Innenpolitik

Schlapper Schlapphut: Helmut Roewer will unter den Ostdeutschen gelitten haben

Hinweis: Die Bilder sind aus den archivierten Hintergrund-Texten vor 2022 automatisch entfernt worden.

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Von THOMAS WAGNER, 5. Oktober 2012 –

Wer Enthüllungen über die Neonazi-Mordserie des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) erhofft hatte, musste enttäuscht von dannen ziehen: Der ehemalige Chef des Thüringer Verfassungsschutzes, Helmut Roewer (geb. 1950), hatte auch bei seinem jüngsten öffentlichen Auftritt anlässlich der Vorstellung seines neuen Buchs „Nur für den Dienstgebrauch: Als Verfassungsschutzchef im Osten Deutschlands“ nicht viel zu sagen. Gleich zu Beginn erklärte er den rund sechzig Journalisten, die sich am Donnerstag auf Einladung des rechten Ares-Verlags in einem völlig überfüllten Raum im Haus der Bundespressekonferenz eingefunden hatten, dass er kein Buch über die NSU geschrieben habe. Die Terrorgruppe habe er nämlich zu seiner von April 1994 bis Juni 2000 dauernden Dienstzeit als solche noch nicht gekannt.

Das Buch, das nicht chronologisch erzähle, aber vom Beginn und dem Ende seiner Arbeit in Thüringen eingerahmt werde,  gehe nicht zuletzt auf Tagebücher und Kalendernotizen zurück, die er in diesem Zeitraum geschrieben habe. Den größten Teil seiner Redezeit nutzte Roewer dazu, die seinem Empfinden nach widrigen  Arbeitsumstände eines Beamten zu schildern, der vom Bundesinnenministerium in den Osten der Republik geschickt wurde, um dort neue, mit dem gegenwärtigen System kompatible Geheimdienststrukturen aufzubauen. Das Leben dort sei kompliziert gewesen, „weil man auf eine Gesellschaft stieß, die von den Lebensgewohnheiten im Westen weit entfernt war“. Was er in dieser Zeit erlebt habe, ließe sich in drei Worten zusammenfassen: „grotesk, komisch, ärgerlich“. Selbst die Parteien, die den gleichen Namen trugen, wie die, die er aus dem Westen kannte, hätten sich diametral von diesen unterschieden.

Hinderlich für seine Arbeit sei vor allem gewesen, dass „durch die geheimdienstliche Zerrüttung der ostdeutsche Gesellschaft“ in der Bevölkerung ein „selbstverständliches Misstrauen gegenüber jeglicher Geheimdiensttätigkeit“ zu spüren gewesen sei. Da er angewiesen worden sei, sich als Chef des Verfassungsschutzes auch öffentlich zu zeigen, habe er dieses Misstrauen immer wieder schmerzhaft auch ganz persönlich zu spüren bekommen.

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Auf die Frage, warum er sich statt eines rechten denn nicht einen seriösen Verlag ausgesucht habe, antwortete er knapp, dass sein erster Staatsrechtslehrer dort ebenfalls publiziert habe. Das sei ihm genug Ausweis der Seriösität gewesen. Sein Verleger machte ein paar mehr Worte, um die aus seiner Sicht von links beschmutzte Ehre seines Hauses zu verteidigen. Er betonte, dass auch eine Reihe von Bundesgenerälen und Professoren unter seinen Autoren seien.

Neue Erkenntnisse hat die Veranstaltung ansonsten nicht gebracht: Immer dann, wenn eine wirklich interessante Frage gestellt wurde, etwa zur NSU oder zu fragwürdigen Praktiken der „Quellenabschöpfung“ wurde Roewer einsilbig oder hielt weitschweifige Referate über Grundsätzliches.

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