Kurzmeldungen 01.01. - 30.06.2009

EU-Vertrag: Entscheidung beim Bundesverfassungsgericht – Auflagen für Ratifizierung

(30.06.2009/rn)

"Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat heute entschieden, dass das Zustimmungsgesetz zum Vertrag von Lissabon mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Dagegen verstößt das Gesetz über die Ausweitung und Stärkung der Rechte des Bundestages und des Bundesrates in Angelegenheiten der Europäischen Union insoweit gegen Art. 38 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 23 Abs. 1 GG, als Bundestag und Bundesrat im Rahmen von europäischen Rechtssetzungs- und Vertragsänderungsverfahren keine hinreichenden Beteiligungsrechte eingeräumt wurden. Die Ratifikationsurkunde der Bundesrepublik Deutschland zum Vertrag von Lissabon darf solange nicht hinterlegt werden, wie die von Verfassungs wegen erforderliche gesetzliche Ausgestaltung der parlamentarischen Beteiligungsrechte nicht in Kraft getreten ist. " (1)

„Mit seinem Urteil hat das Bundesverfassunggericht signalisiert, dass es wie die große Mehrheit der Bürger ein gemeinsame Europa will“, so Gerald Häfner, Vorstandssprecher von Mehr Demokratie. „Zugleich legen die Verfassungsrichter den Finger in die Wunde der europäischen Integration: Das Zusammenwachsen Europas darf nicht auf Kosten der Demokratie und der Beteiligungsrechte der Bürger gehen.“ Aus dem Europa der Regierungen müsse nun so bald wie möglich ein Europa der Bürgerinnen und Bürger werden.

Auch in einem gemeinsamen Europa müsse der Grundsatz „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus“ gelten. „Noch haben in Europa die Bürger viel zu wenig und die Regierungen eher zu viel zu sagen“, erklärt Häfner weiter. „Solange das noch so ist, verlangt das höchste deutsche Gericht vom Bundestag als Vertretung des deutschen Volkes eine weit stärkere Kontrolle und Beteiligung an der europäischen Gesetzgebung als bisher. Denn die Rechte der Bürger dürfen nicht in ein demokratisches Loch fallen.“ (2)

Als enttäuschend aber nicht unerwartet hat die Europaabgeordnete der Linken, Sabine Wils, die heutige Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über den Lissabonner Vertrag bewertet.

Hätte das Bundesverfassungsgericht sein Urteil zum Vertrag von Maastricht aus dem Jahr 1993 zum Maßstab für seine heutige Entscheidung gemacht, so hätte es der Klage der Bundestagsfraktion der LINKEN stattgeben müssen, so Wils. Damals hatte das Gericht als Bedingung für den Fortgang der europäischen Integration u. a. formuliert: "Entscheidend ist, dass die demokratischen Grundlagen der Union schritthaltend mit der Integration ausgebaut werden (…)." Das Europäische Parlament sollte nach dem Gericht "zunehmend" die Aufgabe der "Vermittlung demokratischer Legitimation" erhalten. Doch durch den Vertrag von Lissabon wird das Europäische Parlament kaum gestärkt. So behält der Rat weiterhin viele Kompetenzen, die einem Parlament vorbehalten sind, etwa die Entscheidung über die Einnahmen der EU. Das Parlament hat weiterhin kein Initiativrecht und es darf nicht den Präsidenten der Kommission frei wählen, denn auch in Zukunft kann es nur über einen zuvor im Rat ausgewählten Kandidaten abstimmen. Die gewählten Europaabgeordneten sind daher nicht in der Lage, dem europäischen Integrationsprozess die nötige Legitimation zu verschaffen.

Als einen Fortschritt bezeichnete es Wils, dass das Gericht der Bundesregierung eine Reihe von weitreichenden Auflagen auferlegt hat. "Wir begrüßen ausdrücklich, dass nach dem Bundesverfassungsgericht zukünftig der Bundestag stärker an EU-Entscheidungen beteiligt werden muss." Positiv sei darüber hinaus, dass die Ratifizierung zunächst gestoppt wurde.

Das Schicksal des Lissabonner Vertrags ist mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts noch ungewisser als bisher. So besteht die gute Chance, dass der Vertrag in Irland ein zweites Mal dort in einem Referendum scheitert. (3)

Quellen:

(1) http://www.bundesverfassungsgericht.de/pressemitteilungen/bvg09-072

(2) http://www.mehr-demokratie.de/752.html?&tx_ttnews[tt_news]=5350&tx_ttnews [backPid]=276&cHash=8ce1f6597b

(3) http://www.dielinke-europa.eu/positionen_dokumente/presseerklaerungen/ detail/zurueck/pressemeldungen/artikel/ein-ja-aber/


Teheran: Agenten und Infiltranten

(30.06.2009/JCK)

Brent Scowcroft, ehemaliger nationaler Sicherheitsberater der US-Regierung sowie Berater der Ex-Präsidenten Gerald Ford und George Bush senior, klärte am vergangenen Mittwoch Josh Rushing, Reporter des Fernsehsenders Al Jazeera, auf, dass die Vereinigten Staaten „selbstverständlich“ Agenten in Iran haben. Aber es sei nicht klar, ob sie der oppositionellen Protestbewegung, die seit den Präsidentschaftswahlen vom 12. Juni 2009 in Gang gekommen war, entgegenarbeiten: „Sie könnten das tun. Wer weiß? Aber das ist weit entfernt von einer Unterstützung der Demonstranten gegen die kombinierte Macht von Revolutionärer Garde, Milizen und der Polizei, die bislang vollständig einheitlich agieren.“

Wenigstens 19 Menschen wurden in den wochenlangen Krawallen nach der Präsidentschaftswahl getötet. Iranische Sicherheitsbeamte, insbesondere die Freiwilligen-Miliz Basidschi, wurden von Oppositionsanhängern und dem Westen nachgerade beschuldigt, für die Morde verantwortlich zu sein. Hossein Taeb, Kommandant der Basidschi, erklärte hierzu am Montag, so meldete die Nachrichtenagentur ISNA, „es sei eine Bande von Randalierern identifiziert und arretiert worden, die Polizei- oder Basidschi-Uniform trugen, um Unruhen anzuheizen und Sabotageaktionen zu verüben.“ Die hätten sich unter die Demonstranten gemischt und Kundgebungen infiltriert. Taeb stellte klar, dass während der jüngsten Unruhen auch acht (reguläre) Mitglieder der Basidschi getötet und 300 weitere verletzt worden seien. „Basidschi-Kräfte sind nicht berechtigt, Waffen zu tragen, bewaffnete Gruppen“ trügen die Hauptschuld an den Tötungen, so der Kommandant.

Auch Teherans Polizeichef Azizallah Rajabzadeh erklärte, seine Abteilung spielte keine Rolle in den Schießereien, die im Mittelpunkt der westlichen Berichterstattung standen: „Polizisten sind nicht berechtigt, Waffen gegen die Menschen einzusetzen. Sie sind darauf trainiert, lediglich Anti-Krawall-Equipment einzusetzen, um die Menschen aus der Gefährdung herauszubringen“, sagte er gegenüber Press TV.


Telefonüberwachung, Peilsender und Wanzen: Das neue hessische Polizeigesetz

(24.06.2009/rn)

Als einen „ausgewogenen Entwurf, der die praktische Arbeit der Polizei weiter verbessert und gleichzeitig die Bürgerrechte schützt” bezeichnete heute Hessens Innenminister Volker Bouffier den Entwurf der Fraktionen von CDU und FPD zur Änderung des Hessischen Gesetzes über die Öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG). „Die Befugnisse der Polizei müssen im Sinne der Sicherheit unseres Landes den aktuellen Erfordernissen angepasst werden, das sind wir den Bürgern schuldig”, betonte der Minister.

Wichtig ist dem Minister dabei, dass auch für die sogenannten Quellen – Telekommunikationsüberwachung eine rechtliche Grundlage geschaffen worden ist. „Wer heutzutage die Kommunikation von Kriminellen und Terroristen überwachen will, muss auch die Telefonie über das Internet ins Visier nehmen”, sagte Bouffier in Wiesbaden.

Darüberhinaus wurde bei der von den Koalitionspartnern vereinbarten Anpassung des Gesetzes auch für weitere wichtige Instrumente der Sicherheitsbehörden die rechtliche Grundlage der aktuellen Rechtsprechung angepasst. Dazu zählen der Einsatz der Kennzeichenlesegeräte, der künftig in Hessen wieder genehmigt werden kann, ebenso wie die Möglichkeit, Wohnungen zu betreten, um beispielsweise Peilsender anzubringen.

„Wir wollen die Polizei rechtlich so ausstatten, dass sie die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land gewährleisten kann”, so Bouffier weiter. So nimmt bei der Quellen-Telekommunikationsüberwachung – kurz Quellen-TKÜ – die Polizei Telefonate über das Internet in den Fokus. „Diese Telefonate werden automatisch über die Software verschlüsselt”, so der Minister. Deshalb müssten die Gesprächsinhalte vor dem Eingreifen der Software abgehört werden – an der Quelle, also bei der Eingabe in die Tastatur oder beim Sprechen ins Mikrofon. „Die Verschlüsselungsmethoden dieser unzähligen Programme zu überwinden, wäre dagegen nicht zielführend”, erklärte Bouffier. Er betonte, dass dieser Eingriff keine neue Überwachungsmöglichkeit der Polizei sei, sondern vielmehr eine Anpassung der bisherigen Befugnisse an aktuelle Kommunikationsmöglichkeiten sei.

In die aktuellen Überlegungen zur HSOG-Novelle seien die Erkenntnisse aus den Ermittlungen gegen Terroristen, etwa aus den Erkenntnissen der Anschläge in Madrid, aber auch aus den Erfahrungen rund um die Aktivitäten der so genannten Sauerlandgruppe eingeflossen, berichtet Cop2Cop, ein neues Internetprojekt, das die neuesten Meldungen zu allen Themen der Inneren Sicherheit aus Sicht der Polizei reportiert. Aus diesem Grund – so Cop2Cop weiter – sollen auch die Betretensrechte angepasst werden. Zum Zwecke der Gefahrenabwehr kann es erforderlich sein, Gebäude zu betreten, um technische Mittel wie Peilsender anzubringen. „Das wird mit richterlicher Zustimmung möglich sein, wenn andernfalls die polizeiliche Aufgabenerfüllung wesentlich erschwert wäre”, so der Minister. Diese Befugnis gelte nicht nur im Zusammenhang mit der Wohnraumüberwachung, sondern erlaubt zum Beispiel auch das verdeckte Anbringen technischer Mittel an Fahrzeugen, die in einer Garage stehen.

Insgesamt zeigte sich der Innenminister zufrieden mit dem vorgelegten Gesetzentwurf. „Das hessische Polizeigesetz gilt bundesweit als eins der modernsten. Wir haben es jetzt fortentwickelt , um den Bürgern mehr Sicherheit zu geben.” (1)

Ganz anders beurteilen Kritiker die Maßnahme. "Der Gesetzentwurf von CDU und FDP ist entgegen der eigenen Behauptungen nicht das mordernste sondern eines der schärfsten Polizeigesetze der Bundesländer", erklärt Jürgen Frömmrich, der innenpolitische Sprecher der GRÜNEN in Hessen. Während die Partei selbst schon mit einem schwarz-grünen Bündnis nach der Bundestagswahl liebäugelt, gibt sich Frömming wortradikal: "Die geplanten Neuregelungen zu Kennzeichenlesegeräten, zu Telekommunikationsüberwachung bis hin zum Eindringen in Wohnungen ist nach unserer Auffassung und nach erster Durchsicht des Entwurfs nicht mit den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes zum Kernbereichsschutz und zum Recht auf informationelle Selbstbestimmung zu vereinbaren. Der Entwurf von CDU und FDP schränkt die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger massiv ein." (2)

Die wichtigsten Eckpunkte der Novellierung hat die CDU-Fraktion im Hessischen Landtag auf ihrer Web-Seite veröffentlicht. (3)

(1) http://www.cop2cop.de/2009/06/23/polizeigesetz-kennzeichenlesegerate-und-peilsender-bald-moglich/

(2) http://www.pressrelations.de/new/standard/result_main.cfm?aktion=jour_pm&comefrom=scan&r=372744

(3) http://www.cdu-fraktion-hessen.de/fraktion_home/details.cfm?nr=7454


Gerichtsurteil: Lehman-Geschädigter bekommt Schadenersatz von Hamburger Sparkasse

(23.06.2009/dpa/rn)

Mit Applaus wurde das Urteil im Gerichtssaal aufgenommen, der Kläger allerdings freute sich still: Einem 64 Jahre alten Käufer von Zertifikaten der insolventen US-Investmentbank Lehman Brothers hat das Hamburger Landgericht 10.000 Euro Schadenersatz zugesprochen. Damit stärkte das Gericht bundesweit die Hoffnungen geschädigter Anleger.

Die Hamburger Sparkasse (Haspa) habe den Kläger Bernd Krupsky beim Verkauf von Lehman-Anleihen in der entsprechenden Höhe im Dezember 2006 falsch beraten, sagte der Vorsitzende Richter Martin Tonner am Dienstag zur Begründung seines mit Spannung erwarteten Urteils. Die Bank habe es versäumt, den Anleger über "alle das Produkt betreffenden, wesentlichen Umstände" aufzuklären.

Vor allem auf zwei Versäumnisse der Bank ging Tonner ein: Die Haspa habe Krupsky damals verschwiegen, dass die Zertifikate nicht der deutschen Einlagensicherung unterlagen. Zwar habe auch die Bank zum damaligen Zeitpunkt nicht ahnen können, dass Lehman knapp zwei Jahre später im September 2008 spektakulär in die Pleite rutschen sollte und damit alle Anleihen faktisch wertlos wurden. Auf das Risiko fehlender Einlagensicherung aber hätte sie hinweisen müssen. Außerdem habe die Haspa nicht hinreichend deutlich gemacht, selbst ein "wirtschaftliches Eigeninteresse" an dem Geschäft zu haben, betonte der Jurist.

Erleichtert reagierten der Kläger und sein Anwalt Ulrich Husack nach dem Urteil. Er habe nicht unbedingt mit einem Sieg vor Gericht gerechnet, bekannte Krupsky. "Ich bin glücklich und gleichzeitig ein bisschen überrascht", sagte der frühere Lehrer. Er hoffe, dass andere geschädigte Anleger nun "Mut schöpfen", betonte Husack. Zugleich wies er darauf hin, dass das Urteil kein Präzedenzfall sei. Andere Banken hätten Anleihen nach anderen Systemen verkauft. Auch Gerichtssprecherin Sabine Westphalen äußerte sich zurückhaltend über die Signalwirkung: "Maßgebend ist in jedem Prozess die jeweilige Fallkonstellation."

Die Sparkasse kritisierte das Urteil scharf und kündigte umgehend an, Berufung einzulegen. Man beobachte bei der rechtlichen Aufarbeitung der Folgen der Lehman-Pleite die Tendenz, dass Richter das Anlagerisiko rückwirkend vollständig auf die Kreditinstitute verlagerten, ließ Haspa-Privatkundenvorstand Reinhard Klein in einer Pressemitteilung erklären. Gegen eine nachgelagerte Zurechnung von Beratungspflichten werde man sich wehren. "Wir sind optimistisch, dass die Situation in der nächsten Instanz neu bewertet wird."

Nach Haspa-Angaben sind etwa 3.700 ihrer Kunden von der Lehman- Insolvenz betroffen. Rund 1.000 davon hat die Bank auf freiwilliger Basis entschädigt. Auch andere Institute wie die Frankfurter Sparkasse und die Citi-Bank haben freiwillige Ausgleichszahlungen an Kunden angekündigt. Die Zahl der Lehman-Geschädigten in Deutschland schätzen Experten auf 30.000 bis 50.000. In vielen Städten sind derzeit Klagen geschädigter Anleger anhängig.

In der Urteilsbegründung monierte der Richter, die Haspa habe Krupsky über die Gewinnmarge im Unklaren gelassen, die sie selbst bei dem Geschäft kassierte. Zudem habe die Bank verschwiegen, dass die Lehman-Anleihen aus einem Paket stammten, das sie bei Lehman bestellt hatte und nur mit Abschlägen hätte zurückgeben können. "Diese Interessenlage begründet in besonderer Weise eine Aufklärungspflicht", betonte der Jurist. Dabei berief er sich auch auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH). Dieser habe erst am 12. Mai in einem Urteil bekräftigt, Banken müssten verdeckte Provisionen darlegen. Dieser Grundsatz sei auch auf den vorliegenden Lehman-Fall übertragbar, sagte Tonner.

Schon während des Verfahrens, das im März begonnen hatte, ließ der Richter durchblicken, dass er eine Verletzung der Beratungspflicht der Haspa annehme. Zugleich hatte er aber bezweifelt, ob Krupsky nachweisen könne, dass er auf den Kauf der Anleihen im Fall vollständiger Information tatsächlich verzichtet hätte. Dieser Punkt ist rechtlich mitentscheidend. Unter Verweis auf das BGH-Urteil vom Mai entschied er nun, dass für den Kläger zunächst die "Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens" spreche. Diese hätte die Sparkasse widerlegen müssen.


Kissinger hält Intervention im Iran nicht für ausgeschlossen

(22.06.2009/bbc/rn)

In einem BBC-Interview am 18. Juni sprach Henry Kissinger über die Außenpolitik Amerikas. Im Iran wollen die USA nicht in die aktuelle Situation eingreifen, aber sollte der Umsturz misslingen und eine Regierung auf ‚populärer Basis’ nicht installiert werden können, dann „werden wir vielleicht beschließen, dass wir von außen an einem Regimewechsel im Iran arbeiten müssen“.

Die USA und ihr Geheimdienst zogen bereits 1953 beim Sturz des damaligen linksorientierten und demokratisch gewählten Präsidenten Mohammad Mossadegh die Fäden im Iran, als sie in einem blutigen Umsturz Schah Reza Pahlevi auf den Thron hoben.
Quelle: bbc Interview

http://news.bbc.co.uk/2/hi/programmes/newsnight/8107256.stm


Polizist zieht Waffe bei Demonstration

(22.06.2009/sueddeutsche.de/rn)

Am Sonnabend, den 19. Juni, hatte das linke Bündnis "Squat Tempelhof" (Besetzt Tempelhof) im Rahmen der „Berliner Aktionswochen“ dazu aufgerufen, das rund vier Quadratmeter große Gelände des stillgelegten Flughafens zu besetzen, um die Fläche für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die Polizei setzte Reizgas ein und fuhr Wasserwerfer auf. Ein Zivilfahnder zog seine Waffe, als er bei der Festnahme eines Verdächtigen nach Darstellung der Polizei von mehreren Aktivisten bedroht wurde. Ein Schuss fiel nicht. Insgesamt nahm die Polizei 102 Demonstranten fest.


