Kriege

Krieg in der Ukraine

Hinweis: Die Bilder sind aus den archivierten Hintergrund-Texten vor 2022 automatisch entfernt worden.

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Brandstifter und Brandbeschleuniger – 

Ein Kommentar von WOLFGANG BITTNER, 1. September 2014 –

In der Ukraine herrscht blutiger Bürgerkrieg. Am 29. August 2014 geben die Vereinten Nationen bekannt, seit Mitte April 2014, dem Beginn der Kämpfe, seien bereits mehr als 2.800 Menschen zu Tode gekommen. In der Morgenzeitung lesen wir: „Schock im Westen: Putin schickt Soldaten in die Ukraine. NATO schlägt Alarm, Merkel droht mit schärferen Sanktionen gegen Russland.“

Ohne Befehl aus Moskau kämpfen Freiwillige aus Russland an der Seite der Ostukrainer, erklärt Alexander Sachartschenko. Er ist Ministerpräsident der selbstproklamierten Volksrepublik Donezk.

Nachdem schon lange über russische Militärpräsenz in der Ostukraine gemutmaßt und ohne Beweise dagegen protestiert wurde, ist zuerst von 4.000, dann von 1.000 russischen Soldaten die Rede, die angeblich an der Seite der Aufständischen an einer Offensive gegen die westukrainischen Truppen beteiligt sind. Der russische Präsident dementiert und fordert von der Kiewer Regierung eine sofortige Waffenruhe. Doch daran hat die Regierung Poroschenko/Jazenjuk kein Interesse, weil ein Zurückweichen ihre Position im eigenen Land schwächen könnte.

Wie immer in letzter Zeit werden fragwürdige Satellitenfotos gezeigt, die nach wie vor nicht beweisen, dass Russland Krieg führt. Sonst gäbe es mit Sicherheit größere Truppenbewegungen, die auf Satellitenbildern deutlich erkennbar wären, und nicht nur Vermutungen. Zu demselben Ergebnis kommt eine Beobachterkommission der OSZE, die bestätigt, es handele sich nicht um reguläre russische Soldaten auf ukrainischem Territorium. Das sagt in einem Interview auch der Separatistenführer Alexander Sachartschenko: Richtig sei, dass russische Freiwillige an der Seite der ostukrainischen Truppen kämpfen, jedoch ohne Befehl aus Moskau.

Dagegen erklärt Präsident Obama: „Russland hat absichtlich und wiederholt die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine verletzt.“ Das anhaltende russische Eindringen in die Ukraine werde „nur mehr Kosten und Konsequenzen für Russland haben“. Dies sei mit Bundeskanzlerin Merkel besprochen worden, und man sei sich einig gewesen, dass „die Gewalt von Russland angeheizt wird“.

Kiew und die NATO

Der Kiewer Präsident Poroschenko warnt Putin und spricht zum wiederholten Mal von einer russischen Invasion. Er fordert von der NATO militärische Unterstützung, die ihm der offensichtlich kriegslüsterne Generalsekretär Rasmussen gern gewähren würde, stünde nicht der Einsatz von Soldaten unter Parlamentsvorbehalt.

Rasmussen, der sich ständig einmischt und aufgrund von Gesprächen mit dem ukrainischen Ministerpräsidenten Jazenjuk – unter Überschreitung seiner Befugnisse – erneut einen Beitritt der Ukraine zur NATO in Aussicht stellt, erklärt: „Jedes Land hat das Recht, selbständig und ohne Einflussnahme von außen zu entscheiden.“ – der Gipfel an Dreistigkeit und Verlogenheit. Doch die NATO-Staaten sind nicht bereit, sich auf einen Krieg mit Russland einzulassen. Noch nicht?

Auch in den Nachrichten in Rundfunk und Fernsehen herrscht wieder scheinheilige Empörung. Die Kampagne geht weiter, die Situation spitzt sich immer mehr zu. Zeit-online berichtet: „Inmitten eines Streits um die Präsenz russischer Soldaten in der Ukraine hat Kremlchef Wladimir Putin die Offensive der Separatisten im Nachbarland als ‚Erfolg‘ bezeichnet.“ Er habe verlauten lassen, die Aufständischen würden damit die Militäroperation der ukrainischen Regierung abwehren, die viele friedliche Bürger das Leben gekostet hat. Das wird als Propaganda abgetan.

