Vorbild Abu Ghoreib: Neue Foltervorwürfe gegen britische Soldaten im Irak

(16.11.2009/dpa/hg)

In mehr als 30 Fällen sollen britische Soldaten im Irak irakische Zivilisten gefoltert und sexuell missbraucht haben. Das berichtete die Zeitung „Independent“ in der vergangenen Woche. Sie stützt sich dabei auf ein Schreiben des Anwalts der ehemaligen Gefangenen, Phil Shiner.

Den Soldaten wird vorgeworfen, sie hätten irakische Zivilisten gezwungen, sich nackt auszuziehen. Die Menschen seien gefoltert, mit Elektroschocks gequält, gedemütigt und dabei fotografiert worden.

Ein 16 Jahre alter Junge sei von zwei Soldaten vergewaltigt worden. In einem anderen Fall sollen Soldaten und Soldatinnen vor Gefangenen Geschlechtsverkehr gehabt haben, um diese zu demütigen. In einem Falls sei die Folter den Fotos aus dem US-Militärgefängnis Abu Ghoreib nachgestellt worden.

Am Sonnabend bestätigte das britische Verteidigungsministerium, dass die Vorgänge überprüft würden. Der Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Bill Rammell, betonte, die neuen Anschuldigungen würden sehr ernst genommen. „Es gab Beispiele, dass sich Einzelne schlecht verhalten haben.“

Die Fälle gehen bis 2003 – dem Beginn des Einsatzes – zurück. Viele Vorwürfe seien aber erst nach dem Abzug der Briten aus dem Irak in diesen Sommer bekannt geworden. Davor hätten die Opfer Angst gehabt, ihre Erlebnisse zu schildern.

Anwalt Shiner vermutet, dass Hunderte andere Fälle nie ans Licht kommen würden.

Die britische Regierung und das Militär stehen bereits wegen massiver Foltervorwürfe unter Druck. In London läuft derzeit eine Gerichtsuntersuchung, bei der die Verhörpraktiken der Briten und der Tod des Irakers Baha Mousa untersucht werden. Dieser war 2003 in britischer Gefangenschaft zu Tode geprügelt worden.

Die Briten waren im Frühjahr 2003 an der Seite der USA in den Irak einmarschiert. Insgesamt waren 120.000 britische Besatzungstruppen dort stationiert gewesen. Die Soldaten wurden im Sommer 2009 komplett aus dem Irak zurückgezogen.

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