Weltpolitik

Ukraine: Bundeswehr nimmt an NATO-Übungen teil

Hinweis: Die Bilder sind aus den archivierten Hintergrund-Texten vor 2022 automatisch entfernt worden.

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Von REDAKTION, 7. Juli 2015 –

Im Rahmen der verstärkten Militäraktivitäten der NATO in Osteuropa wird sich die Bundeswehr in diesem Sommer auch an zwei Manövern des Militärbündnisses in der Ukraine beteiligen. Es sei beabsichtigt, mit „Einzelpersonal“ an der Landstreitkräfte-Übung „Rapid Trident“ und an dem Marine-Manöver „Sea Breeze“ teilzunehmen, heißt es in einer Antwort des Auswärtigen Amtes auf eine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag. (1)

Ungeachtet des Krieges in der Ostukraine hatte die Bundeswehr auch im vergangenen Jahr an beiden Übungen teilgenommen. Die Übung „Sea Breeze“ (Seebrise) findet vom 31. August bis zum 12. September vor der ukrainischen Schwarzmeerküste statt und wird gemeinsam von der Ukraine und den USA geführt.

Das von den US-Streitkräften geführte Manöver „Rapid Trident“ (Schneller Dreizack) soll am 20. Juli mit einer Zeremonie eröffnet werden und dann elf Tage dauern. Offiziell dient es unter anderem der Förderung der „regionalen Stabilität und Sicherheit“.

Insgesamt sollen sich zu der Übung im westukrainischen Jaworiw bei Lwiw (Lemberg) 1 800 Soldaten aus achtzehn Ländern einfinden und damit deutlich mehr als im vergangenen Jahr mit 1 300 Soldaten. Auch die Zahl der teilnehmenden Länder ist von 15 auf 18 gestiegen. Neben osteuropäischen NATO-Ländern wie Polen, Litauen, Lettland, Rumänien und Bulgarien nahmen 2014 neben der Ukraine auch weitere Nicht-NATO-Mitglieder an der Übung teil: Georgien, Aserbaidschan und Moldawien.

Ursprünglich für den Juli terminiert, war sie 2014 wegen der Kämpfe in der Ostukraine auf den 15. September verschoben worden. Moskau bezeichnete das Manöver als Provokation und hatte dessen Absage gefordert. Die „Entscheidung über die Durchführung der Übung liegt im ukrainischen bzw. US-Ermessen“, antwortete die Bundesregierung im April 2014 auf eine Anfrage der Linken, also zu einem Zeitpunkt, als es auch in der NATO Stimmen gab, die Übung auszusetzen, um kein weiteres Öl ins Feuer zu gießen. Berlin wollte seinerzeit  „über die Beteiligung der Bundeswehr in diesem Jahr im Lichte der weiteren Entwicklungen entschieden.“ (2)

Mit dem NATO-Gipfel in Wales Anfang September 2014 nahm die weitere Entwicklung dann ihren Lauf in Richtung verschärfter Konfrontation mit Russland – nach dem Gipfel stand dem NATO-Manöver in der Ukraine nichts mehr im Weg.  

In Wales wurde mit dem „Action Readiness Plan“ die laut NATO „bedeutendste Verstärkung der kollektiven Verteidigung“ des Militärbündnisses „seit dem Ende des Kalten Krieges“ beschlossen, einschließlich einer dauerhaften Präsenz in den östlichen Mitgliedstaaten und der Einrichtung einer neuen „Speerspitzen-Eingreiftruppe“.

Im Rahmen des Aktionsplanes nimmt die Bundeswehr in diesem Jahr mit 4 400 Soldaten an insgesamt 16 Übungen in Polen und im Baltikum teil. Die verstärkte Präsenz der NATO in Osteuropa sei eine „Reaktion auf das veränderte Sicherheitsumfeld in Europa und dient der Rückversicherung der Alliierten“, heißt es in der Antwort der Bundesregierung, die darin zugleich den „rein defensiven“ Charakter der NATO-Aufrüstung betont, von der sie sich eine „glaubwürdige Abschreckung gegenüber einem potenziellen Angreifer“ verspricht.

Ein Sprecher der US-Streitkräfte in Europa betonte hingegen, dass es keinerlei Zusammenhang der geplanten Manöver – „Sea Breeze“ und „Rapid Trident“ werden seit Mitte der 1990er Jahre abgehalten – mit der aktuellen Krise in der Ukraine gebe: „Diese jährliche Routineübung steht nicht in Verbindung und ist auch keine Reaktion auf irgendwelche tatsächlichen Weltereignisse.“

„Ich halte dieses Gebaren für ebenso lächerlich wie gefährlich“, erklärte Heike Hänsel, die die Anfrage mitverfasste: „Natürlich wissen alle Beteiligten, dass es um die Einflussnahme der NATO in den Nachbarstaaten Russlands geht!“ Es sei „völlig unglaubwürdig“, wenn die Bundesregierung erkläre, die gesteigerte US-Militärpräsenz in Europa habe defensiven Charakter. „Was ist an US-Panzern und Tausenden Soldaten defensiv?“, fragt die Linke-Politikerin. Sie sieht in der zunehmenden US- und NATO-Militäraktivität „eine offene Unterstützung der rechten Regierung in der Ukraine und ihrer Oligarchen, die weiterhin auf Krieg setzen“. (3)

Die beiden Manöver in der Ukraine seien „Teil einer Eskalationspolitik“ der NATO, „die ich für brandgefährlich halte“, so die Bundestagsabgeordnete. „Sie sind nicht vertrauensbildend gegenüber Russland und schwächen damit die Durchsetzung der Minsker Abkommen für eine friedliche Lösung in der Ukraine.“

Schon die Durchführung des „Rapid Trident“ Manövers im vergangenen Jahr hielten Kritiker für eine Torpedierung des erst zehn Tage zuvor abgeschlossenen ersten Minsker Abkommens.

„Natürlich kommt heftige Kritik von der Linkspartei, und die Putin-Versteher werden bald folgen“, wendet sich Rainer Blasius in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung gegen mahnende Stimmen. Der Westen könne „Putins Kraftmeierei“ nicht einfach hinnehmen, die „kleinen Manöver“ in der Ukraine würden der Kreml-Führung signalisieren, „dass im Westen weiterhin großes Interesse an der Freiheit der Ukraine besteht“. (4) Kein Verständnis hat der Politikredakteur des Blattes hingegen dafür, dass es Russland als Provokation empfindet, wenn deutsche Soldaten siebzig Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges von der Ukraine aus ein „Signal an Moskau“ senden.

(mit dpa)

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Anmerkungen
(1) http://dokumente.linksfraktion.de/inhalt/150625-antwort-ka-nr-18-4771-linke-ukraine.pdf
(2) dipbt.bundestag.de/doc/btd/18/012/1801222.pdf
(3) http://linksfraktion.de/im-wortlaut/usa-bundeswehr-provozieren-osteuropa/
(4) http://www.faz.net/aktuell/politik/nato-manoever-in-der-ukraine-signal-an-moskau-13686011.html

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