Streit um Haftungsbestimmung – Karlsruhe prüft umstrittenes Gentechnik-Gesetz

(23.06.2010/dpa)

Am Mittwoch steht das Gentechnik-Gesetz vor dem Bundesverfassungsgericht auf dem Prüfstand. Das Land Sachsen-Anhalt hatte 2005 gegen das Gesetz geklagt.

Der damalige Wirtschaftsminister Horst Rehberger (FDP) sah darin ein “Gentechnikverhinderungsgesetz”, das den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen unverhältnismäßig erschwere. Die 143 Seiten dicke Klageschrift erstellte eine Wirtschaftskanzlei, die auch für den Agrarprodukte-Hersteller Monsanto tätig war – einen der größten Hersteller von genetisch verändertem Saatgut.

Sachsen-Anhalt will Haftungsbestimmung kippen

Juristisch dreht sich der Streit vor allem um eine Haftungsbestimmung: Demnach haften Landwirte, die gentechnisch veränderte Pflanzen anbauen, unter Umständen für wirtschaftliche Schäden, wenn genveränderte Pollen auf anderen Feldern landen – unabhängig davon, ob sie auch Verursacher sind. Diese Bestimmung will Sachsen-Anhalt kippen. Die Regelung verlagere das Haftungsrisiko einseitig auf die Verwender gentechnisch veränderter Organismen. Dies verstoße gegen die Berufsfreiheit, die Eigentumsgarantie und den Gleichheitssatz. Auch das im Gentechnik-Gesetz vorgesehene Standortregister verstoße gegen Grundrechte. Die Veröffentlichung erhöhe die Gefahr, dass Gentechnik-Gegner die Felder zerstören, so die Klage.

Natürschützer warnen vor Folgen einer Lockerung

Naturschützer fürchten hingegen eine “schleichende Kontamination” durch gentechnisch veränderte Pflanzen. Peter Röhrig vom Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft rechnet mit schwerwiegenden Folgen: “Wenn niemand für Schäden haftet, gibt es keine Motivation, Verunreinigungen zu verhindern.” Die Naturschützer wollen dagegen eine Verschärfung des geltenden Gentechnikgesetzes. Ansonsten “haben die Verbraucher mittelfristig nur noch die Wahl zwischen mehr oder weniger gentechnisch verunreinigten Produkten” fürchtet Heike Moldenhauer, Gentechnik-Expertin des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).

Zeitpunkt der Urteilsverkündung steht noch nicht fest

Eine Verschärfung steht in Karlsruhe allerdings nicht zur Wahl – am Mittwoch geht es darum, ob das Gericht es bei der bisherigen Regelung belässt oder die Haftungsbestimmungen lockert. Wann Karlsruhe nach der mündlichen Verhandlung am Mittwoch ein Urteil fällen wird, ist noch unklar.

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