Sarkozy unter Druck: Rücktritte in französischer Regierung nach Affären

(05.06.2010/dpa)

Nach Affären um teure Zigarren und Privatflüge rollen in der angeschlagenen französischen Regierung die ersten Köpfe. Der größte Skandal scheint aber noch nicht ausgestanden. Die Gegner von Präsident Nicolas Sarkozy reiben sich die Hände.

Die Liste der Affären, Skandale und Skandälchen wurde immer länger. Auf Staatskosten abgerechnete Zigarren für 12.000 Euro, ein 117.000 Euro teurer Privatjet-Flug, zweckentfremdete Dienstwohnungen und ein Luxus-Hotelzimmer für die schöne Sportstaatssekretärin Rama Yade erschütterten in den vergangenen Monaten Ansehen und Glaubwürdigkeit der französischen Regierung. Präsident Nicolas Sarkozy schaute lange stillschweigend zu. Nun rollen doch die ersten Köpfe – früher als geplant.

Eigentlich hatte der Staatschef mit dem großen Aufräumen noch bis zum Herbst warten wollen. Im Oktober, so ließ er Parteifreunde erst am vergangenen Mittwoch wissen, werde er das Kabinett umbilden und das Verhalten einiger Regierungsmitglieder sanktionieren. Gerade mal vier Tage hatte die Ankündigung Gültigkeit. Am Sonntagabend gab der Élyséepalast den Rücktritt der Staatssekretäre Christian Blanc und Alain Joyandet bekannt.

Mindestens Blanc, der für 12.000 Euro auf Staatskosten teure Zigarren bestellte, soll vom Präsidenten zum Gehen aufgefordert worden sein. Der Sarkozy-Vertraute Joyandet durfte seinen Amtsverzicht im Internet immerhin selbst ankündigen. Er hatte den sündhaft teuren Privatjet-Flug zu einer Haiti-Konferenz gebucht und war zudem wegen einer mutmaßlich illegalen Baugenehmigung für seine Villa ins Gerede gekommen.

„Diese Rücktritte sind das Zeichen einer Regierungskrise“, kommentierte der Sprecher der oppositionellen Sozialisten (PS), Benoît Hamon, am Montag. Das Sarkozy-System sei korrupt, schimpfte Hamons Parteifreundin Ségolène Royal erneut. Von Einsicht der Betroffenen konnte hingegen keine Rede sein. Er sei Opfer von Lynchjustiz, polterte Blanc. Joyandet nannte sich selbst einen  „Ehrenmann“.

Ob die beiden  „Bauernopfer“ (Le Parisien) Blanc und Joyandet für Ruhe in der Öffentlichkeit sorgen, scheint mehr als ungewiss. Viel schwerer als teure Flüge und Zigarren belastet die Regierung die Steueraffäre um die L’Oréal-Milliardenerbin Liliane Bettencourt (87). Arbeitsminister Eric Woerth wird verdächtigt, in seiner Zeit als Haushaltsminister illegale Finanztransaktionen der reichsten Frau Frankreichs gedeckt zu haben. Seine Gattin arbeitete bis vor kurzem für die Vermögensverwaltung von Bettencourt. Die Staatsanwaltschaft kündigte am Montag ein Ermittlungsverfahren gegen sie an.

Bislang hat Sarkozy seinen Minister mehrfach in Schutz genommen. Als Mann der umstrittenen Rentenreform gilt Woerth als Schlüsselfigur in der Regierung.  „Warum deckt der Élysée Eric Woerth?“ fragte PS-Spitzenpolitiker Harlem Désir am Montag. Bereits 64 Prozent der Franzosen halten Politiker nach einer am Montag veröffentlichten Umfrage für mehr oder weniger korrupt. 60 Prozent sind der Meinung, dass die Affäre Woerth/Bettencourt schwerwiegend ist.

Darüber hinaus wird mit Spannung erwartet, was mit der jungen Staatssekretärin Rama Yade passiert. Die 33-Jährige lästerte jüngst über die Unterbringung der französischen Fußballnationalmannschaft in einem Luxushotel, dann stellt sich heraus, dass für die Politikerin ein noch viel teureres Zimmer reserviert worden war. Die für sie gebuchte Junior Suite in einem Fünf-Sterne-Hotel in Südafrika koste 667 Euro pro Nacht. Die Hotelzimmer der Fußballer wurden hingegen nur mit 589 Euro veranschlagt. Spätestens bei der Regierungsumbildung im Herbst dürfte auch das Konsequenzen haben, wird in den französischen Medien vermutet.

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