Internationale Presseschau 29.9.2022

China und die deutsche Krise | Russland und die neuen Sanktionen | Taliban verhandeln mit Moskau

Abschaltung gestoppt: Atomkraftwerk Isar. Auch in China interessiert sich die Presse für das deutsche Energie-Tohuwabohu.
©E.ON Kernkraft GmbH, Mehr Infos

CHINA DAILY

Deutschland wird zwei seiner verbleibenden drei Kernkraftwerke nicht abschalten

Die Welt nimmt regen Anteil an der deutschen Energiekrise. So widmet CHINA DAILY der Lage in Deutschland einen Artikel und nimmt Bezug auf Wirtschaftsminister Robert Habeck. Der hatte gegenüber Reportern in Berlin geäußert, dass zwei Reaktoren im Süden des Landes bis April weiterlaufen werden, um die Energieversorgung für den Winter zu sichern.

Laut Habeck sei der Schritt notwendig, um mögliche Stromausfälle zu vermeiden. Gleichzeitig verwies er auf Engpässe bei den Stromlieferungen aus Frankreich, da mehr als die Hälfte der französischen Kernkraftwerke wegen Reparaturen vom genommen Netz seien, zitiert CHINA DAILY eine Meldung von DW News.

In Bezug auf die deutschen AKW sei vereinbart, dass die Betreiber „jetzt alle Vorbereitungen treffen, damit die süddeutschen Kernkraftwerke im Winter und über das Jahresende hinaus Strom produzieren können, natürlich unter Einhaltung der Sicherheitsvorschriften“.

Auch den Guardian zitiert das chinesische Blatt in seinem Bericht. Deutschland wolle die reduzierten Lieferungen aus Frankreich mit Strom aus eigenen Gaskraftwerken ausgleichen und dabei jedoch Gas verwenden, das das Land für seinen Winterbedarf zu speichern versucht, stellt die britische Tageszeitung fest.

Seit dem Ausbruch des Konflikts zwischen Russland und der Ukraine ist Deutschland auf der Suche nach alternativen Energiequellen. Am Sonntag unterzeichnete Deutschlands größter Energieversorger RWE ein Abkommen mit der Abu Dhabi National Oil Company über die Lieferung von Flüssigerdgas (LNG) bis Ende Dezember.

Früher lieferte Russland bis zu 40 Prozent der Gaslieferungen in die Europäische Union, in Deutschland waren es sogar 55 Prozent. Die Gaspreise haben sich in Europa mehr als verdoppelt, da die russischen Lieferungen zurückgegangen sind, berichtet die chinesische Tageszeitung.

 

Iswestija

EU schnürt achtes Sanktionspaket gegen Russland

Die Europäische Kommission hat ihren neuen Entwurf für ein Maßnahmenpaket gegen Moskau bekannt gegeben, das insbesondere die Möglichkeit einer Deckelung der russischen Ölpreise vorsieht. Experten sind jedoch überzeugt, dass die europäischen Staaten aufgrund ihrer unterschiedlichen wirtschaftlichen Interessen miteinander verhandeln müssen, schreibt Iswestija.

Abgesehen von der Deckelung des Ölpreises plant Brüssel auch Beschränkungen für die Ausfuhr von EU-Technologien, die in der Rüstungsindustrie verwendet werden können, darunter Luftfahrtausrüstung, elektronische Komponenten und spezielle chemische Stoffe.

Der erste stellvertretende Vorsitzende des Energieausschusses der Staatsduma, Igor Ananskikh, glaubt, dass es keine globalen Probleme bei der Umleitung des Exports von Erdölprodukten geben wird. „Man muss verstehen, dass es eine große Rezession geben wird. Die Ölpreise werden in die Höhe schießen, weil Russland einer der größten Lieferanten von Öl und Ölprodukten auf dem Weltmarkt ist. Was die Konsequenzen angeht, die wir zu spüren bekommen werden, wird es objektiv gesehen logistische Probleme geben. Es wurden jedoch bereits Lösungen gefunden“, betonte der Politiker. Ihm zufolge wird es möglich sein, Zahlungen über befreundete Länder zu tätigen. Außerdem werden wahrscheinlich auch westliche Unternehmen unter „fremder Flagge“ arbeiten und versuchen, ihre Einnahmen zu sichern. Dies sei jedoch ein weiterer Schlag gegen einen Markt, der auf Monopolisierung basiere, betonte Ananskikh.

„Der Westen betrachtet die jüngsten Referenden und die anschließende Eingliederung der neuen Regionen in die Russische Föderation als einen sehr ernsten Schritt, der die Lösung des Konflikts verzögert. Der Westen wird sich zweifellos weigern, das Ergebnis der Abstimmung anzuerkennen, und alles wird sich nach dem Krim-Szenario abspielen, allerdings auf eine härtere Art und Weise“, so Andrej Kortunow, Generaldirektor des russischen Rates für internationale Angelegenheiten. Es wird für die EU immer schwieriger, ständig neue Sanktionspakete zu verabschieden, da alle Maßnahmen, die der europäischen Wirtschaft keinen großen Schaden zufügen, bereits ergriffen wurden, so der Experte.

 

Nesawissimaja Gaseta

Russland und Afghanistan wollen Isolation durchbrechen

Die in Russland verbotene Taliban-Bewegung kündigte vorläufige Vereinbarungen mit Moskau über Energie- und Agrarexporte nach Afghanistan an. Westliche Medien bezeichneten die Vereinbarungen als das größte internationale Wirtschaftsabkommen, das die Taliban seit ihrer Machtübernahme im Jahr 2021 abgeschlossen haben, schreibt Nesawissimaja Gaseta.

Nach Angaben des amtierenden Ministers für Handel und Industrie in der Taliban-Regierung, Nuriddin Azizi, geht es bei dem Abkommen um die Einfuhr von russischem Benzin, Dieselkraftstoff, Gas und Weizen. Das Abkommen stand im Mittelpunkt der Gespräche, die eine afghanische Verhandlungsgruppe seit mehreren Wochen geführt hatte. Es wurde davon ausgegangen, dass die Taliban die russischen Exporte im Austauschhandel bezahlen würden, da Versuche, die von den USA eingefrorenen Guthaben der afghanischen Zentralbank zurückzubekommen, gescheitert waren.

Omar Nessar, Wissenschaftler am Institut für Orientalische Studien der Russischen Akademie der Wissenschaften und Direktor des Zentrums für zeitgenössische afghanische Studien, wies darauf hin, dass die Taliban mit dem Exportgeschäft mit Russland eine bestimmte politische Botschaft senden wollten. „Es ist ein Signal sowohl für die afghanische Öffentlichkeit als auch für die Weltöffentlichkeit“, so der Nessar. Seiner Meinung nach lässt die Tatsache, dass es sich um ein Abkommen auf Probe handelt, Raum für eine Änderung der Position. Deshalb, führt er fort, sei die Situation im Zusammenhang mit dem Abkommen mehr von politischen als von wirtschaftlichen Aspekten geprägt.

Quellen:

CHINA DAILY

TASS

 

 

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