FDP-Spitzenkandidatin Silvana Koch-Mehrin: Wähler entschieden sich bei EU-Wahl für Arbeitsscheue

(08.06.2009/dpa/rn)

"Arbeit muss sich wieder lohnen" ist ein Slogan der FDP. Für die Europa-Spitzenkandidatin der Partei lohnt sich die Arbeit in Straßburg und Brüssel ganz besonders. Silvana Koch-Mehrins Anwesenheit bei der EU hat Seltensheitswert und trotzdem kassiert sie kräftig.

Nicht nur der Vorsitzende der CDU/CSU-Abgeordneten im Europaparlament, Werner Langen, kritisierte ihren Arbeitsstil: «Tatsache ist, dass Frau Koch-Mehrin im Europaparlament mit Abwesenheit und Arbeitsscheu glänzt». Auch Markus Ferber, Spitzenkandidat der CSU für die Europawahlen, sagte: «Ich bin wie Frau Koch-Mehrin im Haushalts- und im Haushaltskontrollausschuss; da war sie fast nie da.»

Koch-Mehrin nahm nach eigenen Angaben an 75 Prozent der Parlamentssitzungen teil. «Da gibt es überhaupt nichts zu verheimlichen», sagte sie dem Fernsehsender N24 und im ZDF- «Morgenmagazin». Zunächst waren Berechnungen aus ihrer eigenen Fraktion in Straßburg aufgetaucht, nach denen Koch-Mehrins Anwesenheitsquote angeblich bei nur 40 Prozent lag. Diese Angaben wurden später mit Hinweis auf offizielle Präsenzlisten des Europaparlaments auf 62 Prozent korrigiert.

Bei der «Frankfurter Allgemeine Zeitung», die als erste über die skandalöse Arbeitsauffassung von Koch-Mehrin berichtete , versuchte die FDP-Frau per einstweiliger Verfügung die Veröffentlichung der Zahlen zu verhindern. Allerdngs ist es ihr "auch mit der juristischen Keule (…) nicht gelungen, die journalistische Arbeit zu behindern". Die Pressekammer des Hamburger Landgerichts hob inzwischen diese Verfügung wieder auf. Und so darf die FAZ weiter offizielle Protokolle des Parlaments, die von Fraktionsmitarbeitern der Europäischen Volkspartei und der Europäischen Demokraten (EVP-ED) erstellt wurden, zitieren. Danach schneidet Koch -Mahrin als Arbeitsverweigerin ab. „Im Haushaltsausschuss des Europäischen Parlaments hat sie vier von fünf Sitzungstagen geschwänzt, im Haushaltskontrollausschuss sogar neun von zehn Sitzungstagen."

FDP-Chef Westerwelle verteidigt Koch-Mehrin und beteuert, seine Partei werde sich auch künftig dafür einsetzen, dass Familie und Beruf miteinander vereinbart werden könnten.

Denn "trotz der Belastung als Abgeordnete und dreifache Mutter hat Frau Koch-Mehrin zwischen 2005 und 2008 für ‘Beiträge und Vorträge’ Nebeneinkünfte in Höhe von 81.400 Euro erzielt. Entsprechende, von ihr unterzeichnete Erklärungen sind im Parlament öffentlich einzusehen. Auf ihrer Internetseite sowie auf der offiziellen Parlamentswebseite der Abgeordneten ist hingegen nur der Eintrag für 2008 (insgesamt 14.000 Euro) aufgeführt. Wer auf ihrer persönlichen Homepage auf die Links zu den Informationen über frühere Jahre klickt, erntet einen Widerspruch: ‘Seite nicht gefunden’.“

Quellen: FAZ/dpa

http://www.faz.net/s/Rub4D092B53EEAA4A45A7708962A9AD06AF/Doc~EAF23FE848FB 342629F84718A76687EEC~ATpl~Ecommon~Scontent.html


Neue Terrorvideo-Kampagne von SITE und Springer

(06.06.2009/Hintergrund)

Seit Freitag, den 5. Juni, läuft eine neue Terrorvideo-Kampagne, die eine für den laufenden „Sauerlandbomber“-Prozess
dringend benötigte Verbindung zwischen Al-Qaida, der so genannten Djihad-Union und der Sauerland-Gruppe nachliefern soll.
In dem Video, wieder von der ominösen Organisation SITE aus den USA lanciert, wurde abermals Eric Breininger als
Protagonist bemüht. In der Printberichterstattung läuft die Kampagne zunächst schwerpunktmäßig auf den Kanälen des Springer-Konzerns, zum Beispiel „Die Welt“ und „Berliner Morgenpost“, mit Querverweisen durch die „Bild-Zeitung“.


GM-Gläubiger lehnen Schuldenkompromiss ab

(27.05.2009/swissinfo)

Der ums Überleben kämpfende Opel-Mutterkonzern General Motors (GM) ist mit seinem Angebot an die Gläubiger zum Schuldenverzicht gescheitert. Damit gilt ein baldiger Insolvenzantrag des grössten US-Autobauers als kaum mehr vermeidbar.

Die Zustimmung unter den mehreren zehntausend Kreditgebern sei bei weitem niedriger gewesen als zur Annahme nötig, teilte GM am Mittwoch am Konzernsitz in Detroit (Michigan) mit. Der Hersteller steht bei den Gläubigern mit rund 27 Milliarden Dollar in der Kreide und bot ihnen zuletzt im Tausch zehn Prozent am Konzern an.

Ein Nein der Kreditgeber hatte auch Wettbewerber Chrysler vor rund vier Wochen in die Insolvenz als letzte Chance zur Sanierung getrieben. An diesem Montag läuft ein Ultimatum von US-Präsident Barack Obama für einen tragfähigen GM-Rettungsplan ab.

Spätestens dann wird nun der Gang in die Insolvenz mit Gläubigerschutz erwartet. Ein solches Verfahren wäre laut Experten das bisher bei weitem komplizierteste und in seiner Art grösste in der US-Geschichte.

Zur Rettung soll GM in der Insolvenz nach übereinstimmenden US-Medienberichten zu rund 70 Prozent vom Staat übernommen werden. Die US-Regierung werde dabei weitere Hilfen von rund 50 Milliarden Dollar (36 Mrd Euro) in den Hersteller pumpen nach bereits fast 20 Milliarden Dollar an bisher gestellten Krediten./fd/DP/fn


Kabinett verabschiedet weitere Milliardenverschuldung

(27.05.2009/dpa/rn)

Die Bundesregierung hat den zweiten Nachtragsetat für dieses Jahr mit weiteren Milliarden-Krediten gegen die Krise gebilligt. Der am Mittwoch vom Kabinett beschlossene Entwurf von Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) sieht eine Rekord- Neuverschuldung von 47,6 Milliarden Euro vor – 10,7 Milliarden Euro mehr als bislang veranschlagt. Damit sollen die dramatisch wegbrechenden Steuereinnahmen und deutliche Mehrkosten vor allem für den Arbeitsmarkt und die Sozialkassen in Folge der Wirtschafts- und Finanzkrise aufgefangen werden.

Das gesamte Ausmaß der Neuverschuldung des Bundes wird damit allerdings noch nicht abgebildet. Es kommen noch weitere Milliardenlasten für das zweite Konjunkturpaket und die Banken-Hilfen hinzu. Auch die Kosten für die jüngsten Steuerentlastungen für Bauern und Unternehmen sind in dem Kabinettsentwurf noch nicht enthalten.

Der Umfang neuer Schulden könnte in diesem Jahr somit auf bis zu 80 Milliarden Euro steigen. Die Opposition geht sogar von 100 Milliarden Euro aus. Wie viele Schulden der Bund tatsächlich machen wird, ist wegen des unsicheren weiteren Verlaufs der Krise und wegen des Ausmaßes staatlicher Hilfen nicht absehbar.

Steinbrück ließ offen, wie groß das Defizit am Ende sein könnte. «Das weiß keiner, weil die Folgen aus der Finanzmarktkrise erst am Schluss abgerechnet werden», sagte er im ARD-«Morgenmagazin». Dann erst werde sich zeigen, ob die staatlichen Garantien fällig werden oder nicht. Die neuen Schulden ergeben sich vor allem wegen der Steuerausfälle und Mehrausgaben für Langzeitarbeitslose.

Die bisher höchste Nettokreditaufnahme des Bundes gab es mit rund 40 Milliarden Euro im Jahr 1996 unter dem damaligen Finanzminister Theo Waigel (CSU). Die nun geplante Neuverschuldung übersteigt die geplanten Investitionen von rund 32,8 Milliarden Euro um etwa 14,8 Milliarden Euro. Das sei zur Überwindung der «ernsthaften und nachhaltigen» Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts zulässig, heißt es im Entwurf.

Neben der im Nachtragsetat ausgewiesenen Nettokreditaufnahme schlägt die Kreditaufnahme des Bundes im Rahmen der Sondervermögens «Finanzmarktstabilisierungsfonds» und «Investitions- und Tilgungsfonds» zu Buche. Daher wird die Neuverschuldung den jetzt ausgewiesenen Betrag noch deutlich übersteigen. Das Finanzministerium hatte die für 2009 zu erwartende Gesamtverschuldung des Bundes vor Wochen bereits auf 70 bis 80 Milliarden Euro beziffert.


Willkommen im Überwachungsstaat: Knappes Votum für biometrische Pässe in der Schweiz

(18.05.2009/standard/apa/rn)

Hauchdünn haben die Schweizer am Sonntag die Einführung biometrischer Pässe bei einer Volksabstimmung gutgeheißen. Die Schweizer Presse sieht im äußerst knappen Resultat mit gerade einmal 50,14 Prozent Ja- Stimmen starke datenschutztechnische Bedenken in der Bevölkerung. Die Fingerabdrücke der Passinhaber sollen in einer zentralen Datenbank gespeichert werden.

Wirksam schürten die befürwortenden Parteien Angst vor einer eingeschränkten Reisefreiheit in der Bevölkerung, falls kein Referendum für die neuen Reisedokumente zustande käme. Dass diese hätte eingeschränkt werden sollen, stand dabei nie wirklich zur Diskussion.

Tatsache ist, dass ein elektronischer Pass die Forderung des Vertrags von Schengen ist, zu dem seit Ende 2008 auch das Nicht-Eu-Land Schweiz gehört. Ab März 2010 soll der neue Pass nun eingeführt werden.

Die Mehrheit der 26 Schweizer Kantone stimmte Nein gegen die biometrischen Pässe. Weil es sich jedoch um ein Referendum handelte, zählten nur die tatsächlichen Stimmen.


Patentantrag: Chip zur Überwachung und Tötung von Menschen

(18.05.2009/dpa/rn)

Ein saudi-arabischer Erfinder hat beim Deutschen Patentamt in München ein Patent zur Überwachung und Tötung von Menschen per implantiertem Chip beantragt. Eine Sprecherin der Behörde sagte dazu, die Erteilung eines Patents sei in diesem Fall ausgeschlossen. Patente auf Erfindungen, die gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung verstoßen, würden nicht erteilt.

Immerhin wurde der Antrag des Erfinders auf der Homepage des Patentamts veröffentlicht, das sage jedoch nichts über eine Erteilung eines Patents aus. Patentanträge müssten nach 18 Monaten veröffentlicht werden, der Mann hatte seinen Antrag am 30. Oktober 2007 gestellt. Jeder könne beim Münchener Patentamt einen Antrag einreichen, hieß es weiter.

Dem Patentantrag zufolge soll der Chip chirurgisch oder per Injektion in den Körper gebracht werden. Neben einem Modell A, das nur zur Überwachung dienen soll, gebe es ein Modell B, das als zusätzliches Element über eine «Strafkammer» verfüge. Diese könne mit einem giftigen Mittel wie zum Beispiel Cyanid gefüllt werden, das vom Körper isoliert werde, «außer wenn wir diese Person aus Sicherheitsgründen eliminieren wollen, dann wird dieses Mittel in seinen Körper durch Fernsteuerung über die Satelliten freigesetzt».

Der Antragsteller begründet seinen Antrag mit Sicherheitsproblemen.


SPD lehnt eine Verfassungsänderung zur Piratenbekämpfung ab – wie lange noch?

(11.05.2009/dpa/rn)

Noch stößt die Union mit ihrer Forderung, der Bundeswehr im Anti- Piraten-Kampf über eine Grundgesetzänderung mehr Befugnisse zu geben, beim Koalitionspartner SPD auf Widerstand. Der SPD- Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz lehnt eine Verfassungsänderung strikt ab. «Ich wüsste nicht, warum wir eine Grundgesetzänderung bräuchten», sagte er im Gespräch mit «Handelsblatt.com». Es sei staats- und völkerrechtlich völlig unproblematisch, dass die Bundeswehr Piraten bekämpfe und auch Geiseln befreie. «Es wird mit der SPD definitiv in dieser Wahlperiode keine Verfassungsänderung geben.» Ob die SPD an der bestehenden Verfassung auch in Zukunft bei einer eventuellen zweiten Großen Koalition nach der Wahl im September festhalten wird, erläuterte Wiefelspütz nicht.

Bundesinnenminister Schäuble will die Trennung von Militär und Polizei weiter aufweichen

Bundeskanzlerin Merkel und Innenminister Schäuble hatten am Wochenende dafür plädiert, zur wirksameren Bekämpfung von Piraten die Befugnisse der Bundeswehr durch eine Grundgesetzänderung zu erweitern. Laut Gesetz sei die Polizeieinheit GSG 9 für Einsätze zur Befreiung von Geiseln auf gekaperten Schiffen zuständig, sagte Schäuble der «Bild am Sonntag». «Aber eigentlich ist das eine Aufgabe für die Bundeswehr. Dafür müssen wir ihr aber auch die rechtlichen Grundlagen durch eine Grundgesetzänderung geben.»

Merkel sagte am Sonntag in der ARD: Bei solchen Auslandseinsätzen gebe es immer «sehr enge Berührungspunkte» von Polizei- und Bundeswehraufgaben. «Die Auslandseinsätze zeigen, dass man das nicht so schnell trennen kann wie wir uns das gerne wünschen. Deshalb plädiere ich für eine solche Grundgesetzänderung genauso wie der Bundesinnenminister.»


General Motors will von der Bundesregierung Geld für Opelsanierung

(06.05.2009/dpa/rn)

Der US-Autobauer General Motors (GM) setzt auf rasche Finanzhilfen der Bundesregierung für seine deutsche Tochter Opel. Es bestehe ein dringender Kapitalbedarf für das Europa-Geschäft rund um Opel, sagte GM-Chef Fritz Henderson am Montag in Detroit bei einer Telefonkonferenz. «Wir brauchen die Unterstützung.»

GM werde die Investorensuche für Opel eng mit der Bundesregierung abstimmen, sagte Henderson. Der Partner müsse für sie annehmbar sein. Ziel sei ein Abschluss der Verhandlungen noch in diesem Monat. GM habe seine Bereitschaft signalisiert, einen Minderheitsanteil zu behalten.

Bei einer Pleite von GM könnten auch Konzerntöchter außerhalb der USA Insolvenz anmelden müssen, warnte Henderson zugleich. Derzeit gehe GM davon aus, dass dies «Land für Land» zu entscheiden sei. Die drohende Insolvenz sei inzwischen wegen des Zeitdrucks für GM noch wahrscheinlicher, sagte Henderson.

Der jüngste Sanierungsplan von GM sieht eine mehrheitliche Verstaatlichung vor, weiterer Großaktionär soll die Gewerkschaft UAW werden. In einem neuen Verwaltungsrat, der bis Sommer komplett sein soll, würden beide ihre Vertreter bekommen, so die Zeitung.

Für den Plan benötigt GM aber unter anderem noch eine Einigung mit seinen Gläubigern. Ihnen bietet der Konzern einen Anteil von zehn Prozent für einen massiven Schuldenverzicht. Die Offerte werde nicht nachgebessert, betonte Henderson erneut.


Über 100 Zivilisten bei US-Angriff in Afghanistan getötet – Lafontaine fordert Abzug der Bundeswehr

(06.05.2009/dpa/rn)

Bei US-Luftangriffen in der südwestafghanischen Provinz Farah sind nach Informationen afghanischer Abgeordneter aus der Region über 100 Zivilisten getötet worden. «Nach Berichten, die wir heute im Parlament von örtlichen Anwohnern und Provinzbeamten bekommen haben, wurden mehr als 100 Dorfbewohner getötet, darunter Frauen und Kinder», sagte der Parlamentarier Mohammad Musa Nasrat am Mittwoch. Sein Kollege Obaidullah Hilali sagte, die Zahl der bislang mehr als 100 zivilen Opfer könne ansteigen, weil weiterhin Menschen unter den Trümmern bombardierter Häuser lägen. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) bestätigte den Tod von Zivilisten.

«Unser Team ist am Dienstagnachmittag in die Dörfer gegangen und hat Dutzende Leichen gesehen, darunter Frauen und Kinder», sagte IKRK-Sprecherin Jessica Barry in Kabul. Unter den Opfern seien ein Helfer des Roten Halbmonds, des IKRK-Partners in Afghanistan, und 13 seiner Familienangehörigen.

Der afghanische Präsident Hamid Karsai, der zur Zeit zu einem Besuch in den USA ist, ordnete von dort aus eine Untersuchung an. Karsai nannte die zivilen Opfer nach Angaben seines Palastes in Kabul «nicht zu rechtfertigen und inakzeptabel». Er kündigte an, das Thema bei seinem Treffen mit US-Präsident Barack Obama am Mittwochabend zur Sprache zu bringen. Eine gemeinsame amerikanische und afghanische Untersuchungskommission habe sich auf den Weg nach Farah gemacht. Eine Erklärung für das grausame Massaker ist – man erinnert sich an die Überfälle der IDF zum Jahreswechsel in Gaza – schnell zur Hand: Die Taliban hätten sich in den Häusern der Anwohner verschanzt und sie so zu einem lebenden Schutzschirm machen wollen. Beweise dafür sind die US-Angreifer bisher schuldig geblieben.

In Deutschland hat der Vorsitzende der Linksfraktion, Oskar Lafontaine, angesichts der Opfer bei US-Luftangriffen den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan gefordert. «Die Bundeswehr muss Afghanistan verlassen. Sie darf sich nicht an einem Krieg, bei dem viele unschuldige Menschen ermordet werden, weiter beteiligen», heißt es in einer am Mittwoch in Berlin veröffentlichten Pressemitteilung.


