Deutschland

Der Fall Oury Jalloh

Am 7. Januar 2005 verbrannte Oury Jalloh in einer Polizeizelle in Dessau. Behauptet wurde, Jalloh soll sich selbst angezündet haben. Seit damals existieren Zweifel an der Selbstmordtheorie. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wurde der Asylbewerber Jalloh getötet.

Dies soll aus Ermittlungsakten zu dem Fall hervorgehen, die dem ARD-Magazin MONITOR vorliegen. Wie der WDR mitteilte, will die Staatsanwaltschaft Halle die Ermittlungen dennoch einstellen. „Mehrere Sachverständige aus den Bereichen Brandschutz, Medizin und Chemie kommen laut der Unterlagen zu dem Schluss, dass ein Tod durch Fremdeinwirkung wahrscheinlicher sei als die lange von den Ermittlungsbehörden verfolgte These einer Selbstanzündung durch den Mann aus Sierra Leone“, so das ARD-Magazin.

Wie MONITOR berichtete, gehe sogar der langjährige Ermittler der Staatsanwaltschaft Dessau, der leitende Oberstaatsanwalt Folker Bittmann, bislang ein Verfechter der Selbsttötungs-Theorie, von einem begründeten Mordverdacht aus. Die Anwältin der Familie Jalloh, Gabriele Heinecke, erklärte gegenüber dem Magazin: „Angesichts der neuen Erkenntnisse ist die drohende Einstellung des Verfahrens ein Skandal.“ „Die Anwältin der Familie hat gegen die Einstellung Beschwerde eingelegt und wird angesichts der neuen Erkenntnisse Strafanzeige erstatten“, so das Magazin.
Die „Internationale Liga für Menschenrechte“ unterstützt eine Online-Petition von Mouctar Bah, ein enger Freund von Jalloh mit dem Ziel, endlich Gerechtigkeit für seinen Freund zu erreichen. Die Petition ist auf change.org eingestellt.

Rolf Gössner, Liga-Vorstandsmitglied, erklärt in einer Pressemitteilung: „In dem Petitionsschreiben wird eine rückhaltlose Aufklärung dieses grausamen Todes in ‚Obhut‘ der Polizei gefordert. Es geht um die Verhinderung einer endgültigen Einstellung des Verfahrens gegen die Polizei und es geht darum, die involvierten Dessauer Polizeibeamten endlich zur Verantwortung zu ziehen. Denn aufgrund neuer Brandversuche und Gutachten wird immer deutlicher, dass die bisherige offizielle Behauptung, der an Händen und Füßen gefesselte Oury Jalloh habe sich im Polizeigewahrsam selbst angezündet und verbrannt, nicht mehr haltbar ist. Stattdessen gibt es einen begründeten Mordverdacht.“

Das Petitionsschreiben soll an die Staatsanwaltschaft Halle, die Justizministerin Sachsen-Anhalts sowie an den Bundesjustizminister Heiko Maas geschickt werden. Die Liga fordert „angesichts des systematischen Vertuschungen in diesem Fall sowie angesichts der bisherigen einseitigen und zweifelhaften staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsarbeit, eine/n unabhängige/n Sonderermittler/in mit der Aufklärung zu betrauen und parallel eine unabhängige internationale Untersuchungskommission einzurichten“.

Die innenpolitische Sprecherin der Landtagsfraktion Die Linke im Landtag von Sachsen-Anhalt, Henriette Quade, erklärte: „Die Forderung nach einer unabhängigen internationalen Untersuchungskommission für den Fall und die Verfahren Oury Jalloh ist dringlicher denn je.“

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