92 Tote in Oslo: Rettung vor "Marxismus und Islamisierung" – Täter ist rechtsradikaler christlicher Fundamentalist

(24.07.2011/dpa)

Der norwegische Attentäter hat die beiden Anschläge von Oslo und auf der Insel Utøya mit bislang mindestens 92 Toten gestanden. Er habe Europa vor „Marxismus und Islamisierung“ retten wollen.

Oslo Ättentäter
Als Täter wurde der 32-jährige Anders B. verhaftet.
Breivik in Uniform
B. liebt Uniformen und martialische Auftritte …
Breivik mit Waffe
… mit Waffen.

Der norwegische Attentäter Anders B. hat seine Anschläge mit mindestens 92 Toten bei Verhören als „grausam, aber notwendig“ bezeichnet. Kurz vor der Bombenexplosion im Osloer Regierungsviertel und dem Massaker in einem sozialdemokratischen Jugendferienlager hatte er in einem 1.500 Seiten starken „Manifest“ Terroraktionen zur „Rettung Europas vor dem Kulturmarxismus und der Islamisierung“ angekündigt, berichtete der TV-Sender NRK in Oslo.

Nach Angaben der britischen Daily Mail ist Anders B. Mitglied der norwegischen Johannes-Freimaurerloge St. Olaus til de tre Søiler, er liebt Waffen und prahlte online über seine Kontakte zur English Defence League, einer rechtsradikalen pro-israelischen/pro-zionistischen Organisation. (1)

Nach seiner Festnahme wurde er in der norwegischen Boulevardzeitung Verdens Gang als Konservativer und Nationalist beschrieben, außerdem als antimuslimisch. Nach Vermutung des Fahndungschefs Øystein Mæland habe „der Mann […] wohl eine rechtsextreme, christlich-fundamentalistische Haltung“. Seit 2009 soll B. auch im schwedischen Neonazi-Forum nordisk.nu aktiv gewesen sein.  (2)

Der Verteidiger des 32-Jährigen, Geir Lippestad, sagte am Sonntag im Sender TV2, die Äußerungen des Attentäters in dem mehrstündigen Polizeiverhör seien zum Teil unverständlich gewesen. „Es ist ausgesprochen schwer für mich, eine vernünftige Zusammenfassung von dem zu geben, was er in dem Verhör gesagt hat.“

Der Attentäter hatte am Samstag die Täterschaft bei beiden Anschlägen zugegeben. Er will sie allein ausgeführt haben. Am Freitag hatte er im Osloer Zentrum erst eine Autobombe explodieren lassen, die mindestens sieben Menschen tötete. Danach fuhr er zum 40 Kilometer entfernten Tyrifjord, setzte als Polizist verkleidet auf die kleine Insel Utøya über und erschoss mit zwei legal erworbenen Waffen mindestens 85 Menschen in einem Ferienlager der sozialdemokratischen Jugendorganisation AUF.

Das Massaker dauerte anderthalb Stunden, ehe B. sich freiwillig Antiterrorspezialisten der Polizei ergab. Sein Anwalt Lippestad meinte zu den Verhören in TV2: „Man hat ihm das unglaubliche Ausmaß des Schadens und die Zahl der Toten erklärt. Seine Reaktion war, dass er die Ausführung der Tötungen als grausam, aber in seinem Kopf als notwendig erachtete.“

Aussagen des Norwegers zu seinem Motiv für die beiden furchtbaren Anschläge wollte der Anwalt nicht öffentlich wiedergeben, ehe er sie nicht noch einmal genau durchdacht habe. Wenige Stunden vor dem ersten Anschlag hatte der Attentäter an mehrere Adressaten als Mail sein „Manifest“ mit dem Titel „2083. A European Declaration of Indepence“ („2083. Eine europäische Unabhängigkeitserklärung“) verschickt.

Darin behauptet B., er spreche im Namen des „National Resistance Movements of Western Europe“. Bis zum 1. Januar 2020 sollen alle europäischen Regierungen vor dieser nationalistischen Front kapitulieren und eine Reihe von Bedingungen erfüllen.

Er fordert die Einrichtung nationaler Tribunale und die Abschaffung der Herrschaftsformen. Kein europäischer Staat, auch nicht Norwegen, sei demokratisch. Marxisten und Multikulturalisten seien in Politik und Medien dominierend. Die Europäische Union (EU) müsse abgeschafft werden, ein patriotisches Militär in den einzelnen Ländern müsse geschaffen werden, alle Muslime müssten in das Land ihrer Herkunft deportiert werden, eine europäische Geburtenrate eingeführt werden.

Nur der gewaltsame Widerstand, der bewaffnete Kampf, könne die Europäer retten: „Gewalt ist die Mutter des Wandels“. Zu diesem Zweck müssten militärische Zellen nach Vorbild der Tempelritter aufgebaut werden, um Marxisten und Multikulturalisten zu bekämpfen. (3)

Diese Ritter seien dann verpflichtet, teils grausame Taten auszuführen. „Wir wollen das nicht tun, aber man lässt uns keine andere Wahl“, so B. in seinem totalitären Wahn. Sollte man sich entschieden haben, loszuschlagen, sei es „besser zu viele zu töten als zu wenige“.

Dem norwegischen Geheimdienst PST soll der nach dem Massaker auf der Insel Utøya festgenommene Anders B. bis zu den Anschlägen völlig unbekannt gewesen sein. Das berichteten die Zeitungen VG und Dagbladet unter Berufung auf mehrere Quellen. Der 32-Jährige hatte unter anderem auf einem Hof in der Nähe von Oslo sechs Tonnen Kunstdünger zur Herstellung von Sprengstoff gelagert.

(1) http://www.dailymail.co.uk/news/article-2017851/Norway-attacks-gunman-Anders-Behring-Breivik-right-wing-extremist-hated-Muslims.html
(2) http://de.wikipedia.org/wiki/Anders_Behring_Breivik
(3) http://www.welt.de/vermischtes/article13504232/Terrorist-veroeffentlicht-vor-der-Tat-Manifest.html

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