Militärmanöver in Georgien – Der Ton zwischen NATO und Russland wird rauher

(06.05.2009/rn)

In Georgien hat heute – neun Monate nach dem Südkaukasus-Krieg – ein NATO-Manöver begonnen, das bereits im Vorfeld zu Kontroversen und scharfen Protesten aus Russland führte. An der Aktion nahe Tiflis nehmen 1300 Soldaten aus 19 Staaten, NATO-Mitglieder sowie Nicht-Mitglieder, teil. Die ersten rund 200 Teilnehmer hätten am Vormittag auf dem Militärstützpunkt Wasiani bei Tiflis Posten bezogen, teilte das georgische Verteidigungsministerium mit. Laut NATO-Angaben werden bei der Übung weder Waffen noch Kriegstechnik und kein einziger Panzer zum Einsatz kommen. Die Allianz hatte das Manöver als "Geste der Solidarität" mit Georgien bezeichnet. Russland ist strikt gegen das Manöver und sieht es als offene Provokation an, dass der Westen im verfeindeten Georgien mit militärischem Equipment auftrumpft.

Das Verhältnis zwischen der NATO und Russland hat sich in den vergangenen Wochen sichtlich verschlechtert: Die NATO hatte zwei russische Diplomaten der Spionage beschuldigt und sie des Hauptquartiers der Allianz in Brüssel verwiesen. Die russische Regierung kündigte daraufhin ihrerseits Reaktionen an, die nicht lange auf sich warten ließen: Moskau sagte seine Teilnahme an einem Treffen mit NATO-Militärs, das für den 7. Mai geplant war, ab, auch der nächste NATO-Russland-Rat könnte platzen. Außenminister Lawrow hat seine Teilnahme an der für beide Seiten wichtigen Sitzung bereits abgesagt.

Das russische Außenministerium hat heute wie angekündigt scharf auf die Ausweisung seiner Diplomaten aus Brüssel reagiert und zwei Nato-Mitarbeitern ihre Akkreditierung in Moskau entzogen. Es handelt sich um die Chefin des Nato-Informationsbüros in Moskau, die Kanadierin Isabelle Francois, sowie Mark Opgenorth, Mitarbeiter des Nato-Büros und der kanadischen Botschaft in Moskau, teilte das russische Außenministerium am Mittwoch mit.

Am Dienstag hatte Belgien die Ausweisung zweier russischer Diplomaten bestätigt. Das Nordatlantische Bündnis hatte ihnen zuvor ihre Akkreditierung beim Nato-Hauptquartier in Brüssel entzogen. Einer von ihnen ist der Sohn des russischen EU-Botschafters Wladimir Tschischow.

Das russische Außenministerium bezeichnete den Zwischenfall mit den Diplomaten als „grobe Provokation“. „Die Antwort wird verständlich und hart sei“, hatte der russische NATO-Botschafter Dmitri Rogosin angekündigt.


Quellen:

Der Kurier, ORF, RIA novosti


Chrysler meldet Insolvenz an

(30.04.2009/dpa/rn)

Der US-Autobauer Chrysler steuert in die Insolvenz. Nach dem Scheitern der entscheidenden Verhandlungen mit Gläubigern sei das der einzige Weg zur Sanierung, teilte die US-Regierung am Donnerstag mit. Noch hofft man, dass Chrysler durch einen Einstieg des italienischen Fiat-Konzerns gerettet wird und schon bald aus dem Insolvenzverfahren heraus käme. Gläubiger oder auch Händler könnten allerdings ein schnelles Insolvenzverfahren mit ihren Ansprüchen blockieren.
Fiat will vorerst 20 Prozent an Chrysler übernehmen, später dann mit bis zu 35 Prozent bei dem maroden Konzern einsteigen – allerdings ohne dabei Geld zu investieren, der Anteil soll mit Technik und Know How eingebracht werden. Chrysler soll künftig spritsparende Autos auf der Basis von Fiat-Modellen und mit Fiat-Motorentechnik bauen.

Eine Insolvenz von Chrysler war bereits seit Tagen erwartet worden. Es geht um ein Verfahren nach Kapitel elf des US- Insolvenzrechts, bei dem das Unternehmen sich unter dem sogenannten Gläubigerschutz sanieren kann. Die Geldgeber müssen dann vorerst ihre Forderungen auf Eis legen.

Chrysler hatte bereits die vergangenen Monate nur dank Milliardenkrediten aus Washington überlebt und wollte weitere Hilfen haben. Das Weiße Haus stellte jedoch als Bedingung für weitere sechs Milliarden Dollar ein Ultimatum: Bis Ende April musste ein Partner gefunden werden und die Gläubiger zu einem Teilverzicht auf ihre Forderungen bewegt.

Chrysler schuldet mehr als 40 Banken und Hedgefonds rund 6,9 Milliarden Dollar. Die Regierung wollte die Verbindlichkeiten dem Bericht zufolge zuletzt auf maximal 2,25 Milliarden Dollar drücken. US-Medienberichten zufolge scheiterten die Gespräche an der harten Haltung der Hedgefonds unter den Gläubigern, die 2,5 Milliarden Dollar gefordert hätten. Die Regierung kritisierte die Fonds scharf. Sie hätten «versagt zu handeln» und nicht im nationalen Interesse agiert.

Neben der Gefahr, dass beteiligte Parteien das Insolvenzverfahren in die Länge ziehen, hatte sich die US-Autobranche auch aus einem anderen Grund stets dagegen gesträubt. Die Konzerne befürchten, dass die Menschen bei insolventen Autoherstellern angesichts der unsicheren Zukunft keine Autos kaufen. Eine Insolvenz bedeute gleich das Ende, hatte zum Beispiel der frühere Chef des großen Chrysler- Konkurrenten General Motors, Rick Wagoner, mehrfach gewarnt. Mit solchen Alarmtönen hatten GM und Chrysler seit vergangenem Herbst bereits Milliardenhilfen aus Washington herausgepresst.


Streit um EU-Hedge-Fonds-Richtlinie

(30.04.2009/rn)

Der EU-Binnenmarktkommissar Charlie McCreevy hatte es in der Folge des G20-Gipfels in London eilig und kündigte schon am 9. April erste Regulierungsmaßnahmen für Hedgefonds an. Der gleiche Kommissar, der noch im Dezember letzten Jahres ängstlich jammernd die Frage aufwarf, ob nicht zuviel Transparenz die Hedgefonds töten könnte. Nun legte er seinen Entwurf vor, nach dem Manager von Hedge-Fonds in der EU künftig staatlicher Aufsicht unterliegen, sobald sie mehr als 100 Mio. Euro verwalten. "Für Private-Equity-Fonds gilt eine Schwelle von 500 Mio. Euro, da sie nicht die gleichen Risiken bergen und eine wichtige Finanzierungsquelle für Unternehmen sind", sagte McCreevy in Brüssel. In früheren Entwürfen war noch vorgesehen, dass alle alternativen Anlagen gleichermaßen ab 250 Mio. Euro Vermögen reguliert werden. Die Vorschläge waren am Mittwoch noch in letzter Minute geändert worden. (1)

Für das EU-Finanzministertreffen in der kommenden Woche ist der Streit mit Großbritannien vorprogrammiert, denn London lehnt strikte Vorgaben für seine Hedge-Fonds-Industrie ab.

"Das Geschäftsmodell dieser Fonds besteht seit jeher darin, mit geliehenem Geld hochriskante spekulative Geschäfte zu tätigen, deren eigentliche Profiteure im Hintergrund bleiben. Damit dies so bleiben kann, werden die Handlungsspielräume der Fonds auch durch die geplante Richtlinie kaum eingeschränkt", kritisiert die Europa-Abgeordnete der Linken Sarah Wagenknecht. "So dürfen Hedgefonds weiterhin in großem Stil Leerverkäufe tätigen, wobei sie sich der Zulassungspflicht durch Aufspaltung in kleinere Einheiten problemlos entziehen können. Und für die große Mehrzahl der Hedgefonds, die in Steueroasen angesiedelt sind, soll die Richtlinie frühestens in fünf Jahren gelten." Sie fordert deshalb, dass sowohl Hedgefonds als auch Leerverkäufe verboten gehören – in Deutschland und europaweit.

Wind von vorn könnte McCreevy vermutlich sogar von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück und seiner Pariser Amtskollegin Christine Lagarde bekommen. Beide hatten McCreevys Pläne bereits als zu lasch kritisiert.

(1) FTD v. 30.04.2009

(2) Presseerklärung Sahra Wagenknecht vom 29.04.09


Deutsche Bahn: Mit gefälschten Computer-Dateien Mitarbeiter diskreditiert und gekündigt

(24.04.2009/rn)

Harmlos erscheinen die illegalen Methoden, mit der die Deutsche Bahn ihre Mitarbeiter ausspähte, gegen das, was nun an die Öffentlichkeit dringt. Günter Wallraff berichtet in der Zeit (1) darüber, dass die Bahn mit hochkriminellen Methoden gegen die eigenen Angestellten vorgegangen sein soll.

Dabei soll die Bahn Dokumente auf den Rechnern der Mitarbeiter gefälscht haben und sogar angebliche „Beweise“ gegen Angestellte eigenmächtig auf die Festplatten geladen haben. Diese dienten dann als Kündigungsgrund. So sollen sogar Porno-Dateien und Hitlers "Mein Kampf" auf die Dienstcomputer gelangt sein.

Wallraff beruft sich bei seinen Vorwürfen gegen die Bahn auch auf den Juristen und Betriebsratsvorsitzenden Ralf Skrzipietz. Skrzipietz leitete die Rechtsabteilung eines Bahnbetriebs, wurde Justiziar des Konzernbetriebsrats und 2006 schließlich Betriebsratsvorsitzender in der Berliner Konzernverwaltung und Mitglied im Aufsichtsrat. Dort vertritt er die Arbeitnehmerbelange von 2500 Menschen.

Laut der Frankfurter Rundschau vom 24.4.2009 ging die Schnüffelei auch außerhalb des Unternehmens weiter: Die Konzernsicherheit besorgte sich etwa Videoaufnahmen von Tankstellen, die Mitarbeiter ansteuerten. Mehdorns Hauptziel sei es gewesen, Kritik an seinem Kurs abzuschalten. Dazu erstellte der Konzern "Kontaktdiagranme".

Um Kündigungen auch vor Gericht durchzusetzen schreckte laut der Frankfurter Rundschau die Bahn auch nicht vor Fälschungen zurück. Die Opfer solcher Maßnahmen gehörten zum gehobenen Management der Bahn und waren Gegner der Privatisierung.

Die Bahn droht nun mit einer Klage gegen Wallraff. Ein Sprecher des Unternehmens erklärte in Berlin, man werde rechtliche Schritte einleiten. Das Arbeitsgericht Frankfurt/Main habe gegen Wallraff Strafantrag wegen uneidlicher Falschaussage und Mittäterschaft bei einem versuchten Prozessbetrug gestellt. (2)

Aber Günter Wallraff ist mit seinen Enthüllungen nicht allein, auch die Frankfurter Rundschau erhebt schwere Vorwürfe gegen die Bahn.

So liegt im Falle einer Mitarbeiterkündigung der Frankfurter Rundschau ein Foto vor, „das die Bahn als Beweis in einen Gerichtsprozess eingebracht hat. Es soll belegen, dass eine Kündigung von der Bahn-Personalabteilung rechtzeitig in den Briefkasten einer Beschäftigten eingeworfen wurde. Die Bahn behauptet – angeblich anhand der Kameradaten -, dass dieses Foto am 28.9.2007 um 15.29 gemacht worden sei, und will damit auch den Betriebsratschef Ralf Skripietz einer Falschaussage überführen, um ihn ebenfalls kündigen zu können.

Doch laut einem Gutachten des Dortmunder Fotografie-Professors Heiner Schmitz, das der FR vorliegt, ist es ausgeschlossen, dass die Version der Bahn stimmt. Schmitz hatte entdeckt, dass sich bei starker Vergrößerung die Uhr des Bahn-Zustellers auf dem Foto erkennen lässt und eine völlig andere Uhrzeit zeigt. "Das Foto ist echt, aber die Datei-Eigenschaften sind gefälscht", sagt Skrzipietz. "Die Bahn hatte wohl nicht beachtet, dass die Uhr erkennbar ist."“

(1) http://www.zeit.de/2009/18/Bahn
(2) http://www.klamm.de/partner/unter_news.php?l_id=21&news_id=1240579960396
(3) http://www.fr-online.de/in_und_ausland/wirtschaft/aktuell/1731298_Kriminelles-System-DB-Allumfassende-ueberwachung.html


Schweigegelübde bei der SPD? Über soziale Unruhen infolge der Krise darf nicht gesprochen werden

(24.04.2009/rn)

Äußerungen über mögliche soziale Unruhen als konsequente Antwort auf die Regierungspolitik zur Banken- und Finanzmarktkrise, die sich mehr und mehr zu einer weltweiten Rezession ausweitet, sind in der SPD unerwünscht.

Mit einem Interview im Münchner Merkur sorgte die SPD-Präsidentschaftskandidatin Gesine Schwan für Aufsehen. Dort hatte sie gewarnt, dass die Stimmung in Deutschland "explosiv" werden könnte, wenn die Maßnahmen der Bundesregierung gegen die Wirtschaftskrise in ein paar Monaten auslaufen. Damit äußerte sich Schwan ähnlich wie zuvor schon der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Michael Sommer, der vor "sozialen Unruhen" gewarnt hatte“ und die deutsche Wirtschaftslage mit der Großen Depression Anfang der 30 Jahre verglichen hatte. (1)

Nachdem der SPD-Fraktionschef im Bundestag, Peter Struck, schon am Dienstag Schwans Gastauftritt in der SPD-Fraktion und ihrer Diskussionsbereitschaft ein jähes Ende setzte, sind nun immer mehr „Genossen“ pikiert über derart offene Worte der Politologie-Professorin. Das sei blanke Panikmache. Kanzlerkandidat Steinmeier stimmt in den Chor ein: „Es ist nicht gut, wenn wir davon reden, dass hier Unruhen ausbrechen könnten wie in Frankreich oder anderswo.“ (2)

Die Zeit offener Worte und grundlegender Gesellschaftsanalysen sind bei der SPD schon lange vorbei, das scheint der Fall Gesine Schwan einmal mehr zu beweisen. Und das, obwohl sie nur Politikwissenschaftskenntnisse des Grundstudiums aussprach: Zwangsläufig würde eine stetig wachsende Zahl von Arbeitslosen verbunden mit dem Rückgang staatlicher Sozialleistungen irgendwann in soziale Unruhen münden.

Für die Union sind die Äußerungen Schwans Wasser auf die Mühle. "Wer wie Frau Schwan vollkommen unangemessen wilde Spekulationen über bevorstehende schwere soziale Unruhen in Deutschland anstellt, dem fehlt es am nötigen politischen Ernst. Schwan spielt mit den Ängsten von Menschen", erklärte CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt. Mit ihrem "saudummen Dahergerede" werde sie zu einer "Gefahr für den gesellschaftlichen Frieden". Die CSU fordert von der SPD den Rückzug der Präsidentschaftskandidatur Schwans. Auch die Kanzlerin meldet sich zu Wort: Mit den Aussagen Schwans würden Ängste geschürt und Panik verbreitet, die Aussagen seien "völlig unverantwortlich". (3) Die Frage sollte vielmehr lauten: Sind die Vermutungen Schwans so unwahrscheinlich?

(1) http://nachrichten.rp-online.de/article/politik/Empoerung-ueber-Schwan/37208
(2) http://www.abendzeitung.de/politik/101904
(3) http://www.focus.de/politik/deutschland/soziale-unruhen-merkel-warnt-vor-panikmache_aid_393010.html


Datenschutzbeauftragter: Staat hat Bürgerrechte eingeschränkt

(21.04.2009/dpa/hg)

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar, wirft der deutschen Politik vor, beim Datenschutz kein gutes Beispiel gesetzt zu haben. Nach dem 11. September 2001 sei seiner Meinung nach durch den Staat "viel zu viel an Bürgerrechten eingeschränkt worden", sagte Schaar am Dienstag im ZDF-Morgenmagazin. Die Maßnahmen müssten daher überprüft werden.

Am Vormittag stellt der Datenschützer seinen Bericht für Jahre 2007 und 2008 vor. Mehrere Konzerne, wie die Deutsche Telekom, die Deutsche Bahn und Daimler, hatten die Daten ihrer Mitarbeiter ausforschen lassen. Schaar hat in der Vergangenheit darüber hinaus immer wieder vor einer zu sorglosen Preisgabe der eigenen Daten durch Privatleute gewarnt, etwa im Internet oder beim Einkaufen.

Die Überwachung von Mitarbeitern in Unternehmen, zu der in den vergangenen Monaten mehrere spektakuläre Fälle bekannt wurden, ist nach Schaars Auffassung keine Ausnahmeerscheinung. "Ich fürchte, dass ist nur die Spitze des Eisbergs", sagte Schaar mit Blick auf die Datenskandale.


Bad Banks – wird der Steuerzahler mit weiteren Milliarden zur Kasse gebeten?

(21.04.2009/dpa/hg)

Heute am frühen Nachmittag treffen bei Kanzlerin Merkel die zuständigen Minister sowie Bundesbank-Präsident Axel Weber und der Chef des Banken-Rettungsfonds SoFFin, Hannes Rehm, zusammen, um über die "Bereinigung der Bankbilanzen um Risikopapiere" zu beraten. Gemeint ist damit die Lösung des Problems der wertlosen Schrottpapiere, die in den Bilanzen der Institute schlummern.

Das maximale Risiko und der ursprüngliche Wert der Papiere ist noch immer nicht klar umrissen, zum Teil ist von über 800 Milliarden Euro die Rede, die bei deutschen Banken schlummern könnten. Experten sind sich jedoch relativ einig, dass das Risiko in der Tat "irgendwo zwischen 500 Milliarden Euro und einer Billion" liegt. Allerdings sei es ausgeschlossen, dass all diese Papiere, etwa Staatsanleihen einiger Länder, ihren gesamten Wert einbüßten. "Dieses maximale Risiko ist Theorie", folgert der finanzpolitische Sprecher der Unionsfraktion Otto Bernhardt im Vorfeld der Kanzlerrunde daraus.

"Die immer wieder gestellt Frage, wie teuer wird es für den Bürger, kann heute niemand exakt beantworten", muss auch Bernhardt eingestehen."Ein Risiko für den Steuerzahler bleibt." Der Staat soll trotzdem bei der "Auslagerung" dieser Risikopapiere in eine Bad Bank finanziell einspringen, um die Stabilisierung der Banken zu gewährleisten. "Sie würden sonst über Jahre hinweg ihre Kreditvergabe nicht mehr im gewohnten Maße aufrechterhalten können", lautet der Grund für ein weiteres staatliches Engagement aus Steuergeldern.

