Innenpolitik

„Militärisches Abenteuer mit unabsehbaren Folgen.“ Bundeswehrverband warnt vor deutschem Militäreinsatz in Libyen

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Von REDAKTION, 8. April 2011 –

Während die Türkei am Donnerstagabend einen Friedensfahrplan für Libyen vorgeschlagen hat, der von beiden Konfliktparteien begrüßt worden ist, schließt das deutsche Verteidigungsministerium  einen Einsatz deutscher Soldaten auf libyschem Boden nicht mehr aus und erntet dafür ausgerechnet aus dem Bundeswehrverband scharfe Kritik.

Ministeriumssprecher Christian Dienst sagte am Freitag in der Bundespressekonferenz: „In dem Moment, wo wir an einer humanitären Operation teilnehmen würden und der Operationsplan würde es vorsehen, dass man auch in Libyen an Land operiert, ist auch klar, dass man dann auch den Fuß auf libyschen Boden setzen müsste.“ Regierungssprecher Steffen Seibert ergänzte, dass die Bundeswehr schon vor einigen Wochen im Rahmen einer humanitären Hilfsaktion eine „dreistellige Zahl von Menschen, darunter viele Deutsche“ aus dem Krisengebiet herausgeflogen habe.

Während im Deutschen Bundestag ein Sprecher der SPD die neue Haltung der Bundesregierung begrüßte und auch die  Grünen keine grundsätzlichen Einwände gegen einen Militäreinsatz der Bundeswehr auf nordafrikanischem Boden vorbrachten, blieb einzig und allein die Linksfraktion konsequent bei ihrer ablehnenden Position gegenüber der Entsendung deutscher Truppen in den libyschen Bürgerkrieg. „Kanzlerin Angela Merkel und Außenminister Guido Westerwelle sind umgekippt“, kritisierte Sevim Dagdelen, Sprecherin für internationale Beziehungen der Linksfraktion im Bundestag einem Bericht der jungen Welt zufolge. (1)  Dagdelen weiter: „Die Aussage, keine deutsche Soldaten nach Libyen entsenden zu wollen, ist offensichtlich Schnee von gestern. Es sieht jetzt danach aus, dass Deutschland sich am Krieg auch direkt beteiligt. Unter humanitärem Vorwand sollen nun deutsche Soldaten nach Libyen geschickt werden.“ Sie erhielt dabei gänzlich unerwartete Schützenhilfe ausgerechnet aus dem  Bundeswehrverband.

Es sei nur schwer nachzuvollziehen, wie diese Pläne zu der bisherigen Linie Deutschlands passen, sich an keinem Militäreinsatz in Libyen zu beteiligen. Das sagte der Vorsitzende der Interessenvertretung der Soldaten, Ulrich Kirsch, am Freitag in Berlin. Er forderte von der Bundesregierung Klarheit über deren Libyen-Pläne und warnte, dass man ohne eindeutige Exit-Strategie Gefahr laufe, auf eine Rutschbahn zu geraten. „Wir müssen aufpassen, dass nicht aus einer Hilfsmission ein militärisches Abenteuer mit unabsehbaren Folgen wird.“  

Im Unterschied zur Bundesregierung setzt die Türkei unmissverständlich auf eine diplomatische Lösung des Libyen-Konflikts. Der Friedensplan von  Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan sieht  unter anderem eine Waffenruhe und einen Rückzug der Gaddafi-Truppen aus den belagerten Städten im Westen des Landes vor.

Dem arabischen Nachrichtensender Al-Jazeera sagte der Vorsitzende des libyschen Übergangsrates, Mustafa Abdul Dschalil,  die Aufständischen seien bereit, diesen Plan umzusetzen, falls Gaddafi und seine Familie das Land verlassen sollten. Auch in Tripolis reagierte man positiv auf den Vorschlag.

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Zuvor hatten die Türkei und Indonesien eine Waffenruhe in Libyen gefordert. Beide Länder wollten  Anstrengungen für eine Einstellung der Kämpfe unternehmen, sagte Präsident Susilo Bambang Yudhoyono am Dienstag in Jakarta nach einem Treffen mit seinem türkischen Kollegen Abdullah Gül.


(1) http://www.jungewelt.de/2011/04-08/052.php

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