Verhandlungen über Finanzierung des Atomausstiegs gescheitert?

(26.04.2016/dpa)

Ein Milliarden-Deal zwischen Staat und Stromkonzernen zur Finanzierung des Atomausstiegs in Deutschland bleibt ungewiss. Spitzenvertreter der Regierungskommission und der vier Atom-Konzerne Eon, RWE, Vattenfall und EnBW haben sich bei einem erneuten Treffen nicht auf einen Kompromiss verständigen können.

Die Verhandlungen seien weiter schwierig, von einer Einigung sei man noch entfernt, hieß es. Die Vorstellungen der Unternehmen seien innerhalb der Regierungskommission nicht mehrheitsfähig. Nun müsse die Kommission an diesem Mittwoch über ihr Votum entscheiden. Nach bisherigen Plänen will das Gremium unter Leitung von Jürgen Trittin (Grüne), Ole von Beust (CDU) und Matthias Platzeck (SPD) die Ergebnisse am Mittwochnachmittag vorstellen.

Strittig ist unter anderem, wie viel Geld die Konzerne aus ihren Milliarden-Rückstellungen an den Staat abtreten sollen, um so die Zwischen- und Endlagerung des Atommülls zu finanzieren und die Risiken für die Steuerzahler zu begrenzen. Der Energiekonzern Eon setzt weiter auf eine einvernehmliche Lösung, wie Vorstandschef Johannes Teyssen am Dienstag vor Investoren in London sagte: „Wir haben (…) in den vergangenen Wochen den Eindruck gewonnen, dass beide Seiten an tragfähigen Lösungen sowohl für die Unternehmen als auch für den Staat interessiert sind“.

Sollte bis zu diesem Mittwoch keine Einigung gelingen, sind die Verhandlungen der 19-köpfigen Expertenkommission mit den Unternehmen gescheitert. Das Experten-Gremium würde dann keinen gemeinsamen Vorschlag für einen „Entsorgungskonsens“ zwischen Staat und Konzernen vorlegen. Offen ist, wie dann die Politik entscheidet.

Die Regierungskommission soll vorschlagen, wie die Rückstellungen der vier Konzerne Eon, RWE, Vattenfall und EnBW von inzwischen gut vierzig Milliarden Euro langfristig gesichert werden können. Sie schlägt vor, dass die Unternehmen die Stilllegung und den Rückbau der Atommeiler übernehmen und dafür unbegrenzt haften. Der Staat würde für die End- und Zwischenlagerung des Atommülls zuständig sein und dafür einen von den Konzernen finanzierten Fonds auflegen.

Kritik an dieser Aufteilung kommt aus den Reihen der Atomkraftgegner. Es dürfe nicht sein, dass das größte Kostenrisiko, die langfristige Atommüll-Lagerung, auf die Allgemeinheit abgewälzt werde: „Diese wird mit Sicherheit viel teurer werden, als bisher angenommen“, so das Netzwerk „ausgestrahlt“.

Über die von den Konzernen in den Fonds einzuzahlende  Summe wird wegen Risikoaufschlägen gefeilscht. Die Rede ist von bis zu 26 Milliarden Euro. Auch wird gehofft, dass die Konzerne bei einer Einigung ihre Klagen wegen dem beschlossenen Atomausstieg fallen lassen.

Eon kündigte jedoch bereits an, an seiner Verfassungsklage ebenso wie an den Klagen gegen die Atomsteuer auch bei einer Einigung festzuhalten. „Ich sehe da keinen Zusammenhang“, sagte Konzernchef Teyssen.

Die Atom-Konzerne hatten wegen des schnellen Ausstiegs nach der Reaktorkatastrophe in Japan 2011 zahlreiche Klagen vor verschiedenen Gerichten erhoben. Dabei geht es nach Einschätzung der Branche um eine zweistellige Milliardensumme.

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sagte im ZDF-Morgenmagazin, zwar gebe es ein Alternativ-Modell, wonach die Konzerne auch für die in Jahrzehnten beginnende Endlagerung dauerhaft haften, anstatt dass sie Milliarden an einen Fonds überweisen: „Es ist aber unklar, ob es Eon in 20 Jahren noch gibt. Deshalb ist es vielleicht das bessere Modell, so viele Milliarden wie möglich von den Konzernen zur öffentlichen Hand rüberzuziehen, damit der Steuerzahler möglichst wenig belastet ist.“

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