Nun ist sicherlich nicht von der Hand zu weisen, dass Russland indirekt in den Bürgerkrieg in der Ostukraine eingreift. Nach dem, was über das Vorgehen der westukrainischen Streitkräfte und die Machenschaften der USA bekannt wurde, ist das allerdings verständlich, der Vorwurf der Einmischung heuchlerisch. Die Politiker in den USA und Europa sollten sich daran erinnern, was unter der Regierung Kennedy geschah, als die Sowjets 1962 Mittelstreckenraketen auf Kuba stationieren wollten. Damals stand die Welt kurz vor einer Katastrophe, die nur abgewendet wurde, weil Chruschtschow den sowjetischen Flottenverband zurückbeorderte. Jetzt darf Russland zuschauen, wie es mit grenznahen Militärstützpunkten und Raketenstellungen eingekreist wird.

Putin zur NATO-Osterweiterung

Wladimir Putin auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2007 zur Osterweiterung der NATO: “Gegen wen richtet sich diese Erweiterung? Und was ist aus jenen Versicherungen geworden, die uns die westlichen Partner nach dem Zerfall des Warschauer Paktes gegeben haben?”

Dazu hat Wladimir Putin bereits am 10. Februar 2007 auf der Münchner Sicherheitskonferenz – zur Verärgerung der westlichen Politiker und Militärs – Stellung genommen, und es ist sinnvoll, sich diese Rede, die kaum Beachtung fand, in Erinnerung zu rufen. Putin sagte unter anderem:

„Ich denke, es ist offensichtlich, dass der Prozess der NATO-Erweiterung keinerlei Bezug zur Modernisierung der Allianz selbst oder zur Gewährleistung der Sicherheit in Europa hat. Im Gegenteil, das ist ein provozierender Faktor, der das Niveau des gegenseitigen Vertrauens senkt. Nun haben wir das Recht zu fragen: Gegen wen richtet sich diese Erweiterung? Und was ist aus jenen Versicherungen geworden, die uns die westlichen Partner nach dem Zerfall des Warschauer Paktes gegeben haben? Wo sind jetzt diese Erklärungen? An sie erinnert man sich nicht einmal mehr. Doch ich erlaube mir, vor diesem Auditorium daran zu erinnern, was gesagt wurde. Ich möchte ein Zitat von einem Auftritt des Generalsekretärs der NATO, Herrn Wörner, am 17. Mai 1990 in Brüssel bringen. Damals sagte er: ‚Schon der Fakt, dass wir bereit sind, die NATO-Streitkräfte nicht hinter den Grenzen der BRD zu stationieren, gibt der Sowjetunion feste Sicherheitsgarantien.‘ Wo sind diese Garantien?

Die Steine und Betonblocks der Berliner Mauer sind schon längst zu Souvenirs geworden. Aber man darf nicht vergessen, dass ihr Fall auch möglich wurde dank der historischen Wahl, auch unseres Volkes, des Volkes Russlands, eine Wahl zugunsten der Demokratie und Freiheit, der Offenheit und echten Partnerschaft mit allen Mitgliedern der großen europäischen Familie.

Jetzt versucht man, uns schon wieder neue Teilungslinien und Mauern aufzudrängen – wenn auch virtuelle, trotzdem trennende, die unseren gesamten Kontinent teilen. Soll es nun etwa wieder viele Jahre und Jahrzehnte dauern und den Wechsel von einigen Politiker-Generationen, um diese neuen Mauern zu ‚demontieren‘?“ (1) Weder die deutsche Bundeskanzlerin noch der amerikanische Präsident hielten es für nötig, sich darauf einzulassen.

„Regime Change“ und Propaganda

Victoria Nuland, EU-Beauftragte des US-Außenministers, plauderte im Dezember 2013 ungeniert mit Geoffrey Pyatt, US-Botschafter in Kiew: Washington habe das Szenario für die Zeit nach dem Staatsstreich bereits lange geplant und favorisierte den Oligarchen Arsenij Jazenjuk.