Ziel der geplanten Hilfen seien die Landesbanken, einige verbliebene Großbanken und ein paar Hypothekenbanken.


Tod nach Polizeiübergriff: G20-Opfer Tomlinson erlag inneren Blutungen

(18.04.2009/dpa/hg)

Wende in der Affäre um Polizei-Übergriffe bei den G20-Protesten in London: Der Mann, der kurz nach einer Attacke eines Polizisten tot zusammenbrach, starb laut einer zweiten Obduktion an inneren Blutungen. Der am Freitag bekanntgewordene Befund widerspricht dem Ergebnis einer ersten Untersuchung, wonach der Mann einem Herzinfarkt erlegen war. Der suspendierte Polizist, der kurz vor dem Tod den Mann zu Boden gestossen und mit einem Schlagstock geschlagen hatte, wurde von der Polizeiaufsicht wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung befragt. Die Ursache der Blutungen im Unterleib ist noch nicht geklärt.

Der 47-jährige Zeitungsverkäufer Ian Tomlinson hatte bei den Protesten rund um den G20-Gipfel Anfang April in der Londoner City weder demonstriert noch "randaliert", trotzdem war er von Polizisten angegriffen worden. (Vgl. Hintergrund Kurzmeldung v. 08.04.09 inkl. Video).

Die Polizei hatte zunächst bestritten, mit dem Mann überhaupt in Kontakt gekommen zu sein und gab nach der ersten Obduktion einen Herzinfarkt als Todesursache an. Als Videoaufnahmen von der Prügelattacke auftauchten und Scotland Yard in Erklärungsnot brachten, ordnete die Polizeiaufsicht die zweite Obduktion an. Demnach starb Tomlinson an Blutungen im Unterleib. Zwar hatte auch der zweite Gerichtsmediziner Veränderungen am Herzen festgestellt, diese waren dem Bericht zufolge aber nicht tödlich.

Erst am Mittwoch hatte sich die Affäre um Scorland Yard ausgeweitet, als ein weiterer Beamter suspendiert worden war. Auf neuem Videomaterial war zu sehen, wie dieser während des Einsatzes beim G20-Gipfel einer Frau erst ins Gesicht schlägt und ihr dann mit einem Schlagstock auf die Beine haut. Das Video entstand am 2. April, als Demonstranten im Bankenviertel eine Mahnwache für den toten Tomlinson hielten.

Vgl. neues Videomaterial – Police officer ‘hit’ G20 woman


Kein Freibrief für CIA-Folterer

(18.04.2009/hl)

Scharfe Kritik an der Haltung des US-Präsidenten Obama, die Folterknechte der CIA nicht strafrechtlich zu verfolgen, üben die Linken im Bundestag. Deren außenpolitischer Sprecher, der Völkerrechtler Dr. Norman Paech, MdB, erklärte in Berlin, „ein glaubhafter Politikwechsel im Umgang mit Terrorverdächtigen“ setze eine Strafverfolgung der Folterer voraus. Wer Methoden angewendet habe, die eindeutig gegen internationale Menschenrechtskonventionen verstoßen, könne nicht "gutgläubig" gehandelt haben. Selbst wenn man den Tätern dies zugestünde, müssten aber „jedenfalls die für die Anordnung der Vernehmungsmethoden Verantwortlichen strafrechtlich zur Rechenschaft gezogen werden", kritisiert Norman Paech die Zusicherung von Strafreiheit für die CIA-Täter. Paech erklärte weiter:
"Der Gleichheit vor dem Recht widerspricht es grundlegend, wenn die USA die Verfolgung von Kriegsverbrechen in Afrika und andernorts fordern, zugleich aber die eigenen Täter schont. Bleibt es bei dieser Entscheidung, so bedeutet das einen schweren Rückschlag für die Durchsetzung des 1998 von allen Staaten einschließlich der USA im Römischen Statut beschlossenen internationalen Strafrechts."


Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin: Vorratsdatenspeicherung ist verfassungswidrig

(15.04.2009/PM-AK)

Die Bundesregierung darf die Mobilfunkanbieter Mobilcom, Debitel (inklusive Talkline), Klarmobil und Callmobile vorläufig nicht zwingen, die Kontakte und Bewegungen ihrer Kunden anlasslos aufzuzeichnen. Das besagt ein heute veröffentlichter Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 16.01.2009 (Az. VG 27 A 331.08).[1] Darin bezeichnet das Gericht die Umsetzung der umstrittenen Vorratsdatenspeicherung auf Kosten der Unternehmen und ihrer Kunden als verfassungswidrig. Talkline, Debitel und Klarmobil bieten ihren Kunden dementsprechend an, alle Verbindungsdaten mit Rechnungsversand zu löschen.

Auch Hansenet/Alice weigert sich, die Kennungen (IP-Adressen) seiner Internetkunden länger als fünf Tage zu speichern. Gegen eine anderslautende Verfügung der Bundesnetzagentur vom 27.01.2009 hat das Unternehmen vor dem Verwaltungsgericht Köln Klage eingereicht (Az. 21 L 234/09). Mit Privatdemail.net und Xerobank.com gibt es inzwischen auch Anbieter von E-Mail-Postfächern, die der Pflicht zur Erfassung aller E-Mail-Kontakte trotzen.

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung (AK Vorrat) hat auf seiner Homepage weitere Tipps zur vertraulichen Kommunikation veröffentlicht:[2] Handy-Guthabenkarten und kostenlose E-Mail-Postfächer können danach auf Fantasienamen angemeldet werden, Internet-Anonymisierungsdienste und protokollierungsfreie E-Mail-Postfächer sollten genutzt werden. "Nur nicht gespeicherte Verbindungs-, Standort- und Internetdaten sind sicher vor missbräuchlicher Aufdeckung und Ermittlungsfehlern der Behörden", begründet Patrick Breyer vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung. "Dass SPD und Union jetzt auch noch das Internet-Surfverhalten protokollieren lassen wollen,[3] muss auf unseren entschiedenen Widerstand stoßen."

Die sogenannte "Vorratsdatenspeicherung" ist im Dezember 2005 von der Mehrheit der sozialdemokratischen und konservativen Europaabgeordneten beschlossenen worden. Angesichts der bevorstehenden Europawahl weist Ralf Bendrath vom Netzwerk Neue Medien darauf hin: "Es ist gerade im Europaparlament wichtig, freiheitsfreundliche Abgeordnete zu wählen. Viele der Überwachungsvorhaben der letzten Jahre – darunter auch die Vorratsdatenspeicherung – sind dort abgesegnet worden. Es wird Zeit, dass in Brüssel ein echtes Gegengewicht zu den einzelnen Länderregierungen und dem Rat der Innenminister geschaffen wird."

Quellen:

[1] http://www.vorratsdatenspeicherung.de/images/vg-berlin_2009-01-16_anon.pdf

[2] http://www.vorratsdatenspeicherung.de/content/view/56/132/

[3] http://www.vorratsdatenspeicherung.de/content/view/296/152/


Monsanto-Genmais in Deutschland verboten

(14.04.2009/dpa)

Der Anbau von Genmais wird in Deutschland verboten. Das gab Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) am Dienstag in Berlin bekannt. Sie habe berechtigten Grund zu der Annahme, dass der genveränderte Mais der Sorte MON 810 «eine Gefahr für die Umwelt darstellt», sagte Aigner. Damit greife eine Schutzklausel, die über EU-Recht möglich sei. Diese Entscheidung sei laut Aigner trotz anderslautender Behauptungen keine politische, sondern eine fachliche. Studien aus Luxemburg für ein nationales Verbot von MON 810 hätten den Ausschlag gegeben. Danach führt der Maisanbau zu Risiken für bestimmte Schmetterlinge, Marienkäfer und Wasserorganismen.

Ob Monsanto gegen das Verbot klagen wird, ist offen. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) begrüßte das Verbot. Mit einer Demonstration forderte das Online-Netzwerk Campact bereits am Gründonnerstag in Berlin dazu auf, den Anbau von Genmais noch vor der Aussaat ab Mitte April zu verbieten. Mehrere Bio- und Umweltverbände verlangten ebenfalls ein Verbot. Bundesweit war bisher ein Anbau auf rund 3700 Hektar beantragt, vor allem in Ostdeutschland.


Konjunkturprogramm zur militärischen Aufrüstung

(14.04.2009/hib)

Die Bundeswehr wird aus Geldern des Investitions- und Tilgungsfonds 1.000 Maschinenpistolen vom Typ MP 7 zum Preis von rund 3 Millionen Euro beschaffen. Dies geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion der Grünen hervor. Nach Ansicht der Regierung sind die aus dem "Investitions- und Tilgungsfonds" finanzierten Maßnahmen ein "wichtiger Beitrag zur Überwindung der aktuellen Konjunkturschwäche".

Der Gesamtfonds soll bis zum Jahr 2011 "konjunkturstützende Maßnahmen" in einem Gesamtumfang von 16,9 Milliarden Euro finanzieren. Davon gehen 650 Millionen Euro an die einzelnen Ressorts des Bundes.

Wie aus einer Aufstellung der Regierung hervorgeht, sollen aus den Mitteln des Konjunkturprogramms auch 37 Millionen Euro für die Nachtsichtfähigkeit des Kampfflugzeuges "Tornado" bereitgestellt werden. Weiter sei die Beschaffung von zehn "Fennek"-Spähwagen und 20 Transportfahrzeugen, sechs geschützten Straßentanksattelzügen und 25 schweren Straßentankwagen vorgesehen.

Auch das Bundesinnenministerium will mit Geldern aus dem Konjunkturprogramm "aufrüsten": Fahrzeuge für die Bundespolizei, das BKA und den Verfassungsschutz sollen beschafft werden. Die Bundespolizei erhält neue Hubschrauber.


Tod bei G20-Protest bringt Polizei in Bedrängnis

(08.04.2009/dpa)

Eine Woche nach dem Tod eines Mannes bei den Protesten zum G20-Gipfel in London ist die Polizei wegen der Umstände des Vorfalls schwer in Bedrängnis geraten. Ein Amateurvideo, das die Zeitung «Guardian» auf ihrer Homepage veröffentlichte, zeigt, wie ein Polizist den 47-jährigen Ian Tomlinson schlägt und dann hart zu Boden schubst. Wenig später brach der Mann zusammen und erlitt einen Herzinfarkt. Das Video wirft nach Meinung von Kritikern Fragen über das Vorgehen der Polizei bei den Protesten im Londoner Bankenviertel auf. Auch stelle sich die Frage, ob der Tod des Mannes mit dem Angriff der Polizei zusammenhängt. Die Opposition forderte strafrechtliche Ermittlungen gegen Scotland Yard.

Tomlinson – ein Zeitungsverkäufer – war kollabiert, als er am vergangenen Mittwoch von seiner Arbeit in der Londoner City nach Hause ging. Zur gleichen Zeit protestierten Tausende vor der Bank of England. Eine Obduktion ergab, dass Tomlinson an einem Herzinfarkt gestorben war. Scotland Yard hatte nach dessen Tod allerdings nicht erwähnt, dass ein Polizist ihn zuvor geschlagen und gestoßen hatte.

Auf dem Video ist zu sehen, wie Tomlinson sich mit den Händen in den Hosentaschen rückwärts auf eine Reihe von Polizisten zubewegt. Später ist zu erkennen, wie ihm ein Beamter von hinten mit einem Schlagstock in die Beine schlägt. Anschließend wird der 47-Jährige zu Boden gestoßen, obwohl er sich nicht gewehrt hatte.

Zuvor hatten sich bereits Zeugen gemeldet, die aussagten, dass die Polizei den Mann angegriffen hatte. Die Polizei hatte dagegen erklärt, von Demonstranten attackiert worden zu sein, als sie dem Mann helfen wollte. Bei der Demonstration von Gipfelgegnern war es zu Krawallen und Ausschreitungen gekommen. Dabei wurden auch Polizisten verletzt. Die unabhängige Polizeiaufsichtsbehörde, die derzeit die genauen Umstände des Todes untersucht, will das Video nun prüfen.

Die Familie des Opfers forderte die Polizei derweil auf, den Fall umgehend zu klären und die betroffenen Beamten zu befragen. «Wir wollen Antworten», sagte Sohn Paul King dem «Guardian» vom Mittwoch. Sein Vater habe sich nicht an den Protesten beteiligt und sei unschuldig gewesen.


Erdbeben in L’Aquila – Berlusconi gibt den Obdachlosen Camping-Tipps

(08.04.2009/standard/dpa)

Nach Meinung des Wiener Standard haben Korruption und Schlamperei die Folgen des Erdbebens in Italien verschlimmert.

«Die Folgen dieser Untugend sind jetzt zu besichtigen. Seismologen betonen, dass ein Erdbeben moderater Stärke wie jenes in den Abruzzen in Japan oder Kalifornien "nahezu folgenlos" verlaufen wäre. Nicht so in Italien, wo Gesetze ignoriert, Baubestimmungen umgangen und Regeln missachtet werden. Niemand muss befürchten, dafür zur Rechenschaft gezogen werden. Das österreichische Fernsehen berichtete, die Bauunternehmen in der Region seien in den Händen der Mafia.

Dass Regierungschef Silvio Berlusconi den Obdachlosen jetzt ein neues Wunder verspricht, gehört zu den Ritualen jeder Katastrophe. Das war in Umbrien nicht anders, wo die Erdbebenopfer über fünf Jahre in Containern leben mussten. Den Bewohnern von L’Aquila verspricht der in Großprojekte wie die Brücke nach Sizilien vernarrte Premier jetzt die Wende: er werde "in 24 Monaten eine neue Stadt errichten". Potemkin lässt grüßen.»

Rund 17.000 Menschen haben durch das Erdbeben ihr Zuhause verloren. Die meisten wurden in Zeltlagern in der Nähe der schwer zerstörten Regionalhauptstadt L’Aquila untergebracht, 3000 wurden in Hotels an der Adria gebracht. Diesen empfahl Berlusconi außerdem, sich nach dem Erdbeben eine „Auszeit“ an der Küste auf Staatskosten zu nehmen, während der Staat eine Liste der beschädigten Häuser anlege.

Die Lage der obdachlos gewordenen Erdbebenopfer in den Abruzzen verglich Berlusconi mit einem Campingurlaub. Den in Zeltlagern untergebrachten Menschen fehle es an nichts, sagte er dem Fernsehsender NTV bei einem Besuch vor Ort. Sie hätten warmes Essen und medizinische Versorgung. „Natürlich“ sei ihre Unterbringung „absolut provisorisch, aber man muss es eben nehmen wie ein Campingwochenende“.

Die Obdachlosen schildern im Gegensatz zu Berlusconi die Situation als dramatisch. Einige Bewohner der etwa 20 Zeltstädte in L’Aquila erklärten, dass sie nachts nicht ausreichend gegen die Kälte geschützt seien. Außerdem soll Wasser fehlen.


Geheimer Truppenbesuch

(06.04.2009/BPK/dpa)

Angela Merkel befindet sich auf einem bisher geheim gehaltenen Besuch in Afghanistan. Es soll keine Treffen auf politischer Ebene geben, wohl aber Besuche bei Bundeswehrstützpunkten. Begleitet wird sie von einer kleinen Gruppe ausgewählter Journalisten. Das Auswärtige Amt wurde über diese Reise nicht informiert. Die Vorbereitungen wurden vom Verteidigungsministerium durchgeführt. (Bundespressekonferenz 6. April, 11.30 Uhr)

«Wir haben gestern Nachmittag mehr oder weniger durch Zufall davon erfahren», sagte der Sprecher von Außenminister Frank- Walter Steinmeier (SPD) am Montag in Berlin. Vize-Regierungssprecher Thomas Steg sagte, dass bei dem Besuch Merkels besondere Sicherheitsvorkehrungen zu beachten waren. (dpa)


Beschwerde gegen die NATO

(03.04.2009/hl)

Anlässlich des „Geburtstagsgipfels“ der NATO in Baden-Baden und Straßburg haben mehrere internationale Menschenrechtsorganisationen – unter ihnen das European Center for Constitutional and Human Rights/ Berlin (ECCHR) (1) – eine Beschwerde gegen den Oberbefehlshaber der NATO, General Bantz John Craddock, bei drei Sonderberichterstattern der Vereinten Nationen (2) eingereicht. Sie werfen dem US-General Craddock Folter, willkürliche Inhaftierung, Zwangsernährung, fehlende medizinische und andere Versorgung sowie die Verantwortung für den Tod von Gefangenen vor.

Der ehemalige Kommandant der United States Southern Command (USSOUTHCOM) und jetziger Supreme Allied Commander Europe (SACEUR) der NATO hatte als Kommandant der USSOUTHCOM die Kontrolle über Häftlinge in Guantánamo. Craddock habe in dieser Funktion die Zwangsernährung von Gefangenen eingeführt, welche sich mit Hungerstreiks gegen ihre jahrelange Gefangenschaft ohne förmliche Anklage gewehrt haben. Die Praxis der Zwangsernährung in Guantánamo sei als Folter, zumindest aber als grausame unmenschliche und degradierende Behandlung von Gefangenen, anzusehen.

In einer gemeinsamen Erklärung der Beschwerdeführer heißt es, die NATO verschließe die Augen in Bezug auf das geheime „renditions“ Programm und das Fehlen einer rechtlichen Verantwortung in Afghanistan. Beides habe das Image der Organisation deutlich angeschlagen und stelle deren selbst gesetzte Ziel, wie „die Erhaltung des Friedens und der Stabilität in den NATO-Migliedsstaaten“, ernsthaft in Frage.

Die Geheimhaltungspolitik der NATO und ihre Kooperation mit Geheimdiensten stand auch im Fokus einer gemeinsamen Konferenz des ECCHR, des CCR und des FIDH, die am 1. April in Straßburg unter dem Titel „NATO und Menschenrechte. Zwei Jahrestage? Zwei Feiern? Die Rolle der NATO nach dem 11. September“ abgehalten wurde.

Quellen:

(1) Die Beschwerde wird von folgenden Organisationen getragen: dem European Center for Constitutional and Human Rights/ Berlin (ECCHR),
dem Center for Constitutional Rights/ New York (CCR),
der Internationale Föderation für Menschenrechte/ Paris (FIDH),
dem Appeal for Justice sowie der Allard K. Lowenstein International Human Rights Law Clinic an der Yale Law School

(2) Die Beschwerde wurde an folgende Personen gerichtet:
Manfred Nowak, Sonderberichterstatter gegen Folter; Anand Grover, Sonderberichterstatter für das Recht auf Gesundheit, sowie Martin Scheinin, Sonderberichterstatter für die Förderung und den Schutz der Menschenrechte bei der Bekämpfung des Terrorismus.

