Untersuchungsausschuss zur NSA-Abhöraffäre ist wahrscheinlich

(28.10.2013/dpa)

Zur NSA-Spähaktion gegen Bundeskanzlerin Merkel kommen nun auch in den USA Einzelheiten ans Licht. Zugleich scheinen Regierungsvertreter bemüht, US-Präsident Obama aus der Schusslinie zu nehmen.

US-Regierungsvertreter haben einem Medienbericht zufolge eingeräumt, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel bis in den Sommer hinein vom US-Geheimdienst NSA bespitzelt wurde. Die im Sommer gestartete Prüfung der Regierung habe ergeben, dass die NSA rund 35 internationale Spitzenpolitiker überwache. Das Weiße Haus habe daraufhin einige Abhöraktionen gestoppt, darunter die gegen Merkel, gab das Wall Street Journal einen hochrangigen Regierungsvertreter wieder.

Der Bundestag wird voraussichtlich einen Untersuchungsausschuss einsetzen, um die NSA-Abhöraffäre aufzuklären. Nach Linkspartei und Grünen verlangt auch die SPD ein solches Gremium. Dabei könne der frühere Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden, der die Affäre mit seinen Veröffentlichungen losgetreten hatte, ein wertvoller Zeuge sein. Snowden hat in Russland Asyl erhalten.

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sagte zu der Abhöraffäre: „Diese Vorgänge sind unerträglich. Sie haben die Kraft, alle freundschaftlichen Bande zu zerstören, die uns immer mit den Vereinigten Staaten verbunden haben.“ Ähnliche Kritik kommt unisono aus allen Parteien. Als „eklatant gestört“ bezeichnete CSU-Chef Horst Seehofer das „Vertrauen zu unseren amerikanischen Freunden“. Es werde „erhebliche Zeit brauchen, um es wieder aufzubauen“, sagte der bayerische Ministerpräsident dem in Ingolstadt erscheinenden Donaukurier.

Die Linke-Vorsitzende Katja Kipping sagte der Mitteldeutschen Zeitung (Online-Ausgabe): „Was wir jetzt Tag für Tag erfahren, stellt die Substanz der europäisch-amerikanischen Beziehungen infrage.“ Obama „täte gut daran, schnell nach Deutschland zu kommen und sich vor dem Bundestag und der Öffentlichkeit für die massenhafte Spitzelei zu entschuldigen“.

Ein Untersuchungsausschuss wäre auch ohne die SPD möglich, da die CDU/CSU diesen nicht verhindern würde. Fraktionschef Volker Kauder machte am Wochenende zwar deutlich, dass er gegen einen solchen Ausschuss ist. In der ZDF-Sendung Berlin direkt fügte er aber hinzu: „Wenn die zwei kleinen Oppositionsparteien den Untersuchungsausschuss wollen, haben wir gesagt, lassen wir das zu.“ Eigentlich hätten Linke und Grüne nicht genügend Sitze im Bundestag, um einen Untersuchungsausschuss durchzusetzen.

Der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach gab in der ARD-Sendung Bericht aus Berlin zu bedenken, ein Untersuchungsausschuss müsste Zeugen aus den USA hinzuziehen können und bräuchte Akten und Urkunden zur Auswertung. „Ich fürchte, da werden wir nicht die Beweismittel haben, um das abschließend klären zu können.“

Linksfraktionschef Gregor Gysi sagte jedoch im Bericht aus Berlin, er wolle folgende Fragen geklärt wissen: „Was haben eigentlich unsere Geheimdienste gemacht? Haben die davon gewusst oder haben die nicht davon gewusst? Gibt es nur Spionageabwehr gegen Osten und keine Spionageabwehr gegen Westen? Betreiben die USA vielleicht auch Industriespionage? Wie werden wir einfach davor geschützt?“
Der designierte FDP-Vorsitzende Christian Lindner plädierte in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung dafür, das geplante Freihandelsabkommen zwischen Europa und den USA an die Einhaltung des Bürgerrechts auf Privatsphäre zu knüpfen: „Die Gespräche über ein transatlantisches Freihandelsabkommen haben ohne ein transatlantisches Datenschutzabkommen keinen Sinn.“

Der SPD-Innenpolitiker Michael Hartmann sagte der Mainzer Allgemeinen Zeitung, Deutschland und Europa seien in dieser Situation nicht hilflos. „Wir können aufhören, bei Flugreisen die Passagiergast-Daten an die USA weiterzugeben. Und auch beim transatlantischen Freihandelsabkommen mit den USA könnten wir erst mal alles stoppen.“ Der CDU-Innenpolitiker Bosbach lehnte dies ab: „Es ist nicht klug, die Verhandlungen auszusetzen. Vielmehr sollte man sie fortsetzen mit dem Kapitel Datenschutz und Datensicherheit.“

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