Die Verlogenheit der westlichen Politik wird sichtbar, wenn man die Chronologie der Ereignisse in der Ukraine seit der von den USA organisierten und finanzierten „Orangenen Revolution“ (2) im Jahre 2004 bis zur Maidan-Bewegung im Jahr 2014 betrachtet. Daraus erweist sich, dass die Ukraine nicht von Russland, sondern im Einvernehmen mit der EU von den USA destabilisiert wurde, was bereits im Dezember 2013 die EU-Beauftragten des US-Außenministers John Kerry, Victoria Nuland, in einem abgehörten Telefonat mit dem US-Botschafter in Kiew, Geoffrey Pyatt, zugegeben hat. (3) Washington plante das Szenario für die Zeit nach dem Staatsstreich bereits lange vorher und favorisierte seinen Günstling, den Oligarchen Arsenij Jazenjuk, der dann auch Ministerpräsident wurde. Nuland renommierte außerdem damit, dass die USA mehr als fünf Milliarden Dollar für den „Regime Change“ in der Ukraine investiert hätten. Das kam in den westlichen Medien kaum zur Sprache, stattdessen kaprizierte man sich auf Nulands Ausspruch „Fuck the EU“.

Die westlichen Medien überbieten sich in der Ukraine-Krise seit mehr als einem Jahr in Lügen, Gemeinheiten und – wo es ins Konzept passt – geheuchelter Anteilnahme und inszenierter Empörung. Wie ein solches Versagen auf ganzer Linie möglich ist wissen wir, seit bekannt wurde, dass nicht nur viele der führenden Politiker, sondern ebenso Journalisten in maßgeblichen Positionen Think Tanks und Vereinigungen angehören oder nahestehen, die von staatlichen Stellen, zum Beispiel dem US-Außenministerium, der CIA oder sonstigen interessierten Organisationen und Konzernen finanziert werden. Während die Brandstifter für die Ukraine-Krise in den USA und der EU zu suchen sind, haben die Medien die Rolle des Brandbeschleunigers übernommen.

Seit Februar 2014 sind in Kiew Aufständische an der Macht, die mit Unterstützung westlicher Geheimdienste eine gewählte ukrainische Regierung durch Putsch gestürzt haben. Regierungsmitglieder, hochrangige Militärs und Polizeibeamte gehören der rechtsextremen Swoboda-Partei an, deren Vorsitzender Oleg Tjagnibok 2004 dazu aufrief „Russensäue, Judenschweine und sonstiges Gesindel“ zu bekämpfen; er ist weiterhin Fraktionsvorsitzender seiner Partei im ukrainischen Parlament.

Bürgerkrieg

Diese Regierung führt seit April 2014 Krieg gegen die eigenen Landsleute, wobei Hunderte US-amerikanischer Söldner der Academi-Truppe (ehemals „Blackwater“) im Einsatz sein sollen. (4) Putin erinnert das Vorgehen des westukrainischen Militärs an die Taktik „der faschistischen deutschen Truppen in der Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg“: „Großstädte wurden eingekesselt und durch gezielten Beschuss zerstört, samt Einwohnern.“. (5) Er fordert Verhandlungen zwischen der Kiewer Regierung und den ostukrainischen Separatisten. Deren Verhalten könne er verstehen: „Der Sinn ihrer militärisch-humanitären Operation besteht darin, die ukrainische Artillerie und die Mehrfachraketenwerfer von den Großstädten zu verdrängen, damit sie nicht mehr friedliche Zivilisten töten können.“ Das Vorgehen Russlands im Fall der Krim verteidigt er mit den Worten: „Wir haben die Krim nicht annektiert, sondern geschützt. Sonst würde es dort jetzt so aussehen wie in der Ostukraine.“ Abgesehen davon, dass die Krim mit dem russischen Flottenstützpunkt von außerordentlicher militärstrategischer Bedeutung für Russland ist, mag Putin recht haben.

Litauens Präsidentin Dalia Grybauskaite fordert militärische Unterstützung des Westens für das Putschregime in Kiew.

