Weltpolitik

USA unterstützen diktatorische Vollmachten für ägyptischen Präsidenten

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Von JOHANNES STERN, 22. August 2012 –

Die Entscheidung des ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi, die diktatorischen Vollmachten des Obersten Militärrats (SCAF) selbst zu übernehmen, erfolgte vergangene Woche in enger Abstimmung mit Washington. Das geht aus jüngsten Medienberichten hervor.

Am 12. August schickte Mursi die beiden führenden Generale der bis dahin herrschenden Militärjunta, Verteidigungsminister Mohammed Tantawi und Generalstabschef Sami Anan, in Rente. Außerdem verkündete er eine neue Verfassungserklärung, mit der er den „Zusatz“ zurücknahm, den die Junta am 17. Juni erlassen hatte. Dieser hatte alle legislativen und exekutiven Vollmachten in den Händen des SCAF konzentriert. Diese Vollmachten wurden jetzt auf Mursi übertragen. Auch der Entwurf einer neuen Verfassung fällt dadurch in die Hände des islamistischen Präsidenten.

Mursis Coup wurde angeblich in Zusammenarbeit mit Teilen der Armee durchgeführt, die mit Tantawi und Anan unzufrieden waren. Aus militärischen Quellen verlautet, dass die Verstimmung über die beiden nach den Grenzzwischenfällen auf dem Sinai in der vergangenen Woche zunahm, bei denen sechzehn ägyptische Soldaten von militanten Islamisten getötet wurden.

Der pensionierte General Kadri Saeed erklärte: „Mursi muss das als günstige Gelegenheit gesehen haben, die höchste Militärspitze kalt zu stellen. Die unteren Ränge waren mit den jüngsten Leistungen ihrer Chefs und mit ihrer übermäßigen Beschäftigung mit der Politik auf Kosten der Armee nicht glücklich. Nach den Grenzzwischenfällen auf dem Sinai letzte Woche waren sie besonders demoralisiert.“

Erklärungen des Weißen Hauses und des Pentagon legen nahe, dass die USA eng in Mursis Entscheidungen eingebunden waren.

Einen Tag nach Mursis Coup erklärte der Sprecher des Weißen Hauses, Jay Carney, gegenüber Reportern: „Wir hatten erwartet, dass Präsident Mursi bei der Ernennung eines neuen Verteidigungsteams mit dem Militär zusammenarbeiten werde. Im Interesse unserer zahlreichen gemeinsamen Interessen werden wir weiter mit den zivilen und militärischen Führern Ägyptens zusammenarbeiten. Insbesondere sind wir bereit, Mursi und dem Militär beim Kampf gegen Extremisten auf dem Sinai zu helfen.“

Die beiden Generale, die Tantawi und Anan ersetzen, sind enge Vertraute der USA. Der neue Generalstabschef, Sedky Sobhi, hat am United States Army War College in Pennsylvania studiert. Neuer Verteidigungsminister und starker Mann des Militärs ist Abdel Fattah El-Sisi, der frühere Chef des Militärgeheimdienstes. Er unterhält enge Beziehungen zu Mursi und den USA.

Medienberichten zufolge hat El-Sisi mit Mursi zusammengearbeitet. Angeblich traten sie vor einem Jahr in Kontakt und ihre Beziehungen intensivierten sich, als Mursi Vorsitzender der Freiheits- und Gerechtigkeitspartei wurde, dem politischen Arm der Muslimbruderschaft. Mursi soll El-Sisi sogar in dessen Büro getroffen haben.

Al Ahram Weekly zufolge „kommunizierte El-Sisi direkt mit dem Präsidenten und lieferte ihm Informationen darüber, was in Militärkreisen geplant war, die früher Ex-Präsident Hosni Mubarak gegenüber loyal waren und danach nur noch sich selbst Rechenschaft schuldeten. Dass diese Informationen von El-Sisi kamen, dem Mursi voll vertraut, war ein entscheidender Auslöser für den Beschluss des Präsidenten, zu handeln.“

El Sisi hat enge Beziehungen zu den USA und ihren internationalen und regionalen Bündnispartnern. Er erhielt seine militärische Ausbildung in Großbritannien und den USA und machte zwei Master-Abschlüsse am britischen Military College und einer amerikanischen Akademie. Vor seiner Amtszeit als militärischer Geheimdienstchef war er Militärattaché in Saudi-Arabien.

