Solidarische Bildungsstreiks: Studierende protestieren im Schulterschluss mit Arbeitnehmern
(13.11.2009/dpa/hg)
Immer mehr Studierende protestieren in ganz Deutschland gegen Missstände im Bildungssystem und suchen dabei auch den Schulterschluss mit den Gewerkschaften. In 20 Städten hielten die Hochschüler am Donnerstag Hörsäle besetzt, teilweise kam es zu Auseinandersetzungen mit den Unirektoren.
Die Studierenden fordern eine grundlegende Reform des gesamten Bildungswesens. Sie treten ein für ein selbstbestimmtes Lernen statt starrem Zeitrahmen, Leistungs- und Konkurrenzdruck. Studien-, Ausbildungs- und Kitagebühren sollen abgeschafft werden, damit ein freier Bildungszugang möglich wird.
Durch die öffentliche Finanzierung des Bildungssystems wollen sie den Einfluss der Wirtschaft auf Lehrinhalte, Studienstrukturen und Stellenvergabe zurückdrängen.
Zu den Kernforderungen der Studierenden gehört die Demokratisierung und Stärkung der Mit- und Selbstverwaltung in allen Bildungseinrichtungen.
Mehr als die studentischen Protestbewegungen der vergangen Jahre zeigen sich die heutigen Aktivisten solidarisch mit den Arbeitskämpfen der abhängig Beschäftigten.
Als die Reinigungskräfte mit einem zweiwöchigen Streik ca. 6 Prozent mehr Lohn und den Einstieg in die betriebliche Altersvorsorge erkämpften, wurden sie von den Studierenden dabei tatkräftig unterstützt. Im Gegenzug kündigten Funktionäre der IG Bau an, den Hochschülern bei ihrem Kampf um bessere Studienbedingungen zur Seite zu stehen.
Die Hochschulrektoren zeigen sich zum Teil weniger solidarisch. In Tübingen ließ der Rektor von einer Hundertschaft der Polizei den seit einer Woche blockierten größten Hörsaal räumen. An der Universität Duisburg-Essen setzte das Rektorat, das die Proteste bislang duldete, den Besetzern eine Frist bis Freitagabend.
In Münster planten Studierende, einen Hörsaal zu belegen, um ein Forum für Diskussionen zu schaffen. Vor einer Woche hatte die Universität dort das Audimax nach zweitägiger Besetzung von der Polizei räumen lassen und Anzeige wegen Hausfriedensbruchs erstattet.
Auch in Bielefeld, Heidelberg, Mainz, Dresden, Potsdam, Würzburg und Coburg hielten Studierende Räume in den Universitäten besetzt.
Am 17. November wollen die Studierenden einen Protesttag an hundert Hochschulen organisieren. Die Bewegung der Studierenden hatte vor rund drei Wochen in Wien begonnen und breitet sich seit gut einer Woche auch in Deutschland aus.