Jetzt fordert die litauische Präsidentin Dalia Grybauskaite militärische Unterstützung des Westens für die Kiewer Regierung, der dabei geholfen werden müsse, ihr Territorium und ihre Bevölkerung zu schützen. Polens Präsident Bronislaw Komorowski warnt vor einem neuen „russischen Imperium“. Und zugleich planen die NATO-Staaten eine „Eingreiftruppe für Osteuropa“ mit 10.000 Soldaten unter britischer Führung. Das Handelsblatt titelt: „Krieg zwischen Russland und Westen reale Möglichkeit.“ Ein Experte für Sicherheitspolitik ist der Meinung, der Westen müsse, nachdem russische Truppen in der Ostukraine gesichtet wurden, „mit der notwendigen Entschlossenheit“ und mit einer Eingreiftruppe der NATO „auf die Eskalation in der Ukraine“ reagieren. Die Bild-Zeitung („Putin greift nach ‚Europa!“) fordert eine militärische Antwort, das heißt Krieg der „westlichen Allianz“ mit Russland: „Es steht für Eroberung. Es steht für Landgewinn. Es steht für Krieg.“

Versuch einer Analyse

Der ehemalige OSZE-Vizepräsident Willy Wimmer, der 33 Jahre dem Deutschen Bundestag angehörte, verteidigungspolitscher Sprecher der CDU/CSU sowie Parlamentarischer Staatssekretär im Verteidigungsministerium war, analysiert die Situation wie folgt: „Sollte es gelingen, die Ukraine derart den USA dienstbar zu machen, wird es einen kompletten Riegel unter US-Kontrolle zwischen dem Baltikum über Polen und die Ukraine zum Schwarzen Meer geben. Ein amerikanisches Ziel, das auf dem NATO-Gipfel in Riga 2006 schon einmal angesteuert worden ist. Da dieser amerikanische Vorstoß am Widerstand der Europäer seinerzeit gescheitert ist, hat jetzt Washington die Daumenschrauben gegenüber den unbotmäßigen Europäern angesetzt. Dann eben Totalkontrolle über die Ukraine ohne die Europäer.“ (6)

“Das Drehbuch liegt in Washington.” Willy Wimmer, ehemaliger OSZE-Vizepräsident, ist sich sicher, „dass jeder europäische Lösungsversuch der Ukraine-Krise durch den ukrainischen Präsidenten und seine Master in Washington hintertrieben wird“.

Wimmer führt weiter aus, „dass jeder europäische Lösungsversuch der Ukraine-Krise durch den ukrainischen Präsidenten und seine Master in Washington hintertrieben wird“. Das „Drehbuch“ liege in Washington. Mit den Massenmorden auf dem Maidan-Platz sei eine „Lunte für etwas Größeres bewusst gelegt“ worden. Wimmer: „Dabei spielte es für den Westen und hier vor allem für die grenzenlos willfährige ‚Qualitätspresse‘ keine Rolle, aufzuklären, wer die Menschen auf dem Platz erschossen hat, um dem Umsturz die ‚Krone‘ aufzusetzen. Bislang konnten die Opfer solcher Massaker davon ausgehen, dass der Westen um ihrer selbst willen die Täter anklagte. Heute ist gewiss, dass westliches Handeln eine Frage der Opportunität ist. Das nennt man gemeinhin ‚moralische Verkommenheit‘. In Kiew und in der Frage, wer sich dort allgemein westlicher Unterstützung erfreut, kann sehr gut festgestellt werden, wie wenig von einer ehemals stolzen ’westlichen Wertegemeinschaft‘ übrig geblieben ist.“ Und Wimmer fährt fort: „Das Vorgehen des ukrainischen Machthabers Poroschenko gegenüber dem Osten seines eigenen Landes und vor allem der dort lebenden Bevölkerung hat nichts mehr von dem an sich, wie Schwierigkeiten im eigenen Land beigelegt oder angegangen werden können. Das ist Krieg gegen die eigene Bevölkerung und das mit einer angeblich aus dem Boden gestampften ‚Nationalgarde‘, die aus den faschistischen Gruppen, vor allem aus der Westukraine, geschaffen worden ist … Europa sollte sich schämen, diesen Gestalten auch nur den Schimmer eines Verständnisses zukommen zu lassen.“ (7)

