichen Hauruck-Verfahren durchgedrückt wird und das halten wir nicht für angemessen“.

Der finanzpolitische Sprecher der Linksfraktion, Axel Troost, kritisierte, dass der Fiskalpakt dem Grundgesetz widerspreche. „Dieser Fiskalpakt hat eben eine Ewigkeitsklausel, die bedeutet, wenn das einmal beschlossen ist, kann man auch als künftiges Parlament Deutschlands, auch mit Zweidrittelmehrheit, dieses nicht mehr verändern“, sagte er am Freitag im Deutschlandfunk. Die Linke halte den Fiskalpakt nicht für verfassungskonform, weshalb eine Eilentscheidung des Bundesverfassungsgerichts her müsse.

Nach dem Einvernehmen zwischen Schwarz-Gelb und Rot-Grün sollen der Euro-Rettungsschirm und der Fiskalpakt am 29. Juni vom Bundestag ratifiziert werden. Doch bereits jetzt ist klar, dass Bundespräsident Joachim Gauck die Gesetze wegen drohender Klagen erst einmal nicht unterschreiben wird. Darum hatte ihn Karlsruhe gebeten, nachdem die Linkspartei und eine Reihe von anderen, zum Teil konservativen Organisationen und Personen, darunter die frühere Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD), Verfassungsbeschwerden angekündigt hatten.

Unterstützt wird ihr Anliegen aber auch von einzelnen Abgeordneten der Unionsparteien und der FDP. Der CDU-Haushaltspolitiker Klaus-Peter Willsch forderte, die Entscheidung im Bundestag zu verschieben. „Das sollte von der Tagesordnung abgesetzt werden“, sagte er der Mitteldeutschen Zeitung am Freitag. „Es hat keinen Sinn, das in einem Husarenritt zu machen. Eine sachgerechte Behandlung ist in so kurzer Zeit unmöglich.“

Peter Gauweiler (CSU) begrüßte, dass das Bundesverfassungsgericht den Bundespräsidenten gebeten hat, die Gesetze zum Fiskalpakt und Rettungsschirm nicht gleich zu unterschreiben. „Damit wird verhindert, dass durch eine Verfahrensmanipulation in der kommenden Woche vollendete Tatsachen geschaffen werden“, sagte Gauweiler der Bild-Zeitung am Freitag.

Auch der FDP-Finanzexperte Frank Schäffler, ebenfalls ein Euro-Skeptiker, kritisierte die Einigung zwischen der Koalition und Rot-Grün. „Der Fiskalpakt ist nur dafür da, die deutsche Bevölkerung zu beruhigen. Da wird Haushaltsdisziplin versprochen. Aber eine echte Umkehr wird nicht gelingen“, sagte Schäffler der Passauer Neuen Presse am Freitag. Auch eine Finanztransaktionssteuer und den Rettungsmechanismus ESM lehnte er ab und kündigte an, er werde im Bundestag dagegen stimmen.

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