Waffenstillstand zwischen Israel und Gaza – Gabriel fordert Verhandlungen mit Hamas

(13.03.2012/dpa)

Palästinenser im Gazastreifen und Israel haben nach vier Tagen der Gewalt eine Waffenruhe vereinbart. Das bestätigten heute beide Seiten. Die Vereinbarung sei von Ägypten eingefädelt worden, sagte ein Sprecher der militanten Palästinenser-Organisation Islamischer Dschihad. Die Waffenruhe gelte seit Dienstag früh, betonte Dschihad-Sprecher Dahud Schihab.

„Wir halten uns aber nur an die Waffenruhe, solange die Besatzer (Israel) sich daran halten“, warnte Schihab. Auch der israelische Minister für Zivilschutz, Matan Wilnai, bestätigte indirekt eine entsprechende Übereinkunft. „Es scheint, diese Runde (der Gewalt) liegt hinter uns“, sagte er im israelischen Radio. Über neue Angriffe wurde zunächst nichts bekannt.

Beide Seiten hatten sich seit Freitag einen blutigen Schlagabtausch geliefert, nachdem Israel den Chef der radikalen Palästinensergruppe „Volks-Widerstandskomitee“ im Gazastreifen, Zuher al Kesi, und einen seiner Helfer bei einem gezielten Angriff mit zwei Raketen getötet hatte. Kesi habe einen Terroranschlag gegen Israel geplant.

Militante Palästinenser reagierten daraufhin mit dem Beschuss Israels mit Raketen und Mörsergranaten, insgesamt mehr als 200. Davon seien gut 50 von dem Raketenabwehrsystem „Eisenkuppel“ abgefangen werden. Mehrere Menschen wurden durch die Angriffe verletzt.

Israel setzte seine gezielten Luftangriffe fort. Bei den insgesamt rund 40 Angriffen wurden bis Montagabend nach palästinensischen Angaben insgesamt 23 Menschen getötet und mehr als 70 verletzt. Bei den meisten Opfern handelte es sich auch nach palästinensischen Angaben um Mitglieder militanter Gruppen.

Zu den Opfern zählen aber auch ein 65-jähriger Mann und seine 30-jährige Tochter, deren Haus im nördlichen Gazastreifen von einer Rakete getroffen wurde. In Beit Lahia wurden ein 16-Jähriger getötet und vier Kinder verletzt.

Unterdessen hat sich SPD-Chef Sigmar Gabriel für Gespräche auch mit der im Gazastreifen herrschenden Hamas ausgesprochen. „Die Hamas ist ein Faktor in diesem Konflikt. Und man kann einen Konflikt nicht lösen, wenn ein Faktor ignoriert wird“, sagte Gabriel am Montag bei einem Israel-Besuch in Jerusalem. Zugleich lehnte er einen von Israel angedrohten Angriff gegen iranische Atomanlagen ab.

Der SPD-Chef befindet sich zurzeit auf einer sechstägigen Reise durch den Nahen Osten. Neben Israel will er auch das Westjordanland und Ägypten besuchen. An diesem Dienstag steht ein Treffen mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu auf dem Terminplan.

Eine für heute geplante Fahrt in den Gazastreifen sagte Gabriel wegen des aktuellen Konflikts zwischen Israel und den Palästinensern ab. Geplant war nach seinen Angaben auch ein privates Gespräch mit einem Hamas-Mitglied. So habe dies vor ihm bereits der CDU-Politiker Ruprecht Polenz getan, betonte Gabriel vor Journalisten, der mit diesem Hinweis etwaiger Kritik schon mal den Wind aus den Segeln nehmen wollte. Die Hamas steht in den USA und Europa auf der Liste terroristischer Organisationen.

Die Bestrebungen der Fatah von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und der Hamas, den seit 2007 bestehenden Bruch zu überwinden, nannte der SPD-Chef logisch. „Ohne die könnten Palästinenser ja auch gar nicht richtig mit den Israelis verhandeln, weil die ja sonst nie wissen, ob Abmachungen mit der einen Fraktion auch von der anderen eingehalten würden“, meinte Gabriel.

Gabriels Vorschlag ist logisch betrachtet eine Selbstverständlichkeit. Politisch jedoch durchaus waghalsig, da er dazu geeignet ist, sich einen Antisemitismusvorwurf einzufangen. Selbstverständlich, da es in der Logik einer Konfliktlösung liegt, die am Konflikt maßgeblich beteiligten Kräfte an den Verhandlungstisch zu bringen.

Waghalsig, weil es bereits mit dem Linke-Politiker Norman Paech einen Präzedenzfall gibt. Paech hatte ebenfalls nach dem Wahlsieg der Hamas gefordert, mit ihr zu verhandeln, um den Konflikt zwischen Israel und Palästinensern einer zivilen Lösung näher zu bringen. Der Bundesarbeitskreis Shalom, eine neokonservative Plattform innerhalb des Jugendverbandes der Partei, attestierte dem damaligen außenpolitischen Sprecher der Linksfraktion daraufhin eine „ungehemmte Verbrüderung mit der terroristischen Hamas“ sowie „antizionistische Ressentiments“ . (1)

Obwohl der BAK Shalom bekannt dafür ist, mittels Lügen und Halbwahrheiten zu denunzieren, wurde die von ihm lancierte Stigmatisierung Paechs zum Teil auch von der politischen Konkurrenz und den Massenmedien aufgegriffen. (2) Man darf also gespannt sein, wie Gabriels Äußerungen kommentiert werden.

Anmerkungen

(1) http://bak-shalom.de/index.php/2008/04/30/antizionismus-in-der-linken-norman-paech-als-ausenpolitischer-sprecher-untragbar/

(2)http://www.die-linke-hamburg.de/politik/positionen/detail/artikel/erklaerung-zur-ruecktrittsforderungen-gegen-norman-paech-und-innerparteilichen-kontroversen-zum-naho.html

Siehe dazu auch: http://www.hintergrund.de/20100317759/politik/inland/die-linke-von-innen-umzingelt.html

Drucken

Drucken

Teilen