Victoria Nuland hat ausgesprochen, wie in der US-Regierung über Westeuropa gedacht wird: „Fuck the EU!“. Dazu der CDU-Politiker Wimmer: „Wir Westeuropäer sollten uns nichts vormachen. Wir werden zum ‚Europäer-Gebiet’, wenn noch vor dem vom Spiegel in Aussicht gestellten Ende der Kanzlerschaft Merkel die Vereinigten Staaten uns das ‚Transatlantische Freihandelsabkommen‘ aufoktroyiert haben werden. Es sind nicht die Chlor–Hähnchen, die unser Schicksal besiegeln werden. Das werden die Schiedsgerichte im Interesse der US-Anwaltsfabriken sein, die den Resten der parlamentarischen Demokratie in unseren Staaten den Garaus machen werden.“ (8)

Wimmer erinnert daran, dass Willy Brandt Deutschland einmal mehr Demokratie in Aussicht stellte. Stattdessen, so konstatiert er, „werden wir seit Jahren von oben nach unten regiert“. Und er fährt fort: „…die eigenen deutschen Entscheidungsmöglichkeiten sind im Moloch Brüsseler Lobbyinteressen verschwunden. Das, was vom europäischen demokratischen System noch übrig geblieben ist, soll jetzt dem Überfall amerikanischer Schiedsgerichte zur Aushebelung unserer Regierungen und Parlamente standhalten? … Nach dem von den Streitkräften in Auslandseinsätzen gefürchteten „friendly fire“, bei dem man Opfer der eigenen Waffenwirkung wird, kommt jetzt offenbar das System der „friendly occupation“ zur Vollendung der genannten Ziele.“ (9)

USA und Europa

In der Tat ist zu registrieren, dass die USA seit der Auflösung der Sowjetunion überall in der Welt eine aggressive Politik der Zerstörung staatlicher Strukturen und der wirtschaftlichen Okkupation betreiben. Auch deutet vieles darauf hin, dass ihnen nicht an einem wirtschaftlich starken, friedlichen Europa liegt. Wimmer weist zu Recht darauf hin, dass amerikanische Globalkonzerne „mit gefüllten Kriegskassen“ dabei sind, das von der europäischen Industrie aufzukaufen, was bisher noch nicht im Bestand der USA ist. „Amerikanisches Gedankengut und Einfluss, wohin man auch den Blick schweifen lässt“, schreibt er. Berlin sei den Amerikanern in jeglicher Hinsicht zu Diensten. Dass Wimmer recht hat, lässt sich leider auch unter einer schwarz-roten Regierung beobachten.

Barack Obama hat zwar verlauten lassen, die US-Regierung werde sich künftig weniger um die Weltpolitik als vielmehr um die eignen Belange kümmern, aber zu befürchten ist, dass diese Belange und Interessen weit über die USA hinausreichen – das beweist sich ständig aufs Neue. Nach dem, was wir den Kommuniqués entnehmen, werden Länder, die sich nicht den Forderungen der USA beugen, insbesondere wenn sie über bestimmte Ressourcen verfügen, weiterhin erpresst, bedroht und gegebenenfalls militärisch bekämpft werden. Kiew – so war schon in Washingtoner Regierungskreisen zu vernehmen – sei sozusagen die Generalprobe für Moskau, also für einen „Regime Change“ in Russland. (10) Demnach wäre das Ziel der Destabilisierungspolitik in der Ukraine die Unterwerfung Russlands unter die Vorherrschaft der USA und die Öffnung des Landes für die Interessen der westlichen Begehrlichkeit.

Die massive Gegenwehr der Aufständischen aus der Ostukraine scheint die USA und ihre Kiewer Marionettenregierung zu überraschen. Bemerkenswert ist die kürzliche Aussage Barack Obamas, die USA würden nicht militärisch eingreifen, weil die Ukraine kein NATO-Mitglied ist.“ (11) Dementsprechend titelt die Süddeutsche Zeitung: „Aussichtsloser Kampf um den verlorenen Osten.“ Die Schlussfolgerung lautet: „Trotz Putins Lippenbekenntnis zu einem Friedensplan müssen sich die Ukraine und die Welt damit abfinden, dass der Donbass nicht unter die Kontrolle von Kiew zurückkehren wird.“ (12)

Diese Einschätzung kommt der Realität wohl am nächsten. Denn viele der westlichen Politiker und Diplomaten erklären, sie seien ratlos. Dann aber heißt es zumeist: Klar sei, dass sich Putin nicht mit einer demokratischen, prowestlichen und prosperierenden Ukraine anfreunden könne. Unklar sei jedoch das Endziel Putins.