Das Pentagon war entzückt über El-Sisis Ernennung. US-Verteidigungsminister Leon Panetta sagte: „General El-Sisi hat seine unerschütterliche Entschlossenheit beteuert, die engen Beziehungen zwischen den USA und Ägypten auf militärischer Ebene fortzuführen, die mehr als dreißig Jahre lang ein echter Pfeiler der Stabilität im Nahen Osten waren.“

Panetta sagte, er habe El-Sisi am Telefon gesagt, „dass ich mich darauf freue, mit ihm die Zusammenarbeit fortzusetzen, die wir mit Ägypten in diesen Jahren gepflegt haben, und unsere gemeinsamen Ziele in der Region zu verfolgen.“

Die Übertragung der Macht vom SCAF auf Mursi fällt damit zusammen, dass die USA sich immer mehr auf islamistische Kräfte stützen, um ihre politischen und wirtschaftlichen Interessen im Nahen Osten durchzusetzen. Als Reaktion auf die Kämpfe in Tunesien und Ägypten wandte sich Mursi sunnitisch islamistischen Kräften zu, entweder in Gestalt marktwirtschaftlicher islamistischer Parteien, wie in Tunesien und Ägypten, oder in Gestalt extremistischer Terrorgruppen, wie in Libyen oder Syrien. Das Ziel war jeweils, Regimes zu stürzen, die Washington loswerden wollte.

Sobald Mursi sich seine diktatorischen Vollmachten verschafft hatte, erklärte er: „Jetzt ist es Zeit für das syrische Regime, zu gehen.” In Syrien führen die USA einen terroristischen Stellvertreterkrieg, um das Regime von Präsident al-Assad zu stürzen, der ein alawitischer Schiit und enger Verbündeter des schiitischen Iran ist.

Die alte ägyptische Militärführung mit ihrer säkularen Vergangenheit und ihren engen Bindungen zu Mubarak, hatte nicht so enge Beziehungen zur Muslimbruderschaft wie jüngere Offiziere und war daher politisch nicht mehr so gut gelitten. Tantawi ist bei den Massen als ein feloul (Überrest) des Mubarak-Regimes und wegen seiner Rolle bei der gewaltsamen Unterdrückung von Protesten nach Mubaraks Sturz verhasst. Demonstranten forderten bei Massenprotesten gegen die Militärherrschaft häufig seine Hinrichtung.

Aber die amerikanischen Vertreter und ihre neuen Verbündeten in der herrschenden Elite Ägyptens vergessen nicht die konterrevolutionären Dienste, die Tantawi und Anan dem Regime geleistet haben.

Carney lobte Tantawi „für seine Dienste, besonders in der extrem schwierigen Situation des Übergangs von Präsident Mubarak bis zu den Wahlen. Mursi verlieh Tantawi und Anan die höchsten Auszeichnungen des Staates, verabschiedete sie am vergangenen Dienstag in einer Feierstunde im Präsidentenpalast und ernannte sie zu seinen Beratern.

Tantawi und Anan akzeptierten ihre Absetzung und zumindest im Moment sieht es so aus, dass die Muslimbruderschaft und das Militär einen Kompromiss ausgehandelt haben.

Es ist bezeichnend, dass die Revolutionären Sozialisten (RS) die Übernahme der diktatorischen Vollmachten der Junta durch Präsident Mursi begrüßen. Am 14. August schrieben sie: „Heute hat Mohammed Mursi mehrere Entscheidungen verkündet, darunter die Aufhebung der Ergänzung zur Verfassungserklärung, und die Absetzung einiger Mitglieder des Militärrats, an ihrer Spitze Tantawi und Anan. Wir halten diese Entscheidungen für Errungenschaften der Revolution.“

Dieses Argument ist absurd. Mursi hat alle Vollmachten der Junta an sich gerissen und im Präsidentenpalast konzentriert. Der Präsident hat jetzt – zumindest auf dem Papier – mehr Macht als unter der Mubarak-Diktatur. Das stärkt nicht die Revolution, sondern ist ein Versuch der Herrschenden, den ägyptischen Staat in seiner Zusammenarbeit mit den USA zu stärken.

Mursi nutzt seine diktatorischen Vollmachten für die gleiche repressive Politik wie sein Vorgänger Mubarak. Salah Abdul Maksud, der neue Informationsminister der Bruderschaft, soll planen, fünfzig führende Herausgeber und Journalisten von ihren Posten zu entfernen. Der Herausgeber der unabhängigen Zeitung Al Dustur hat bereits eine Anzeige wegen Beleidigung des Präsidenten am Hals.

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Auf der Sinai-Halbinsel führt die Armee einen brutalen Feldzug gegen angebliche „Terroristen” und arbeitet dabei eng mit den USA und Israel zusammen. Sie geht gegen die Palästinenser im Gazastreifen vor, schließt den Grenzübergang Rafah und versiegelt Tunnel, die den Gazastreifen mit Ägypten verbinden.



Quelle:
wsws.org – geringfügig gekürzt

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