Wirtschaft Inland

Ein Danaergeschenk für die Opelaner

Hinweis: Die Bilder sind aus den archivierten Hintergrund-Texten vor 2022 automatisch entfernt worden.

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Unter Zeitdruck geht der General Motors-Deal in die nächste Runde –

Von REDAKTION, 17. Dezember 2009 –

Offensichtlich versucht der US-Autokonzern General Motors (GM) die Opel-Beschäftigten mit einer Aktienbeteiligung in Höhe von 5 Prozent zu ködern, damit sie den “Sanierungs”plänen – u.a. einem Lohnverzicht in Höhe von 265 Millionen Euro pro Jahr – nicht länger Widerstand entgegenbringen.

In Deutschland macht Opel-Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz Druck – leider aber nur hinsichtlich des Zeitplans: Die Weichen für die Zukunft des angeschlagenen Autobauers Opel müssen aus Sicht des Betriebsrates spätestens Mitte Februar 2010 gestellt sein. „Wir haben kein großes Zeitfenster. Ich würde sagen, wir haben nach Weihnachten maximal eineinhalb Monate Zeit, bis wir alles geregelt haben müssen. Ansonsten wird es in jeglicher Beziehung fatal“, erklärte Franz am Donnerstag vor Journalisten in Rüsselsheim. Zuvor hatte der Betriebsrat des spanischen Werkes in Saragossa Medienberichten zufolge die “GM-Offerte” bereits als “positiv” begrüßt.

“Was immer es ist, ich fürchte die Danaer, selbst wenn sie Geschenke bringen.” Das schrieb einst Vergil. Nun ist die von GM angebotene “Mitarbeiterbeteiligung” keinesfalls ein “Geschenk”, sondern ein Köder. Doch auch dieser ist vergiftet. Dennoch versuchen Huber, Franz und Konsorten die Arbeiter dazu zu bringen, diesen Köder zu schlucken. (1)

Die Restrukturierung der General Motors-Tochter Opel/Vauxhall kostet nach GM-Angaben rund 3,3 Milliarden Euro. Die Belegschaft soll sich über einen Lohnverzicht von jährlich 265 Millionen Euro an der Sanierung beteiligen. Der Betriebsrat ist prinzipiell zu Zugeständnissen bereit, hat diese aber an einen sogenannten „Forderungskatalog“ geknüpft. Darüber hinaus werden die genannten Sanierungsmilliarden von den Arbeitnehmervertretern als nicht ausreichend angesehen, um die Restrukturierung samt Abbau von mehr als 8.000 der 48.000 Stellen in Europa zu stemmen, und gleichzeitig die angestrebte Modelloffensive zu starten.

Oberstes Anliegen der Arbeitnehmervertreter ist die Umwandlung der Adam Opel GmbH in eine Aktiengesellschaft nach deutschen Recht mit Sitz in Rüsselsheim. „Das ist eine Voraussetzung für eine Einigung“, betonte Franz. Die bisherige Holding GM Europe müsse auch juristisch aufgelöst werden: „Was nutzt eine AG, wenn eine Holding darübergestülpt wird und der AG-Vorstand deshalb eine "lame duck" ("lahme Ente") wäre.“

Nach den Vorstellungen des Betriebsrates soll die Adam Opel AG vielmehr eine eigenständige Gesellschaft innerhalb des GM-Konzerns werden, parallel zu GM Nordamerika und GM International Operations, in der das GM-Geschäft im Rest der Welt organisiert ist. „Die Marke Opel/Vauxhall muss von hier global gesteuert werden“, forderte Franz, der auch stellvertretender Aufsichtsratschef bei Opel ist. Marktbeschränkungen dürfe es nicht mehr geben. Er gehe davon aus, dass diese Ziele erreicht werden könnten.

Das GM-Management hatte zuletzt auch in anderen Punkten „Entgegenkommen“ signalisiert. Inzwischen wurde schriftlich zugesagt, dass die Mitarbeiter für ihren Lohnverzicht wie vom Betriebsrat gefordert an Opel beteiligt werden. Die Höhe der Kapitalbeteiligung ist aber noch umstritten. Franz fordert 10 Prozent.(2)

Vor dem Hintergrund, dass Unternehmen die von ihnen verursachte kapitalistische Krise ausnutzen, um den Werktätigen immer mehr Zugeständnisse abzupressen, beweisen Faseleien von “Mitarbeiterbeteiligung” durch “Mitarbeiteraktien” entweder eine grenzenlose Naivität oder einen bewussten Betrug an den Arbeitern, kommentiert Klaus Wallmann bei randzone-online.

„Mitarbeiterbeteiligung ist ein wichtiges, vielleicht sogar ein wesentliches Element der Krisenbewältigung. Das Miteigentum zwingt die Beschäftigten in ein unternehmerisches Kalkül. Ich finde das gut”, erklärte Dr. Michael Jung, ein hochrangiger Spezialist für „Leadership und Organisation“ bei der McKinsey-Unternehmensberatung. McKinsey&Company, so nennt sich die – einst schon in den USA gegen Roosevelts New Deal agierende – 100.000-Mann-Armee von „Beratern“, die unter dem Kampfruf „Leute entlassen – Gewinne steigern“ in einen Vernichtungskrieg gegen jeden Sozialstaat gezogen ist. (3)

Die Tatsache, dass ein McKinsey-Mann „Mitarbeiterbeteiligung“ gut findet, müsste bei jedem ehrlichen, für die Interessen der Arbeiter und Angestellten eintretenden Betriebrat oder Gewerkschaftsführer alle Alarmglocken schrillen lassen. Nicht so bei Huber, Franz und Co.

“… zwingt die Beschäftigten in ein unternehmerisches Kalkül” – das heißt im Klartext: Die Arbeiter und Angestellten pressen ihre Arbeitskraft nun selbst noch stärker aus. Sie dürfen sich nun auch an ihrer eigenen Entlassung “beteiligen” – wobei diese Art von “Mitarbeiterbeteiligung” sowohl diese als auch die “Mitarbeit” gleich mit beendet. Die Arbeiter und Angestellten nehmen aus “unternehmerischem Kalkül” jede weitere Verschlechterung ihrer Arbeits- und Lebensbedingungen hin, damit nur ja die Firmeninhaber – zu denen sie ja nun auch irgendwie gehören – jede Krise überstehen. Sie alle sind auf einmal kleine “Kapitalisten”, die bekanntlich nur den Profit im Auge haben.

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“Mitarbeiterbeteiligung” per “Mitarbeiteraktien” ist lediglich ein weiteres Instrument der Unternehmer zur Steigerung der Ausbeutung. Und das Geld, das den Arbeitern abgeknöpft wird, stecken die wirklichen Kapitalisten dann in weitere Sanierungen, Rationalisierungen, Verlagerungen oder Firmenübernahmen. Wer der Dumme bei diesem Spiel ist, das liegt auf der Hand. (4)

1)    Klaus Wallmann sen. in GM/Opel: Vergifteter Köder bei www.randzone-online.de
2)    Dpa
3)    Otto Köhler in Ossietzky 5/2005 http://www.sopos.org/aufsaetze/42349c57d158f/1.phtml
4)    Klaus Wallmann sen. bei randzone-online (1)

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