Dass Moskau von vornherein nur auf das aggressive Vorgehen des Westens und der Marionettenregierung in Kiew reagiert haben könnte, wird gar nicht erst erwogen. Ebenso wenig wird berücksichtigt, dass Poroschenko und Jazenjuk – statt zu verhandeln – durch ihren massiven, völkerrechtswidrigen Militäreinsatz in der Ostukraine viele Städte zerstört haben, so dass ein sehr weiter Weg zurückzulegen sein wird, bis es zu einer „prosperierenden Ukraine“ kommen kann. Dafür wird es Aufbauhilfen geben müssen. Von wem? Von uns.

Anzeichen von Ernüchterung

Putin hat angekündigt, einen weiteren Konvoi mit Hilfsgütern in die vom Krieg heimgesuchte Ostukraine zu schicken, wo die Menschen ihre Existenzen verloren haben. Es wird wieder Auseinandersetzungen darum geben, wie auch um die Truppenverstärkungen an den Grenzen. Eine Endlosschleife. Focus-online meldet: „Trotz Warnungen des Westens hat Russland Kampfflugzeuge in Weißrussland stationiert“, und über der Krim sei offenbar eine US-Überwachungsdrohne abgefangen worden. Von Panzerangriffen wird berichtet.

Ob sich die US-Regierung, die mit mehreren von ihr verursachten Krisen und Kriegen zu tun hat, wegen der Ukraine auf einen heißen Krieg mit Russland einlassen wird, ist nach den jüngsten Aussagen Obamas zu bezweifeln. Es scheint so, als würde es Washington vorerst genügen, Russland durch einen neuen „Eisernen Vorhang“ von Westeuropa getrennt zu haben. Eine Tragik sondergleichen.

Die Menschen in Deutschland fragen sich, ob die „westliche Allianz“ ihre Sanktionspolitik weiterführen wird, bis die europäische Wirtschaft noch mehr einbricht und bis Russland kein Gas mehr liefert, wenn nicht schon vorher Poroschenko den Gashahn an der Pipeline zudreht. Europa wurde ein neuer Krieg beschert und ein bleibender Krisenherd, einerlei wie es in der Ukraine nach Beendigung der Kampfhandlungen letztlich weitergeht.

Immerhin sind im Westen Anzeichen von Ernüchterung zu spüren. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel hat angeregt, den ostukrainischen Separatisten das Angebot einer Föderalisierung des Landes zu unterbreiten, was den Forderungen aus Moskau entgegenkommt. Zu hoffen ist, dass Deutschland und seine europäischen Nachbarn aus der völlig verfahrenen, unsinnigen und brandgefährlichen Konfrontation mit Russland herausfinden und möglicherweise Vorstellungen einer eigenständigen Politik entwickeln.

Der Autor: Wolfgang Bittner ist Jurist und Schriftsteller. Zuletzt erschien sein politischer Roman „Hellers allmähliche Heimkehr“ (Rezension von Thomas Wagner).

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Anmerkungen:
(1) http://www.ag-friedensforschung.de/themen/Sicherheitskonferenz/2007-putin-dt.html.
(2) https://www.freitag.de/autoren/hans-springstein/5-milliarden-dollar-fuer-den-staatsstreich
(3) http://www.nachdenkseiten.de/?p=20781#more-20781
(4) http://www.spiegel.de/politik/ausland/ukraine-krise-400-us-soeldner-von-academi-kaempfen-gegen-separatisten-a-968745.html
(5) http://www.spiegel.de/politik/ausland/ukraine-putin-vergleicht-ukrainische-armee-mit-wehrmacht-a-988827.html
(6) http://www.nachdenkseiten.de/?p=22379
(7) Wimmer, ebenda
(8) Wimmer, ebenda
(9) Wimmer, ebenda
(10) http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=20079
(11) http://www.spiegel.de/politik/ausland/usa-praesident-obama-gegen-beteiligung-von-us-militaer-in-ukraine-krise-a-988705.html
(12) http://www.sueddeutsche.de/politik/krise-in-der-ukraine-aussichtsloser-kampf-um-den-verlorene-osten-1.2105459

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