Weiterführende Informationen:

– CIA "Extraordinary Rendition« Flights, Torture and Accountability " A European Approach
– Konferenz-Reader “NATO und Menschenrechte. Zwei Jahrestage? Zwei Feiern? Die Rolle der NATO nach dem 11. September
Straflosigkeit von Folter: Lang ersehnter Schlussstrich oder Kontinuität? Wie geht Obama mit den Verbrechen der Bush-Ära um? Podiumsdiskussion am 3. April 2009 in Berlin.


Schlaglichter zur Finanzkrise
Entlassungen, Kurzarbeit und Pleiten

(02.04.2009/rn)

Während in London die G20-Staaten über eine „radikale Bankenkontrolle“ reden und in erster Linie den Aufkauf fauler Papiere im Auge haben, China den US-Dollar als Leitwährung abschaffen möchte und weitere Milliarden staatlicher „Rettungsgelder“ aus der US-amerikanischen Notenbank den internationalen Devisenmarkt überspülen, hat die Krise ihren Höhepunkt noch lange nicht erreicht.

„Kunden in Schockstarre – Tiefe Krise im deutschen Maschinenbau: Für dieses Jahr rechnet der Verband jetzt mit einem Rückgang von 10 bis 20 Prozent“, meldet die Süddeutsche Zeitung und beruft sich auf eine Analyse des Verbands deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA). Noch stärker als im Januar gingen die Bestellungen im Februar 2009 zurück. Im Vergleich zum Vorjahresmonat brach der Auftragseingang insgesamt um real 49 Prozent.

Der Chiphersteller Qimonda ist nun offiziell insolvent. Die Mitarbeiter werden erst einmal in eine Transfergesellschaften geschickt – und dann?

Voraussichtlich bis zum Jahresende muss ein Großteil der 31.000 Beschäftigten bei Schaeffler an den 25 deutschen Standorten kurzarbeiten. Trotzdem ist ein tragfähiges Rettungskonzept für den angeschlagenen Konzern ist noch in trockenen Tüchern, vielmehr rettet man sich mit Hoffnungen weiter. So sieht die IG Metall Anzeichen dafür, dass eine Zerschlagung des hoch verschuldeten Schaeffler-Konzerns verhindert werden kann. "Es gibt Signale von den Banken, dass sie nicht an einer Zerschlagung interessiert sind", erklärte der Bevollmächtigte der IG Metall Erlangen, Wolfgang Niclas, gegenüber dpa. Das Handelsblatt will sogar wissen, dass die Banken sich bereits auf eine „Liquiditätshilfe“ in Höhe von 500 Millionen Euro geeinigt hätten.

Selbst die BILD-Zeitung kann die Krise nicht mehr schönreden: „Wir Schaffer zittern um unsere Jobs – Daimler will 2 Mrd. Euro bei Personal einsparen.“ Der von der Absatzkrise getroffene Autobauer Daimler bereitet seine Mitarbeiter in Deutschland auf weitere Einschnitte vor und zieht erstmals Entlassungen in Betracht. Allein im Februar verkaufte der Konzern 40 Prozent weniger Fahrzeuge als im Vergleichsmonat des Vorjahres. Um die Kosten zu begrenzen, will der Konzern nun auch die rund 73.000 Mitarbeiter in die Pflicht nehmen, die nicht kurzarbeiten. Das betrifft etwa die Bereiche Verwaltung, Forschung und Entwicklung oder IT.

Da spielt es schon fast keine Rolle mehr, dass nun auch EADS seinen Datenskandal hat. Mitarbeiter-Konten wurden ausgespäht. Die Kontonummern seien mit Blick darauf geprüft worden, ob sie mit denen von Zulieferern übereinstimmen, teilte Airbus Deutschland heute mit. Immerhin: “Mitarbeiter“-Konten. Manch einer ist heutzutage schon froh, wenn er noch „Mitarbeiter“ sein darf. Und gerade bei EADS, die Tausende Leiharbeiter beschäftigen und je nach Bedarf gleich 1000 davon am Stück entlassen – auch ohne „internationale Wirtschaftskrise“ bereits im Jahr 2006.

Tröstlich ist es, dass Schiesser wahrscheinlich weiter Feinripp und weitaus luxuriösere Dessous herstellen kann. Wolfgang Joop will das insolvente Unternehmen aus seiner Privatschatulle kaufen und es weiterführen. "Es wird wieder angesagt sein, Schiesser auf der Haut zu tragen", sagte der Designer.

Ganz unspektakulär berichtet ddp, dass die Europäische Zentralbank 35,5 Tonnen Gold bis Ende März 2009 verkauft hat. Gold, was in der derzeitigen Krise einzig noch Wertbestand hat und mit Errichtung der EZB aus den nationalen Notenbanken „angeliefert“ werden musste, wird nun meistbietend verscherbelt. Was bleibt den Bürgern am Schluss außer einem Haufen Schulden?

Doch es gibt auch gute Meldungen, zum Beispiel bei dpa: „Billigbier läuft in der Krise bestens“. Na, wer sagt’s denn!


NPD – Finanzkrise bei Rechtsradikalen

(02.04.2009/dpa/rn)

Es gibt noch gute Nachrichten: Der NPD droht der finanzielle Kollaps. Die Partei muss wegen eines fehlerhaften Rechenschaftsberichts bis zum 1. Mai 2,2 Millionen Euro Strafe zahlen.

Im NPD-Rechenschaftsbericht 2007 seien staatliche Mittel falsch ausgewiesen worden. Angaben zum Parteivermögen seien fehlerhaft gewesen und sonstige Einnahmen nicht erläutert worden. Gemäß Parteiengesetz betrage die Sanktion das Zweifache des den unrichtigen Angaben entsprechenden Betrages. Die Gesamtverpflichtung der NPD belaufe sich auf 2,5 Millionen Euro.

Die NPD wird seit Jahren von schweren Finanzskandalen erschüttert. Wegen falscher Spendenbescheide musste die Partei schon 2007 rund 870 000 Euro an den Bundestag zurückzahlen. Im September vergangenen Jahres war der langjährige NPD-Bundesschatzmeister Erwin Kemna wegen Untreue zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden. Kemna wurde vorgeworfen, etwa 800.000 Euro von der NPD über Umwege an seine Privatfirma abgezweigt zu haben.

Die NPD zeigte sich nun selbst an. Der NPD-Parteivorstand hatte angegeben, dass Spendengelder in Höhe von rund einer Million Euro nicht mehr „auffindbar“ seien.

Man fragt sich angesichts der nachgewiesenen systematischen BND-Unterwanderung der Partei, warum die Pullacher Behörde statt ideologischer Scharfmacher nicht auch mal einen Finanzexperten in die Organisation geschleust hat.


"Kapitalismus ist nicht wirklich Demokratie"

(01.04.2009)

Nachdem deutsche Antglobalisierungs-Aktivisten eine getürkte Ausgabe der ZEIT (1) mit Artikeln wie "Opel in Belegschaftshand, Banken verstaatlicht: Eine neue Ära beginnt" oder "Ohne Lobby – Mehr Demokratie! Neues Gesetzespaket soll den Einfluss von Lobbyisten beschränken und so die Demokratie fördern" in Umlauf brachten, haben nun auch anti-kapitalistische Protestierer in Großbritannien nachgezogen. Sie veröffentlichten tausendfach eine Ausgabe der Financial Times (2) mit Leitartikeln wie "Kapitalismus ist nicht wirklich Demokratie" und "Die Welt überlebt den Tag der Gleichberechtigung", die sie während der Rushhour an Londoner Bahnhöfen verteilten. (3)

Raul Djukanovic, der Redakteur der nachgemachten Financial Times, besaß sogar den Mut, 200 Exemplare in den Büros der Financial Times abzugeben. "Wenn sie (die Journalisten) ihre Denkart öffnen würden, könnten sie dabei helfen eine andere Welt zu schaffen, statt uns mit Lifstyle, Porno und Luftblasen zu ködern", ist sich Djukanovic sicher. Doch weit gefehlt: Die Redakteure der FT haben auf die "gefälschte Ausgabe" kaum reagiert. (4)

(1)Online http://www.die-zeit.net/ und als Printausgabe: http://www.die-zeit.net/pdf.php

(2)http://ft2020.com/FT2020.pdf

(3) http://ft2020.com/

(4) http://www.guardian.co.uk/media/2009/mar/27/g20-spoof-financial-times-ft


Überwachungskameras abgeschaltet – Proteste gegen G20-Gipfel in London

(01.04.09/Guardian/AP/rn)

In London muss – exakt zum Beginn des G20-Gipfels – das Kameraüberwachungsnetz auf den öffentlichen Straßen abgeschaltet werden. Der Grund dafür ist nicht etwa die mögliche Verletzung des ungehinderten Demonstrantsrechts. Nein – die Behörden haben plötzlich festgestellt, dass die Auflösung der Kameras im "Authority’s CCTV Network" nicht den technischen Standards entspricht. Der liegt bei 720×576, die Kameras liefern aber "nur" 704×576. 16 Pixel, wegen der man auf mögliche "Beweisfotos" bei den Aktionen der G20-Gegner verzichtet? Das klingt sehr unglaubwürdig. Wahrscheinlicher ist es da eher, dass man mögiche Polizeiübergriffe auf Demonstranten nicht digital belegt und gespeichert haben möchte. (1)

Zu einer netten Geste hat sich gestern die Nachrichtenagentur AP durchgerungen: Sie gab exakte Orte und Uhrzeiten der Protestaktionen zum heutigen G20-Gipfel in London bekannt. "Klimaschützer, Globalisierungsgegner und Kapitalismus-Kritiker wollen dem Londoner Gipfeltreffen der führenden Industrie- und Schwellenländer (G-20) zur Weltfinanzreform mit einer Welle von Protesten begegnen. Sie haben eine Fülle von Aktionen angekündigt, wie folgende Übersicht zeigt:

Mittwoch, 1. April
12.00 Uhr: Sternmarsch in vier Säulen zur Bank von England. Jede der Säulen soll einen von vier apokalyptischen Reitern darstellen.
13.00 Uhr: Zusammentreffen der Demonstrationszüge vor der Bank von England zu einem «sehr englischen Protest». Die Demonstranten sollen Kuchen, Fahnen und Musikinstrumente mitbringen.
13.30 Uhr: Umweltaktivisten wollen mit Zelten, Schlafsäcken und Windturbinen ein Protestlager vor der Europäischen Klimabörse in London errichten.
13.30 Uhr: Klimaschützer beginnen ihren «Fossil Fools Day» vor dem Konferenzzentrum zum Protest gegen die Verbrennung fossiler Brennstoffe. Sie bringen einen riesigen Eisblock mit sich, die Teilnehmer wollen sich ganz in Weiß kleiden.
15.00 Uhr: Kriegsgegner protestieren vor der US-Botschaft gegen die Kriege in Afghanistan und Irak.
16.30 Uhr: Kundgebung auf dem Trafalgar Square.
17.00 Uhr: Gelehrte und Politiker veranstalten an der University of East London einen «Alternativgipfel». Redner sind unter anderem der Filmregisseur Ken Loach, der linksgerichtete Politiker Tony Benn und der Historiker Tariq Ali.
Den ganzen Tag: Anarchistische und andere Gruppen planen nicht näher bekanntgegebene Aktionen gegen Banken und andere Einrichtungen.

Donnerstag, 2. April
Frühmorgens: Protestgruppen wollen an die Hoteltüren der Delegierten schlagen.
07.00 Uhr: Treffen der Demonstranten in der Nähe des G-20-Konferenzzentrums, um Aktionen für den Tag vorzubereiten.
08.00 Uhr: Riesiges «Monopoly»-Spiel an der Londoner Börse.
10.00 Uhr: Jugendgruppen marschieren vom Süden Londons zum Konferenzzentrum.
12.00 Uhr: Kriegsgegner beteiligen sich an den Protesten.
Den ganzen Tag: Anarchistische und andere Gruppen planen nicht näher bekanntgegebene Aktionen gegen Banken und andere Einrichtungen." (2)

Genauso wie die "Aktionen gegen Banken und andere Einrichtungen" von den Initiatoren nicht näher bekannt gegeben werden, verrrät AP seinen Lesern nicht, was sie unter "anarchistischen und anderen Gruppen" verstehen. Hintergrund wird über den phantasievollen Protest der Kritiker aus aller Welt in London berichten.

Quelle:

(1) Guardian – 30.März 2009

(2)PR-inside


BKA-Zeuge lügt -­ Bundeskriminalamt manipuliert Akten

(30.03.2009)

In dem derzeit laufenden Verfahren gegen gegen drei linke Aktivisten aus Berlin, denen die Mitgliedschaft in der Militanten Gruppe (MG) vorgeworfen wird, machte das BKA wieder einmal keine gute Figur: Der Zeuge Oliver Damm verstrickte sich bei seiner Aussage in zahlreiche Widersprüche.

In einer Pressemitteilung teilten die Rechtsanwälte mit, dass auf ausdrückliche Fragen der Verteidigung nach der Urheberschaft eines veröffentlichten Diskussionsbeitrages zu militanten Aktionen der Zeuge Damm vorgibt, nicht zu wissen, wer den Text verfasst hat. Und das, obwohl der Text nachweislich von Mitarbeitern des Bundeskriminalamtes stammt. Erst nachdem ihm sein eigener Vermerk, der dem Gericht allerdings nicht vorliegt und aus dem sich die Urheberschaft des BKA ergibt, vorgelegt wurde, gab er zu, dass dieser Text vom BKA stammt.

Weiter heißt es: "Seit dem 25.09.2008 wird unseren Mandanten vom 1. Senat des Kammergerichts der Prozess wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung gemacht, mittlerweile also seit einem halben Jahr. Bereits vor Beginn der Hauptverhandlung hat die Verteidigung gerügt, dass die Akten unvollständig sind und die Bundesanwaltschaft (BAW) sowohl der Verteidigung als auch dem Gericht eine Vielzahl von Akten vorenthält. Unter anderem wurden fehlende Sachstandsberichte vom Ermittlungsführer KHK Damm vom BKA bemängelt. Diese waren nach Aktenvermerken nicht zu den Akten gelangt, weil sie angeblich „zu umfangreich“ seien. Am 19.02.2009 ­ vor der vom Gericht geplanten Vernehmung des Zeugen Damm ­ beantragte die Verteidigung erneut Einsicht in diese Sachstandsberichte. Diese wurden kurze Zeit später der Verteidigung zur Verfügung gestellt. Diese Aktenbestandteile wurden vor der Übergabe an die Verteidigung offensichtlich vom BKA nur unzureichend kontrolliert. Denn aus dem BKA-Sachstandsbericht vom 07.06.2006 ergibt sich nun, dass das BKA im Rahmen der sog. „Militanzdebatte“* unter ausgedachtem Namen selbst heimlich daran teilgenommen hat.

Es findet sich im Anhang (…) folgender Hinweis: „Nur für die Handakte: Der Text wurde vom BKA verfasst und an die Interim versandt, um eine Reaktion bei der „militante gruppe (mg)“ zu provozieren und gleichzeitig auf die Homepage des BKA (Homepageüberwachung) hinzuweisen.“

Die Verteidigung wirft dem BKA vor, Akten zu manipulieren und sowohl dem Gericht als auch der Verteidigung Entscheidendes vorzuenthalten. "Beim BKA und eventuell bei der BAW werden parallele Geheimakten („Handakte“) geführt, welche offensichtlich brisant sind. Spätestens jetzt kann der Prozess gegen unsere Mandanten nicht mehr als faires Verfahren bezeichnet werden. Als Konsequenz muss er eingestellt werden", erklärten die Anwälte.

* Im Rahmen der Militanzdebatte wurde über Sinn und Unsinn von militanten Aktionen, der Taktik und Strategie des Einsatzes von Militanz etc. per schriiftlichen Beiträgen diskutiert. Die Beiträge wurden in der Regel in der Szene- Zeitschrift Interim veröffentlicht, welche alle 14 Tage erscheint.

Quelle: http://einstellung.so36.net/de/1351

BKA-Text in der "Interim": http://einstellung.so36.net/files/BKA-Text.pdf


Innenstaatssekretär beschwört Terrorgefahr während der Bundestagswahl

(30.03.2009)

In einem Interview mit der ZEIT warnt Innenstaatssekretär August Hanning, früher Chef des Bundesnachrichtendienstes (BND), zum wiederholten Male vor der gestiegenen Terrorgefahr in Deutschland und betont die Wichtigkeit neuartiger Sicherheitsmaßnahmen.

"Die Drohungen der islamistischen Terrorszene, die früher allgemein gegen die westliche Welt und gegen die USA gerichtet waren, sind jetzt spezifisch an Deutschland adressiert," ist Hanning überzeugt. So solle Deutschland zum Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan bewegt werden.

Hanning hält es für denkbar, dass es im Vorfeld der voraussichtlich im Herbst stattfindenden Bundestagswahl zu Anschlägen kommt. So könnte, wie es nach Hannings Aussage im Jahr 2004 in Madrid geschah, versucht werden, den Ausgang der Wahl zu beeinflussen.

Für größer als das Risiko von Anschlägen in Deutschland hält Hanning die Gefahr von Attentaten gegen deutsche Soldaten in Afghanistan. Allerdings unterhielten Terrorgruppen aus Afghanistan und Pakistan "enge Kontakte zu Islamisten in Deutschland. Hier werden immer wieder Dschihadisten vom pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet aus rekrutiert, und dort werden Pläne für Anschläge geschmiedet. Außerdem kehren aus der Region Dschihadisten nach Deutschland zurück." Diese Rückkehrer hält Hanning für besonders gefährlich: "Die 60 bis 80 Rückkehrer stellen die überwiegende Mehrheit der bis zu 100 Personen, die wir als Gefährder bezeichnen. Hinzu kommen in Deutschland rund 300 weitere, potenziell gefährliche Islamisten. Insgesamt sprechen wir hier von einem Kreis von rund 1000 Personen," berichtet der Ex-Geheimdienstler.

