Vor EU-Gipfel: Widerstand gegen Flüchtlingsquote

(24.06.2015/dpa)

Eine verbindliche Quote zur Verteilung von vierzigtausend Flüchtlingen auf die EU-Staaten ist laut EU-Diplomaten vom Tisch. „Die Idee, dass Quoten von Brüssel auferlegt werden können, funktioniert nicht“, sagte ein hochrangiger EU-Diplomat am Mittwoch in Brüssel. Die Verteilung könne daher nur auf freiwilliger Basis erfolgen. Dies wollten die Staats- und Regierungschefs beim EU-Gipfel an diesem Donnerstag vereinbaren.

Da unklar sei, ob die angestrebte Zahl dann erreicht werde, spreche man von „bis zu vierzigtausend Flüchtlingen“. Bis Ende Juli solle klar sein, wie dies umgesetzt werden könne. Wann die Verteilung per Notfallmechanismus starten kann, um Griechenland und Italien zu entlasten, ist nach wie vor offen.

Bei dem Treffen der EU-Innenminister vor einer Woche hatte sich gezeigt, dass ein Dutzend der 28 EU-Staaten gegen verpflichtende Verteilschlüssel ist. Besonderer Widerstand kommt von Großbritannien, Irland und Dänemark, die nicht mitmachen wollen. Auch die mittel- und osteuropäischen Staaten sind dagegen.

Die in der Visegrad-Gruppe vereinten Länder Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn pochten vor dem EU-Gipfel zur Flüchtlingsfrage auf das Prinzip der Freiwilligkeit. „Wir betonen, dass jedwede Forderung nach festen Quoten für uns inakzeptabel ist“, hieß es in einer am Mittwoch beschlossenen Erklärung der vier Regierungschefs. Sie zeigten sich „beunruhigt über den unglücklichen Verlauf“ der Migrationsdebatte. Zur Begründung wurde auf die unterschiedlichen Aufnahmekapazitäten der einzelnen EU-Staaten verwiesen.

Die EU-Kommission steht dagegen weiter zu ihrer Idee einer Quote. „Wir halten an unserem Vorschlag fest“, sagte die Vizepräsidentin der EU-Kommission, Kristalina Georgiewa. Dies sei der richtige Weg, weil er den Menschen helfe.

Deutschland und Frankreich befürworten bislang grundsätzlich die Quote, hatten aber Nachbesserungen bei der Berechnung gefordert. Deutschland soll mit knapp 22 Prozent die meisten Flüchtlinge aufnehmen.

Die EU-Kommission hatte Ende Mai vorgeschlagen, vierzigtausend Flüchtlinge aus Italien und Griechenland binnen zwei Jahren in anderen EU-Ländern unterzubringen. Dabei soll es nur um Menschen aus Syrien oder Eritrea gehen, die gute Chancen auf Asyl in Europa haben. Kriterien für die Quote sollen Einwohnerzahl, Wohlstand, Arbeitslosigkeit und die bisherigen Leistungen bei der Aufnahme sein.

Thema beim EU-Gipfel wird auch Ungarns Ankündigung sein, keine abgeschobenen Flüchtlinge mehr zurückzunehmen. Dieser Plan stößt in Brüssel auf Kritik. „Wir sind der Auffassung, dass bestehende Vereinbarungen respektiert werden müssen“, sagte Georgiewa. Sie bezog sich auf das Dublin-Abkommen, wonach Flüchtlinge nur in dem EU-Staat Asyl beantragen dürfen, in dem sie nach ihrer Flucht erstmals europäischen Boden betreten haben. Aufgrund dieser Regelung werden derzeit viele Asylsuchende von einem Staat in den anderen abgeschoben. Ungarn argumentiert unter anderem, dass die Einwanderer in Griechenland, und nicht in Ungarn, EU-Territorium betreten hätten.

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