In diesem Zusammenhang betont Hanning noch einmal die Wichtigkeit des sogenannten Terrorcamp-Gesetzes, also des Gesetzes zur Strafbarkeit der Ausbildung in Terrorlagern. Dieses ist von der Bundesregierung geplant, aber alles andere als unumstritten. Laut Hanning spielt es allerdings eine wichtige Rolle im Umgang mit gefährlichen Terroristen: "Denn wir können in einem frühen Stadium reagieren, in dem die Fertigkeiten zukünftiger Terroristen noch nicht so stark ausgeprägt sind. Die Ermittlungen würden erheblich erleichtert. Wir könnten mit strafrechtlichen Mitteln gegen künftige Rückkehrer vorgehen. Entscheidend ist an dem Gesetz, dass die Justiz bereits gegen potenzielle Terrorcamp-Besucher vor deren Ausreise vorgehen kann."

Interview Die Zeit v. 28.03.2009 via Annika Kremer


Weltfinanz- und Wirtschaftskrise: Soziale Unruhen werden Regierungen stürzen

(24.03.09/rn)

Die britische Wochenzeitung "The Economist" hat eine Studie veröffentlicht, die die Gefahren sozialer Unruhen in der Folge der Wirtschaftskrise untersucht. Nach Ergebnissen der "Economist Intelligence Unit" haben danach von 165 Ländern 95 ein hohes oder sehr hohes Risiko sozialer Unruhen. 53 haben ein mittleres Risiko und nur 17 Länder werden mit geringem Risiko eingestuft. (1)

Alasdair Ross, der Herausgeber des Berichts, glaubt, "dass die Bedrohung ernst ist und dass die Gefahr der Selbstzufriedenheit weit schwerer wiegt als die Gefahr der Übertreibung der Gefahren." So geht die Studie von katastrophalen sozialen Folgen der Krise aus, dem wirtschaftlichen Abschwung folgt die Arbeitslosigkeit und die Armut. Die Krise sei die schwerste seit den 30er Jahren, aber darüber hinaus sei sie global und verlaufe synchron.

Unter den Ländern mit einem hohen Risiko listet der Bericht auch europäische Staaten auf, wie z.B. die Ukraine, Moldavien unnd Bosnien/Herzegovina. Spanien, Frankreich, Irland, Grossbritannien, Italien aber auch den USA wird ein mittleres Risiko attestiert.

Im Bereich des geringen Risikos (auf dem 150. Platz) findet man Deutschland neben Staaten wie China und Iran. Das – so die Studie – könne sich in dem Moment ändern, wo die Arbeitslosenzahlen eine zweistellige Höhe erreichen. (2)

(1) http://www.hintergrund.de/images//eiumar09.pdf

(2) http://viewswire.eiu.com/site_info.asp?info_name=manning_the_barricades&page=noads&rf=0


Neues Anti-Terror-Programm: Grossbritannien will 60.000 Zivilisten schulen

(24.03.2009/APA/Yahoo News)

Die britische Innenministerin Jacqui Smith plant eine neue, umfassendere Antiterror-Strategie. Ein Teil davon wird sein, rund 60.000 Zivilisten im richtigen Umgang mit terroristischen Bedrohungen zu schulen.

Die Maßnahme übertreffe im Umfang alle bisherigen Katastrophenübungen auf der Welt. "Wir sind uns im Klaren darüber, dass wenn wir die Terror-Gefahr angehen, wir das mit den 60.000 Menschen tun müssen, die wir jetzt trainieren", sagte Smith. "Das ist nicht länger etwas, was man hinter verschlossenen Türen und im Geheimen machen kann."

In Bezug auf die neue Strategie sagte Premierminister Gordon Brown, auch Zivilisten müssten in Bezug auf die Bedrohung durch al Qaeda-Terroristen "jederzeit wachsam" sein, da diese "entschlossen sind, ohne Warnung massenhaft Menschen zu töten, unter anderem durch Selbstmordattentate". Daher sei es nicht mehr nur Aufgabe der Polizei, Sicherheitskräfte, Geheimdienstmitarbeiter und Soldaten, mit dieser Bedrohung umzugehen, sondern auch Rettungskräfte, Kommunalpolitiker, Unternehmen und andere Gruppen müssten in die neue Antiterror-Strategie mit einbezogen werden.

Brown betonte, es sei die Pflicht aller Briten, sich gegen Menschen zu stellen, die "Gewalt befürworten und Hass predigen". Er sagte außerdem, es sei momentan die wichtigste Aufgabe überhaupt, Großbritannien vor dem Terrorismus zu schützen. Smith kündigte an, am kommenden Dienstag werde ihr Ministerium ein Dokument veröffentlichen, das "eine komplette Antiterror-Strategie" beinhalten werde. Sie betonte, die Regierung werde offen darlegen, welche Schritte sie unternimmt, um "zu verhindern, dass Menschen sich dem Extremismus zuwenden, diejenigen, die in terroristische Aktivitäten verwickelt sind, zu finden und gefangenzunehmen, die britischen Bürger und die Interessen des Vereinigten Königreiches gegen Angriffe zu schützen und mit den Konsequenzen aller denkbaren Vorfälle fertigzuwerden."

http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/463490/index.do http://uk.news.yahoo.com/21/20090322/tuk-60-000-trained-over-terror-threat-6323e80.html (Übersetzung: Annika Kremer)


AIG Bonuszahlungen: US-Finanzminister Geithner fordert Millionenrückzahlung

(18.03.09/dpa)

US-Finanzminister Timothy Geithner will den Versicherer AIG zwingen, den Steuerzahler für Millionen-Prämien an seine Mitarbeiter zu entschädigen.

Dies kündigte er am Dienstag in einem Brief an den Kongress an. Zudem würden die Boni von einer zugesagten Finanzspritze von 30 Milliarden Dollar abgezogen. Die Regierung hat AIG mit rund 180 Milliarden Dollar mehrmals vor dem Aus bewahrt. Für das desaströse Jahr 2008 zahlte AIG am Sonntag insgesamt 165 Millionen Dollar an Boni aus. US-Politiker haben mit Wut darauf reagiert. AIG hat erklärt, der Konzern sei zur Zahlung dieser bereits zugesagten Prämien verpflichtet.

Insgesamt sollen 450 Millionen Dollar ausgerechnet an die Manager der Finanzmarktsparte des Versicherers gezahlt worden sein. Diese allein hatte im vergangenen Jahr einen monumentalen Verlust von 40,5 Milliarden Dollar eingefahren.

Aufregung in den USA gibt es um AIG auch deshalb, weil nach der Rettung des Versicherungsriesen US-Staatsgelder von rund 120 Milliarden Dollar an Geschäftspartner in den USA und weltweit geflossen sind.

Die Deutsche Bank gehört zu den größten Nutznießern der milliardenschweren Rettung des US-Versicherungsriesen AIG.

Die größte deutsche Bank bekam von Mitte September bis Jahresende 11,8 Milliarden Dollar von den 93 Milliarden, mit denen die schwer angeschlagene AIG ihren Verpflichtungen gegenüber Banken nachgekommen ist. Dies geht aus der am Sonntag auf öffentlichen Druck hin offengelegten Empfängerliste hervor.

Demnach rangiert die Deutsche Bank knapp hinter der US-Großbank Goldman Sachs (12,9 Mrd) und der französischen Societe Generale (11,9 Mrd). Auf dem siebten Platz steht die Schweizer UBS mit fünf Milliarden Dollar, auf Platz zehn die Dresdner Bank mit 2,6 Milliarden.


El Salvador: Der Linkskandidat Mauricio Funes gewinnt die Wahl

(17.03.09/dpa)

Nach dem Sieg des Kandidaten der ehemaligen Guerillabewegung FMLN bei der Präsidentenwahl in El Salvador wird jetzt ein weiteres lateinamerikanisches Land von einer linken Regierung geführt. Der 49-jährige Journalist Mauricio Funes kam nach Angaben der Wahlbehörde vom Montag auf 51 Prozent der Stimmen. Sein Gegner von der langjährigen Regierungspartei Arena, Rodrigo Ávila (44), erhielt demnach 48 Prozent. Das amtliche Endergebnis soll Mitte der Woche bekanntgegeben werden.

Über den Sieg der Linken in El Salvador schreibt die in Zürich erscheinende "Neue Zürcher Zeitung" am Dienstag:

"Siebzehn Jahre nach dem Ende des Bürgerkrieges hat die Linke in El Salvador ihr Ziel erreicht, mit friedlichen Mitteln die Macht zu erringen. Dieser an der Urne zugelassene Sieg stellt letztlich auch der bisherigen rechtskonservativen Arena-Regierung ein gutes Zeugnis aus. Nach zwanzig Jahren in der Regierung war sie zu pauschal dem Verdacht ausgesetzt, sich mit manipulativen und betrügerischen Mitteln an der Macht zu halten. Dass der Sieg der Ex-Guerilleros durch den Stimmzettel möglich wurde, ist ein grosser Triumph für die Demokratie in El Salvador und in Lateinamerika. Und es ist ein Zeichen der Reife für den linken Frente Farabundo Martí para la Liberación Nacional (FMLN), dass er diese Geduld aufgebracht hat."

Weiterführend zu Lateinamerika:

Hintergrund, 17. März 2009

Zweite Befreiung – Lateinamerika löst sich von der Dominanz der Industriestaaten


Bundesagentur für Arbeit sucht den Superstar

(12.03.09/rn)
Zeitarbeitsfirmen und die Bundesagentur für Arbeit rekrutieren Statisten für die Bundeswehr. Konkret handelte es sich um eine Übung – die "abschließende Zusatzausbildung“ zur Vorbereitung der Auslandseinsätze im Ausbildungszentrum Hammelburg – der Bundeswehr, bei der man Komparsen einsetzte. Bisher wurde immer behauptet, dass Zivilisten in den Militärübungen ausschließlich von Rekruten und Reservisten gespielt würden. Tatsächlich aber werden bis zu 200 zivile Statisten jährlich für die Vorbereitung der Bundeswehr auf konfrontative Situationen bei ISAF und KFOR über Zeitarbeitsfirmen angeworben, die eng mit den Arbeitsagenturen zusammenarbeiten. Die Übungen zeigen darüber hinaus, dass es der Bundeswehr in ihren Auslandseinsätzen um so genannte ‚Crowd- und Riotcontrol’, also um die Bekämpfung von Aufständen der Zivilbevölkerung geht. So trainiert man eine Besatzung!

Inge Höger, abrüstungspolitische Expertin der Linken, lehnt Auslandseinsätze der Bundeswehr und die Besatzungskriege der NATO grundsätzlich ab. "Dass auch die Zivilbevölkerung in Deutschland zur Vorbereitung der Soldaten auf den Krieg missbraucht wird, ist für die LINKE ein Skandal! Der Krieg sickert ein!“, erklärt sie. Tausende Statisten stellen jährlich auf US-Basen in der Bundesrepublik für ein Handgeld Krieg und Besatzung nach. Die Soldaten bereiten sich darauf vor, als Besatzungsarmee vor allem mit der Bevölkerung konfrontiert zu werden.


Finanzmarktkrise: Weltweit wurden bereits 40 Billionen Euro vernichtet

(12.03.09/rn)

Laut einer Studie der Asiatischen Entwicklungsbank in Manila hat die „schlimmste Krise seit 80 Jahren“ weltweit schon jetzt Vermögen in Höhe von 40 Billionen Euro vernichtet. Besonders hart trifft der Vermögensverlust Asien. Doch es soll noch schlimmer kommen: Laut Weltbank wird es erstmals seit 1945 eine weltweite Rezession geben. Besonders betroffen von der Krise sind die Entwicklungsländer. Auch die EU-Finanzminister zweifeln mittlerweile daran, dass die Konjunktur im nächsten Jahr wieder anspringt. Die Finanzkrise werde die Wirtschaft heftiger treffen und länger dauern als man bislang angenommen habe, heißt es in einem internen Papier zur Vorbereitung des nächsten EU-Gipfels am 19. März.

Bereits im Februar, vor dem letzten EU-Wirtschaftsgipfel, wurde der Inhalt eines "internen EU-Papiers" bekannt. Der britische Telegraph berichtete damals über einen brisanten 17-seitigen Text der EU-Kommission, der den europäischen Finanzministern bei ihrem Treffen vorgelegt wurde. Danach gibt es derzeit bei den europäischen Banken Wertpapiere im Umfang von 18.100 Milliarden Euro (das sind 44 Prozent aller Vermögenswerte der europäischen Banken), die entweder –faul oder schlicht unverkäuflich sind. Redakteure des Telegraph konnten das als „intern“ klassifizierte Papier einsehen. Der Telegraph veröffentlichte aber nur wenige Stunden lang die dramatischen Zahlen Online, dann wurde die Meldung „bereinigt“. Ob das neue Papier wieder derartigen Sprengstoff birgt, ist nicht bekannt.


Geldscheine wie Klopapier – kommt die nächste Inflation?

(23.02.2009/dpa-rn)

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) sieht wegen der Milliarden-Programme zur Stützung der Konjunktur eine Inflationsgefahr. «Ich habe die Befürchtung, dass wir etwas machen, was wir als Fehler schon mal gemacht haben nach den Anschlägen vom September 2001», sagte Steinbrück am Sonntag in der ARD-Sendung «Bericht aus Berlin». Vor allem die USA pumpten viel Geld in den Markt. Sobald die Rezession und die Finanzmarktkrise überwunden seien, werde sich die Frage stellen, «ob wir die Kraft haben, diese Liquidität aus dem Markt wieder herauszuziehen. Und das wird sehr schwierig», sagte Steinbrück.

Die "Liquidität", von der Steinbrück spricht, besteht mittlerweile zum größten Teil aus nichts als reinen "Luftwerten". „Die US Notenbank FED produziert, wenn nötig, Dollarscheine wie die Firma Hakle Klopapier. Offiziell kann der Staat also gar nicht bankrottgehen“, erklärte der Schweizer Ökonom Walter Wittmann bereits im vergangenen September.

Trotzdem warnen Konjunkturforscher vor zunehmenden Staatsbankrotts und Geldentwertung. Die Regierung scheint Übersicht bei den Nullen vor dem Komma schon lange verloren zu haben. Ständig werden weitere Sicherungspakete geschnürt und neue "Opfer der Krise" mit möglichen Finanzspritzen bedacht.

In "LifeGen" fordert Vlad Georgescu bereits ein internationales Wirtschaftsverbrecher-Tribunal: "Rund eine Billion Euro. Das ist die Summe, die schlimmstenfalls über die Hypo Real Estate (HRE) an volkswirtschaftlichem Schaden der Bundesrepublik entsteht. Und das ist der Betrag, der die Republik in den Staatsbankrott führen könnte – denn er macht bereits die Hälfte des Bruttoinlandsproduktes des Landes aus. Angesichts solcher Dimensionen von Verfehlungen einzelner Manager zu reden wäre unangebracht. Die Verluste der HRE entstanden, weil Aufsichtsbehörden und politische Entscheidungsträger das Vabanque-Spiel der Banken erst möglich machten. Damit aber steht fest: Ein unabhängiges Tribunal muss sämtliche Verantwortung zur persönlichen Rechenschaft ziehen – wenn nötig, bis hin zu den höchsten Gremien der Politik."

Eine Billion. Diese Summe übersteigt alles, was die Bundesrepublik an Wirtschaftskriminalität je gesehen hat.Wer haftet aber für das Desaster? Der Steuerzahler? Und wenn ja, warum eigentlich? Vor allem: Wer hat was gewusst?

Die Bundesregierung trägt an der derzeitigen Krise mehr Schuld, als sie zugeben möchte. Noch vor Monaten wollte man von einer Implosion der Realwirtschaft nichts wissen, selbst eine Bankenkrise war, folgt man den damaligen Aussagen der Politik, hierzulande in diesem Ausmaße undenkbar.

Und nun tönt es leise, aber vernehmlich von Inflation und Staatsbankrott!


EU-Mission gegen Piraterie unerwünscht? Kapitän läßt Schiff lieber kapern, als Hilfe anzunehmen

(23.02.2009/rn)

Seeräuber haben am Sonntag im Golf von Aden vor Somalias Küste das griechische Schiff "MV Saldanha" gekapert. Der Kapitän meldete den Überfall noch per Funk an seine griechische Reederei, bevor die Piraten das Schiff enterten, berichtete der staatliche griechische Rundfunk unter Berufung auf die Küstenwache der Hafenstadt Piräus. Nach Angaben des griechischen Handelsmarineministeriums fährt der mit Kohlen beladene Frachter Saldanha unter der Flagge Maltas und ist mit 22 ausländischen Besatzungsmitgliedern an Bord unterwegs nach Slowenien.

Die angebotene Hilfe des 100 km entfernt kreuzenden britischen Kriegsschiffes "HMS Northhumberland" lehnte der Kapitän allerdings ab, wie das britische Verteidigungsministerium am Sonntag bestätigte. Demnach enterten die Piraten das griechische Schiff, während dessen Kapitän den Briten signalisierte, sich fernzuhalten.

Die "HMS Northhumberland" gehört zu der EU-Operation "Atalanta" im Golf von Aden, die im Dezember vergangenen Jahres mit großem politischem Begleitkonzert eigens gegen die Piraterie startete. Seitdem sucht sie nach einer Legitimation durch Beispiele erfolgreich verhinderter Schiffskaperungen. Verteidigungsminister Jung freute sich damals über das "robuste Mandat", das es erlaubt, Piratenschiffe zu versenken. Abschrecken, verfolgen und fassen – damit sollte der freie Seehandel in den Piratengewässern garantiert werden. Dass nun ein Kapitän lieber in die Hände der Piraten fällt, als mitsamt seines Schiffes zum Kriegsschauplatz zu werden, hatten die Militärplaner nicht einkalkuliert.

Quellen:

Der Standard, 22. Februar 2009

BBC News, 22. Februar 2009


Pentagon investiert 4,7 Milliarden US-Dollar im Informationskrieg

(10.02.2009/rn)

Um die Herzen und Köpfe der Menschen ist weltweit ein Krieg entbrannt, es geht um das „menschliche Terrain“, die öffentliche Meinung zur Kriegsführung und „Friedenssicherung“ der USA. Nach einer Reihe völkerrechtswidriger Kriege, dem wiederholten und kontinuierlichen Einsatz humantoxischer Waffen und globaler US-amerikanischer Militärpräsenz ist das Image mehr als angekratzt.

Statt jedoch tatsächlich – wie vom US-Präsidenten Obama mantra-artig und messianisch verkündet – einen Wechsel US-amerikanischer Außen- und Sicherheitspolitik umzusetzen, setzt das Pentagon weiter auf Propaganda und psychologische Kriegsführung. Für dieses Jahr wurde der Etat für Public Relations im In- und Ausland auf 4,7 Milliarden US-Dollar erhöht.

Trotzdem, so argumentieren die Militärs, betragen die Kosten für Medien- und Öffentlichkeitsarbeit immer noch nur ein Prozent des gesamten Pentagon-Haushalts, und man macht geltend, es sei wichtig für die Meinungsbildung des ausländischen und amerikanischen Publikums. In einer Zeit, wo „extremistische Gruppen Websites betreiben und Videos verbreiten, seien Informationen um so wichtiger, genauso wie Waffen, wie Panzer und Kanonen“.

Das Pentagon betreibt mittlerweile ein schnell wachsendes Medien-Imperium, das schon heute größer ist, mehr Geld und Macht besitzt, als viele Medien-Unternehmen. Ein Teil davon sind die vielgelesenen Hometown News.

Was den Lesern nicht gesagt wird: Eine Vielzahl der glühenden Geschichten, die sie in ihrer Lokalpresse lesen, wird von Pentagon-Mitarbeitern geschrieben. Ein kostenloser Service bietet der Presse Artikel zwar mit Autoren-Namen an, verschweigt jedoch deren militärische Titel und vor allen die tatsächliche Quelle: das Verteidigungsministerium. Der Plan von Hometown News für das Jahr 2009 sieht unter anderem 5.400 Presseveröffentlichungen, 3.000 Fernsehbeiträge und 1.600 Radiointerviews vor, das sind 50 Prozent mehr als noch im Jahr 2007.

In einer ganzjährigen Untersuchung führte Associated Press mit mehr als 100 Personen Gespräche und untersuchte mehr als 100.000 Seiten Dokumente aus mehreren US-Haushalten. Man wollte wissen, wo überall Geld ausgegeben wird, um Einfluss auf die Öffentlichkeit in den USA und im Ausland auszuüben.

Der größte Anteil der Mittel – rund 1,6 Milliarden US-Dollar – gehen in die Werbung. Weitere 547 Millionen gehen in so genannte „öffentliche Angelegenheiten“, die das US-amerikanische Publikum erreichen und über 489 Millionen Dollar gehen in „psychologische Operationen“, die auf ein ausländisches Publikum abzielen. Die Personalausstattung in allen diesen Bereichen kostet jährlich über 2,1 Milliarden US-Dollar.

Dabei ist Militärpropaganda – „Einfluss auf die amerikanische Öffentlichkeit“ zu nehmen – lediglich für die beiden Bereiche Mitarbeiterrekrutierung und Werbung vom Kongress erlaubt. Sehr umstritten sind die Mittel für andere so genannte „öffentliche Angelegenheiten“, weil sie das Verbot der Propaganda in der amerikanischen Öffentlichkeit tangieren.

Quelle: International Herald Tribune / Assosiated Press 5. Februar 2009 http://www.iht.com/articles/ap/2009/02/05/america/Pentagon-The-Information-War.php


Eiferer für eine verabscheuungswürdige Metzelei

(10.02.2009)

Am letzten Sonntag wandte sich das Nationalbüro der jüdisch-französischen Vereinigung für den Frieden, UJFP (1) , in einem Offenen Brief an den Vertreterrat der jüdischen Organisationen von Frankreich, CRIF (2), vergleichbar dem Zentralrat der Juden in Deutschland. In deutlichen Worten kritisieren darin französische Juden die Politik des Verbandes:

"Sie haben absolut kein Recht, in unserem Namen zu sprechen, noch im Namen all der Unseren, die in die Ghettos gepackt, bei Pogromen ermordet, in den Todeslagern vernichtet wurden, die aber auch in allen Kämpfen dabei waren, von der Internationale für eine bessere Welt bis zur Résistance gegen die Nazi-Eroberer, gegen den Kolonialismus und für Freiheit, Recht, Würde und Gleichheit.

Sie haben den Verbrechen der israelischen Armee applaudiert und sie dazu ermutigt, mit Bomben die Bevölkerung dessen zu zermalmen, was Sie eine "feindliche Einheit" nennen; deren Häuser in Schutt zu legen; was sie angebaut haben, zu verwüsten; Schulen, Moscheen, Krankenhäuser, Krankenwagen und sogar einen Friedhof zu beschießen… Somit haben Sie sich ins Lager der Verfechter der Apartheid begeben, der Unterdrücker und neuen Barbaren, und das Blut ihrer Opfer besudelt auch Sie.

Zugleich haben Sie alles menschliche Gefühl verloren, alles Mitgefühl angesichts der Not, und Sie haben uns beleidigt und beschmutzt, indem Sie alle Juden mit den Unterstützern einer Kriegsverbrecherbande gleichgesetzt haben; auch haben Sie das Andenken an Rachi, Edmond Fleg, Emmanuel Lévinas und so viele andere entehrt und an alles, was das französische Judentum an menschlichem Reichtum, an Intelligenz und Aufklärung enthielt.

Sie haben aus einem kolonialen und geopolitischen Konflikt einen Gruppenkonflikt machen wollen, indem Sie behauptet haben, "95% der französischen Juden befürworten die israelische Intervention". Sie schüren den Antisemitismus, dessen Wiederaufkeimen Sie zu befürchten vorgeben, ganz wie pyromane Feuerwehrleute.

Nein, meine Damen und Herren Leiter des sich so nennenden "Vertreter-"Rats der jüdischen Einrichtungen von Frankreich, für uns vertreten Sie nichts.

Sie vertreten die Eiferer für eine verabscheuungswürdige Metzelei."

Anmerkungen:

(1) Die Union juive française pour la paix, UJFP, ist, wie die Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost, Mitglied der European Jews for a Just Peace, EJJP, Amsterdam

(2) Der Conseil représentativ des institutions juives de France, CRIF, entspricht dem Zentralrat der Juden in Deutschland

Quelle: Steinbergrecherche

http://www.steinbergrecherche.com/09kriegsjuden.htm#UJFP

Originaltext:

http://www.ujfp.org/modules/news/article.php?storyid=509


Mit kriminellen Methoden zum Erfolg: Exxon Mobil fährt höchsten Gewinn aller Zeiten ein

(30.01.2009/rn)

Im Gesamtjahr 2008 konnte Exxon seinen Gewinn um über elf Prozent auf 45,22 Milliarden US-Dollar steigern. Das ist der höchste Gewinn, den je ein US-amerikanisches Unternehmen machte. In den letzten drei Monaten nagte der sinkende Ölpreis ein wenig an den Milliarden, wie Exxon im Geschäftsbericht schreibt. Aufgrund der nachlassenden Konjunktur und der dadurch sinkenden Nachfrage wurde in diesem Zeitraum jedoch auch drei Prozent weniger Öl produziert. (1)

ExxonMobil ist derzeit das nach Marktkapitalisierung wertvollste Unternehmen der Welt (467 Mrd. US-Dollar, Stand Juli 2008). Der Konzern erzielte bereits 2007 mit 40,6 Milliarden US-Dollar den höchsten Gewinn weltweit. Der Pro-Kopf-Umsatz eines Jahres von Exxon betrug schon 2004 knapp 3,5 Millionen US-Dollar, seitdem stiegen die Umsätze weiter, Personal wurde im Gegenzug kontunuierlich abgebaut. (2)

Im "Schwarzbuch Markenfirmen" werfen die Autoren Klaus Werner und Hans Weiss Exxon unter anderem die Finanzierung von Bürgerkriegen, Waffenhandel und die Zerstörung der Lebensgrundlagen in den Ölfördergebieten vor. (3) Nach Ansicht von Greenpeace und der Union of Concerned Scientists missbraucht der Konzern seine geballte Wirtschaftsmacht gegen den Klimaschutz. (4)

So soll Exxon Mobil in den letzten Jahren fast 16 Millionen Dollar investiert haben, um Skeptiker des Klimawandels zu unterstützen, wissenschaftliche Erkenntnisse zu verschleiern und Politiker und Medien zu manipulieren. (5) So soll das American Enterprise Institute Wissenschaftlern 10.000 Dollar zuzüglich Spesen für Berichte bieten, die den Klimabericht der UNO in Frage stellen, berichtete der britische Guardian. (6)

(1) Die Presse vom 30.Januar 2009

(2) Wikipedia Exxon Mobil

(3) Klaus Werner, Hans Weiss: Das neue Schwarzbuch Markenfirmen – Die Machenschaften der Weltkonzerne, Ullstein Tb, Berlin 2006

(4) Pressemeldung Greenpeace vom 28.05.2003

(5) Financial Times Deutschland: Wie Exxon die Welt verdunkelt, 11. Januar 2007

(6) http://www.20min.ch/news/kreuz_und_quer/story/28184204


Weltsozialforum – Lösungen nur "jenseits des Kapitalismus"?

(30.01.2009)

Seit dem 27. Januar haben sich in Belém mehr als 100.000 Globalisierungsgegner, Theologen, Gewerkschafter, Politiker, Studenten und andere Gruppen aus über 100 Ländern versammelt. Sie debattieren in 2.600 Veranstaltungen über die Lebensbedingungen der Ureinwohner in dem von Abholzung bedrohten Amazonas-Gebiet, über Menschenrechte, Mitbestimmung und die Folgen der Finanzkrise. Die indigenen Völker stehen im Mittelpunkt des Weltsozialforums in Belém.

2000 Ureinwohner aus ganz Amerika sind in die Millionenstadt am Amazonasdelta gekommen, die meisten von ihnen aus Brasilien. Einer von ihnen ist Edmundo Dzuhiwi Xavante aus dem Bundesstaat Mato Grosso. Er klagt darüber, dass sein Land mittlerweile vollkommen von den Sojaplantagen großer Konzerne umzingelt sei. Die Flüsse der Region seien durch die Rückstände von Pflanzengiften verseucht.

Amazonien verfügt über den größten Tropenwald der Welt mit einzigartiger Artenvielfalt und riesigen Süßwasserreserven. Der Regenwald funktioniert wie eine große Klimaanlage, doch seine Zerstörung trägt erheblich zur Erderwärmung bei. Durch den Erwerb von CO2-Zertifikaten in großem Stil dürften sich jedoch Unternehmen aus den Industrieländern nicht von ihrer Verantwortung zu Hause freikaufen, warnt der Berliner Ökonom Elmar Altvater. Er ist davon überzeugt, dass eine gerechte Lösung der Klimakrise nur "jenseits des Kapitalismus" möglich sei – und schlägt damit in die selbe Kerbe wie Boliviens indigener Präsident Evo Morales, der gestern, Donnerstag, in Belém erwartet wurde.

Quelle: Der Standard 30.01.2009


Bolivien: 60 Prozent stimmten für die neue Verfassung

(26.01.2009/rn)

Eine neue Verfassung soll die Rechte der indianischen Bevölkerungsmehrheit im ärmsten Staat Südamerikas stärken. In der Volksabstimmung am gestrigen Sonntag entschied sich eine deutliche Mehrheit der Bolivianer für das von Präsident Evo Morales unterstütze Gesetz. (1)

Nach ersten inoffiziellen Hochrechnungen stimmten lediglich fünf wohlhabende Teilstaaten dagegen, die dortigen Gouverneure lehnen es ab, dass ein Teil ihrer Einnahmen in die ärmeren Gegenden fließen soll. (2)

Morales, der dem Volk der Aymara angehört, sieht in der Abstimmung den Höhepunkt eines Jahrhunderte langen Kampfes, dessen Wurzeln bis in die Zeiten der spanischen Eroberung zurückreichen. 500 Jahre Kolonialismus und Großgrundbesitz gingen zu Ende, rief Morales nach Bekanntgabe des Ergebnisses seinen Anhängern zu. „Hier beginnen wir, wahre Gleichheit für alle Bolivianer zu erreichen.“ (3)

Nach den Bestimmungen der neuen Verfassung werden der indianischen Bevölkerungsmehrheit deutlich mehr Rechte zugesichert. 36 ihrer Teilstaaten erhalten Garantien für eine Selbstbestimmung und auch kleinere Völker haben nun den Anspruch auf Sitze im Parlament. Eine Justizreform sieht vor, die Richter des Obersten Gerichts künftig zu wählen, statt sie wie bisher vom Präsidenten zu ernennen. Der Landbesitz soll begrenzt werden und dem Staat wird es erlaubt, Land zu beschlagnahmen, das keine „soziale Funktion“ erfüllt.

Evo Morales erhielt bei einer Volksabstimmung über seine Amtsführung im August vergangenen Jahres eine Unterstützung von 67 Prozent.

Eine weitere Änderung der neuen Verfassung betrifft die Amtszeit des Präsidenten. Bisher sind maximal zwei Legislaturperioden möglich, die aber nicht direkt aufeinander folgen dürfen. Diese Einschränkung soll abgeschafft werden, so dass das Staatsoberhaupt zwei Amtszeiten von jeweils fünf Jahren in Folge regieren kann.

(1) http://newsticker.sueddeutsche.de/list/id/378796

(2) http://www.apa.at/cms/site/news_item.html?channel=CH0071&doc=CMS1232952599457

(3)

http://www.nzz.ch/nachrichten/medien/bolivianer_nehmen_neue_verfassung_an_1.1783446.html


„Yes we can“ – US-amerikanische Drohnen bombardieren weiter Zivilisten

(26.01.2009/rn)

US-Präsident Obama hat einen Raketenangriff auf das pakistanische Grenzgebiet Nord-Waziristan autorisiert. CNN meldete am 23. Januar, die Bombardierung hätte einem „ Taliban-Ausbildungslager“ gegolten. Als Vorwand beruft man sich auf Geheimdienstberichte, nach denen dort „Al Qaida-Terroristen“ und auch Osama Bin Laden Zuflucht gefunden hätten.

Obama kommentierte den neuerlichen Angriff mit den Worten: „Es ist unsere erste Aufgabe, das amerikanische Volk zu schützen. Keine Optionen werden ausgeschlossen. Es ist überhaupt keine Frage, dass wir alle uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nutzen werden, um mit Al-Qaida und ihren Führern fertig zu werden.” (1)

Afghanistan und Pakistan haben übereinstimmend harte Kritik an der US-Armee geübt. In der ostafghanischen Provinz Laghman waren bei den jüngsten Angriffen nach Angaben von Präsident Hamid Karsai mindestens 16 Zivilisten getötet worden. Nach US-Angaben starben bei dem Einsatz ausschließlich Aufständische.

Pakistans Staatschef Asif Ali Zardari sieht die Souveränität seines Landes gefährdet und fordert die neue Regierung von US-Präsident Barack Obama auf, weitere Angriffe zu stoppen. Bei dem Raketenangriff am vergangenen Freitag in Süd-Waziristan sind mindestens 22 Menschen getötet worden. (3)

Die neuerlichen Raketenangriffe begannen nur kurz nach der Amteinführung Obamas und einen Tag nach der Ernennung Richard Holbrookes zum Sonderbeauftragten für Afghanistan und Pakistan.

(1) http://www.berlinkontor.de/23.01.2009/us-raketen-attackieren-waziristan-nahe-pakistan.html

(2) http://www.dw-world.de/dw/function/0,,12356_cid_3974388,00.html

(3) http://www.handelsblatt.com/politik/international/mindestens-22-tote-bei-neuen-us- raketenangriffen-in-pakistan;2133452


Linke warnen: NATO-Gipfel darf nicht zur demokratiefreien Zone werden

(25.1.2009/hl)

Vieles deutet darauf hin, dass die Bundesregierung und die Landesregierung Baden-Württemberg den NATO-Gipfel am 3. und 4. April 2009 in Baden-Baden zum Anlass nehmen werden, dort eine Art Polizeifestung zu errichten. Baden-Württembergs Landesinnenminister Heribert Rech (1) hatte mit verschiedenen Äußerungen für Aufsehen und Besorgnis bei Bürgerrechtlern gesorgt. So kündigte er an, radikale Gipfelgegner mit Meldeauflagen und Reiseverboten von Demonstrationen fernzuhalten. (2)

Der baden-württembergische Landespolizeipräsident Erwin Hetger kündigte ebenfalls einen repressiven Umgang mit NATO-Gegnern an und erklärte: „Camps wird es nur mit gewissen Auflagen geben. Rechtsfreie Räume wird es in Baden-Württemberg nicht geben.“ Auf andere Aktionsformen wie Blockaden oder Aktionen der sogenannten ‘Rebells Clowns Army’ werde sich die Polizei gezielt vorbereiten. (3)

Solche Äußerungen der Verantwortlichen veranlassten die innenpolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke, Ulla Jelpke, zu der Warnung, der NATO-Gipfel könne so zu einer „demokratiefreien Zone“ werden. Jelpke erklärte weiter: „Wie beim G8-Gipfel 2007 in Heiligendamm drohen beim diesjährigen NATO-Gipfel weitflächige Kontrollen, Demonstrationsverbote und weitere Einschränkungen demokratischer Rechte. Kriegsgegner werden pauschal als Störer diffamiert. Die NATO-Kriegstreiber brauchen keine Schutzglocke sondern die Konfrontation mit massiven Protesten gegen ihre blutige Politik. Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit muss auch beim NATO-Gipfel garantiert sein.“ (4)

Für die Zeit vom 1-5. April 2009 rufen zahlreiche Friedensgruppen zu Protesten gegen den in Baden-Baden und Strassburg stattfindenden NATO-Gipfel auf. (5)

(1) http://www.innenministerium.baden-wuerttemberg.de/de/Meldungen/201307.html?

_min=_im&template=min_meldung_html&referer=82713

(2) http://www.baden-online.de/ticker.phtml?id=1327

(3) http://www.innenministerium.baden-wuerttemberg.de/de/Meldungen/194527.html? _min=_im&template=min_meldung_html&referer=82713

(4) http://www.linksfraktion.de/pressemitteilung.php?artikel=1236912587

(5) https://www.dfg-vk.de/thematisches/60_jahre_nato/2008/333

http://www.baden-online.de/ticker.phtml?id=1327


Island – ein harmloser Vorgeschmack auf wachsende Unruhen in Europa: Schneebälle und Eier für den Regierungschef

(22.01.09/rn)

Aus Wut über die Finanzkrise jagten Demonstranten in Island Ministerpräsident Geir Haarde mit Schneebällen und Eiern. In der vergangenen Nacht wurde das Regierungsgebäude mit roter Farbe angeschüttet und mit Steinen beworfen. Auseinandersetzungen solchen Ausmaßes hatte die kleine Inselrepublik im Atlantik mit ihren knapp 320.000 Einwohnern seit dem Nato-Beitritt 1949 nicht mehr erlebt. Sie bietet damit gleichzeitig einen Vorgeschmack auf Auseinandersetzungen zwischen Bevölkerung und Sicherheitskräften, die weite Teile Europas in Folge der Wirtschaftskrise erwarten könnten.

Trotz klirrender Kälte harrten die Demonstranten bis 3 Uhr morgens aus. Mit Tränengas und Schlagstöcken wurde die Demonstration „aufgelöst“ und mindestens 20 Protestierer verhaftet. (1) Ein Staatsbankrott konnte vor Weihnachten nur durch Kredite des Internationalen Währungsfonds (IWF) und befreundeter Staaten sowie die Verstaatlichung der Pleitebanken abgewendet werden. Zuvor waren die drei größten Banken des Landes zusammengebrochen.

Derweil spitzt sich die Wirtschaftskrise in Island weiter zu. Bereits im Dezember waren rund 8.000 Menschen des kleinen Inselstaates arbeitslos, seitdem kommen täglich (!)120 bis 170 neue hinzu. (2) Die Arbeitslosenzahlen explodieren, die isländische Krone ist im freien Fall.

Die Demonstranten machen die Regierung mit ihrer betont aggressiven Kreditpolitik und der mangelnden Kontrolle mitverantwortlich für die Bankenpleite und die Wirtschaftskrise. Sie fordern den Rücktritt des konservativen Premiers Haarde, der zusammen mit den Sozialdemokraten in einer großen Koalition regiert.

Erst am vergangenen Wochenende erklärte Haarde gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, das von der Finanzkrise gebeutelte Island erwägt zur Lösung seiner Währungsprobleme die Einführung des Euro ohne Beitritt zur EU.

Die Proteste der Bevölkerung halten bereits seit Wochen an. Schon am letzten Sonnabend kam es zu Auseinandersetzungen mit der Polizei, bei denen Demonstranten durch den Einsatz von Pfefferspray so schwer verletzt wurden, dass sie ins Krankenhaus mussten.

Das Ausmaß von Rezession und Staatsverschuldung bekommen auch Spanien und Griechenland immer stärker zu spüren. Am Montag stufte die Ratingagentur Standard & Poor’s die Bonitätsnote für langfristige Staatsanleihen Spaniens vom Höchstwert "AAA" auf "AA+" herunter. Eine Woche zuvor war die Bonitätsnote für Griechenland gesenkt worden.

Experten befürchten, dass bald weitere Länder der Euro-Zone heruntergestuft werden könnten. Auch einen Zerfall des Währungsblocks hielten sie für möglich. Als Wackelkandidaten gelten nach entsprechenden Warnungen der Agentur Portugal und Irland. (3)

Seit gestern nun mehren sich die Stimmen, dass Großbritannien seine Banken komplett verstaatlichen muss und das Landesrating heruntergestuft wird. An der Börse brachen die Aktien britischer Banken ein und die Währung befindet sich im freien Fall. (4)

Am gleichen Tag wurde publik, dass in Deutschland die Hypo Real Estate eine weitere staatliche Finanzspritze im zweistelligen Milliardenbereich braucht. Damit würden die Kosten der staatlichen Stützungsmaßnahmen allein für diese Bank auf über 90 Milliarden ansteigen, bei einem Börsenwert des Unternehmens von gerade einmal 400 Millionen Euro.

Ebenfalls am Mittwoch veröffentlichte das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), dass die Deutschen zwar 6,6 Billionen Euro horten, sich dieser Schatz aber im Wesentlichen auf nur 10 Prozent der Bevölkerung verteilt. Die im Auftrag der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung erstellte Studie belegt weiter, dass die Schere zwischen Arm und Reich in Deutschland immer weiter auseinander klafft. So verfügen 27 Prozent über gar kein Vermögen oder waren sogar verschuldet. In ihrer Prognose rechnen die Wissenschaftler damit, dass sich die Unterschiede in den nächsten Jahren weiter verschärfen. Wohlhabende profitieren von hohen Freibeträgen bei der reformierten Erbschaftsteuer und von der neuen Abgeltungsteuer, Erwerbslose müssen erst eigenes Vermögen weitgehend aufzehren, bevor sie nach der Hartz-IV-Regelung staatliche Unterstützung in Anspruch nehmen könnten. Die Rezession in Deutschland wird die Zahl der Arbeitslosen und Privatinsolvenzen weiter erhöhen. (5)

Das ist der Zündstoff, der auch in anderen europäischen Staaten für Proteste wie in Griechenland oder Island sorgen könnte.

(1) Financial Times Deutschland – online am 22. Januar 2009 und Kurier.at v. 22. Januar 2009

(2) Thurgauer Zeitung am 30.12.2008

(3) Börse ARD, 20. Januar 2009 und Reuters, 19. Januar 2009

(4) Financial Times Deutschland, 21. Januar 2009

(5) Tagesspiegel vom 22. Januar 2009


3,5 Milliarden-Auftrag gekündigt: Französische Firma für Menschenrechtsverletzung in Israel abgestraft

(21.01.09/rn)

Am Dienstag, den 20. Januar, gab der Gemeinderat von Stockholm bekannt, dass die französische Firma VEOLIA den Auftrag für den Betrieb der U-Bahn in der Stadt für die kommenden zehn Jahre verloren hat.

Bei den Verträgen handelte es sich um den größten Auftrag Europas im öffentlichen Verkehrswesen mit einem Volumen von 3,5 Milliarden Euro. Obwohl der Vorstand des öffentlichen Verkehrsverbundes erklärte, der Beschluss basiere auf rein wirtschaftlichen Gründen, ist sicher die öffentliche Empörung über die umstrittene Firma VEOLIA ein wesentlicher Faktor für die Entscheidung gewesen.

Die schwedischen Medien hatten zuvor intensiv die Beteiligung der VEOLIA an dem umstrittenen israelischen Straßenbahn-Projekt, der sogenannten „Jerusalem-Bahn“ debattiert und die politische Ethik des Unternehmens in Frage gestellt. Die Straßenbahn verbindet das israelische West-Jerusalem mit den illegalen israelischen Siedlungen auf dem besetzten palästinensischen Gebiet. Proteste hatten auf das Dilemma aufmerksam gemacht, dass das Unternehmen in Schweden öffentliche Dienstleistungen anbietet, sich aber gleichzeitig an politisch umstrittenen Maßnahmen beteiligt und davon profitiert.

Mit Unterschriftenlisten wandten sich Tausende Stockholmer an den Rat der Gemeinde und forderten die Abgeordneten auf, sich nicht für ein Unternehmen zu entscheiden, dass im Zusammenhang mit Verletzungen des humanitären Völkerrechts steht.

Auch in Deutschland ist die französische Firma VEOLIA aktiv (http://www.veolia.de). Im Bereich Regionalverkehr, Müllentsorgung, Wasser und Strom gehört sie zu den führenden Akteuren auf dem Markt kommunaler Aufgaben.

Quelle:

http://www.silviacattori.net/article710.html

VEOLIA Webpräsenz: http://www.veolia.com/en/default.aspx


Depleted Uranium – italienischer Soldat erhält 545.000 Euro Schadensersatz

(20.01.2009/rn)

Ein Gericht in Rom hat das italienische Verteidigungsministerin zur Zahlung einer Entschädigung von 545.000 Euro an Giambattista Marica verurteilt. Der Soldat war nach einem achtmonatigen Einsatz in Somalia am Hodgkin-Lymphom erkrankt. Verantwortlich für die Erkrankung ist laut den behandelnden Ärzten radioaktives Material, das durch den Einsatz von Munition mit abgereichertem Uran herrührt. „Depleted Uranium“-Munition wurde während des Aufenthaltes Maricas in Somalia in der Zeit von 1992 bis 1993 verwendet.

„In Italien ist die Angst vor dem Balkan-Syndrom groß: Etwa 20 italienische Soldaten, die in den vergangenen Jahren an Balkan-Missionen teilnahmen, sind an unterschiedlichen Tumorformen erkrankt“, meldete der Corriere della Sera.

Nach Angaben des Verbands der Familienangehörigen der am Balkan-Syndrom erkrankten Soldaten sei die Rate an Hodgkin-Krankheitsfällen unter den Militärs doppelt so hoch wie in der italienischen Bevölkerung. Insgesamt seien bis zu 200 Soldaten an dem Syndrom erkrankt.

Wie das Gericht in Rom feststellte, war das italienische Verteidigungsministerium über die Gefährlichkeit des Urans informiert und hätte die Soldaten besser schützen sollen. „Das Urteil des römischen Gerichts ist ein Erfolg für alle Familien, die wegen des Balkan-Syndroms Verwandte verloren haben“, sagte Maricas Rechtsanwalt.

Es ist der erste Fall, in dem das italienische Verteidigungsministerium zur Zahlung einer Entschädigung im Zusammenhang mit der radioaktiven und toxischen Uranmunition verurteilt wurde. Der Corriere della Sera und auch die österreichische Presse weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es die USA waren, die diese Munition in Somalia, im Balkan und im Irak eingesetzt haben.

Die deutsche Presse hat den Fall nicht aufgegriffen, obwohl auch deutsche Soldaten nach den Balkan-Einsätzen erkrankt sein sollen. Das Thema „Uranmunition“ ist sowohl im Verteidigungsministerium als auch in der gesamten Regierungskoalition ein Tabu. Verharmlosend reagieren „Experten“ beider Regierungsparteien auf kritische parlamentarische Anfragen – zum Beispiel von Abgeordneten der Linken. So gab die Bundesregierung noch im Frühjahr 2008 eine quasi völlige Entwarnung für Gefahren durch Uranwaffen aus – mit "wissenschaftlichen Belegen".

Quellen:

Corriere della Sera: “Uranio impoverito, governo condannato a pagare risarcimento di mezzo milione”

http://www.corriere.it/cronache/09_gennaio_12/uranio_impoverito_maxi_risarcimento_militare

_malato_tumore_somalia_8c65371a-e0de-11dd-8e7f-00144f02aabc.shtml

Der Standard: „Präzedenzurteil zu "Balkan-Syndrom"“

http://derstandard.at/?url=/?id=1231151762147

Zu der Kleinen Anfrage:

http://www.lebenshaus-alb.de/magazin/005076.html

Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage zur Gefahr von Uranmunition:

http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/089/1608992.pdf


Bloggen für den Völkermord – Israel rekrutiert eine Armee zur Bekämpfung „antizionistischer“ Websites

(20.01.2009/rn)

Gestern meldete die israelische Zeitung Haaretz, das Einwanderungsministrerium richte eine “Armee von Bloggern” ein. Dazu sollen sich Israelis melden, die eine zweite Sprache sprechen und so Israels Interessen auf Deutsch, Englisch, Französisch und Spanisch in sogenannten „anti-zionistischen Blogs“ repräsentieren.

„Während des Krieges haben wir nach einem Weg gesucht, einen Beitrag zu den Einsätzen zu leisten,“ erklärte Erez Halfon, der Generaldirektor des Ministeriums. „Wir wandten uns an dieses enorme Reservoir von mehr als einer Million Menschen mit einer zweiten Muttersprache.“ Andere Sprachen, in denen Blogger gesucht werden, sind Russisch und Portugiesisch.

Halfon erklärte, Freiwillige können sich bei seinem Ministerium bewerben und werden dann an die Medienabteilung des Auswärtigen Amtes weitergeleitet. Je nach Fremdsprache werden ihnen dort die Webseiten genannt, die „problematisch“ erscheinen und auf denen sie kommentierend eingreifen sollen.

Quelle: Haaretz 19. 01.2009 – „Israel recruits ‘army of bloggers’ to combat anti-Zionist Web sites“

http://www.haaretz.com/hasen/spages/1056648.html


Amnesty fordert Waffenembargo auch gegen Israel

(16.1.09/hl)

In einem dringenden Appell fordert die Menschenrechtsorganisation amnesty international die UNO auf, ein vollständiges Waffenembargo gegen alle am Krieg in Gaza Beteiligten zu verhängen. Malcolm Smart , Direktor des Amnesty-Programms Mittlerer Osten und Nordafrika, erklärte in London: „Das Letzte, was jetzt gebraucht wird, sind mehr Waffen und Munition in dieser Region“, und er verwies auf die verheerenden Auswirkungen des Krieges auf die Zivilbevölkerung in Gaza. (1)

Smart erwähnt in seiner Erklärung auch die deutsche Reederei Oskar Wehr, deren Containerschiff „MS Wehr Elbe“ (2) vom US Military Sealift Command gechartert wurde und am 20. Dezember 2008 die US-Küste mit 989 Containern voller Sprengstoff und Munition in Richtung des israelischen Hafen von Ashdod verließ.

Dem Leiter des „Berliner Informationszentrums für Transnationale Sicherheit“ (BITS), Otfried Nassauer, zufolge ist auch die deutsche Waffenindustrie in erheblichem Maße in den israelischen Angriffskrieg verwickelt.(3) Die Firma Rheinmetall, Düsseldorf, entwickelte beispielsweise die 120 Millimeter-Glattrohr-Kanone der israelischen Panzer, Rheinmetall und IDB Deisenroth in Lohmar entwickelten die Panzerung. Israels moderne Merkava-Kampfpanzer fahren mit MTU-Motoren (Motoren- und Turbinen-Union, ein ehemaliges deutsches Unternehmen), die in den USA in Lizenz produziert werden. Ihre Getriebe stammen vom Augsburger Unternehmen Renk. Auch die Motoren der israelischen Schnellboote und Korvetten, von denen aus Gaza beschossen wird, stammen von MTU. (4) Solche Exporte erfolgen nur nach einer vorherigen Genehmigung durch die Bundesregierung. Auch wenn es sich um Komponenten für Waffensysteme oder Lizenzvergaben handelt, bedürfen sie einer Genehmigung durch die Bundesregierung.

(1) http://www.amnesty.org/en/news-and-updates/news/

arms-embargo-vital-gaza-civilian-toll-mounts-20090115

(2) http://www.wehrship.de/?id=52

(3) taz 16.1.09
Zum Weiterlesen: http://www.bits.de/


EU torpediert Eigenversorgung in Entwicklungsländern

(15.1.09/hl)

EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel hat heute die Wiedereinführung von Exportsubventionen für Butter, Käse sowie Voll- und Magermilchpulver für nächste Woche angekündigt.

Die lange Dauer hoher Preise auf dem Weltmarkt hatte dazu geführt, dass die EU-Exporterstattungen seit Juni 2007 ausgesetzt wurden. Mit Weltmarktpreisen unterhalb europäischer Interventions- und Marktpreise können die europäischen Exporteure aber nicht länger konkurrieren, so die Kommissarin. Zudem habe die Finanz- und Wirtschaftskrise zu einer Verschlechterung der Situation beigetragen.

Während Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) dies ausdrücklich begrüßte, kritisierte die entwicklungspolitische Hilfsorganisation Oxfam diesen Schritt: „Die EU-Kommission gefährdet mit der Einführung von Exportsubventionen die Existenz- und Lebensgrundlagen von Kleinbauern in Entwicklungsländern“, kritisiert Marita Wiggerthale, Agrarexpertin bei Oxfam Deutschland. In vielen Entwicklungsländern sichere der Verkauf von Milch den Unterhalt der Familie und leiste einen Beitrag zur regionalen Wirtschaftsentwicklung im ländlichen Raum.

So hatten Agrarsubventionen der EU in den Jahren 2002/2003 negative Auswirkungen für die Milchbauern in Indien, Jamaika und der Dominikanischen Republik. In Indien war zuvor mit Entwicklungshilfegeldern der EU und auch aus Deutschland die bäuerliche, also kleinteilig strukturierte Milchwirtschaft verbessert worden. Mit ihren Subventionen machte die EU die mittels der Entwicklungshilfe erzielten Erfolge teilweise wieder zunichte. Entsprechende Folgen befürchten Entwicklungshilfeorganisationen nun erneut.

Auf Jamaika werden jährlich 150 Millionen Liter Milch verbraucht. Im Jahr 2002 wurden aber nur noch 17,8 Millionen Liter in heimischer Produktion erzeugt. Magere 12% Marktanteil. Das war nicht immer so – allein in den Jahren 2001-02 war der Anteil der jamaikanischen Milch um 35% gefallen. Angesichts der billigen Konkurrenz aus der EU hatte die Ernährungsindustrie in Jamaika den heimischen Anbietern den Rücken gekehrt. Die kleinen Betriebe traf es am härtesten: die Milchproduktion der Kleinbauern sank in 5 Jahren von 2,5 Millionen auf nur mehr 300.000 Liter. Im Gegenzug stiegen die Milchpulverimporte aus der EU von 1.200 Tonnen im Jahr 1992 auf 6.300 Tonnen im Jahr 2000. 67% der Milchpulverimporte kamen aus der EU . Der Grund für die Überflutung des Marktes mit europäischen Billigimporten waren die EU-Subventionen.

Oxfam hatte bereits Mitte 2008 angesichts steigender Produktionsmengen und fallender Milchpreise vor einer Wiedereinführung der Exportsubventionen gewarnt. Diese Maßnahme mache deutlich, dass die EU-Kommission nicht ernsthaft den Abbau der Exportsubventionen vorantreibe, so Wiggerthale.

Bundeslandwirtschaftsministerin Aigner erklärte übrigens aus Anlass der in Berlin stattfindenden „Grünen Woche: „Insbesondere die Sicherstellung der Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung bei Erhalt der natürlichen Ressourcen gehört derzeit zu den größten Aufgaben der Menschheit, die es zu lösen gilt.“ (1) Die Vernichtung regionaler Selbstversorgung beispielsweise im Bereich der Milchversorgung mit Hilfe von EU-Subventionen ist wahrscheinlich kein sinnvoller Beitrag.

(1) http://www.bmelv.de/cln_045/nn_754188/DE/12-Presse/Pressemitteilungen/

2009/01-03-AI-Sicherung-der-Welternaehrung-IGW.html__nnn=true

Zum Weiterlesen: http://www.wer-profitiert.de/de/home/

und: http://www.germanwatch.org/tw/dk04mw.htm


100 Euro für Kinder – 2.500 Euro für ein neues Auto

(13.1.09/hl)

Zwei Einmalzahlungen symbolisieren die Ausrichtung des von der Bundeskanzlerin pathetisch als „Pakt für Deutschland“ bezeichneten zweiten Konjunkturprogramms der von ihr geführten Bundesregierung: Es gibt einmalig lediglich 100 Euro für Kinder, aber 2.500 Euro „Verschrottungsprämie“ für den Kauf und die Anmeldung eines neuen Autos.(1)

Kanzlerin Angela Merkel, Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer und auch der SPD-Kanzlerkandidat, Außenminister Frank-Walter Steinmeier, hoben vor der Bundespressekonferenz in Berlin vor allem die Bedeutung der Autoindustrie für die gesamte deutsche Wirtschaft hervor. Sie zu erhalten und zu fördern ist das Hauptanliegen des jetzigen Programms. Steinmeier sieht mit der Förderung der Autoindustrie gleichzeitig eine sozialdemokratische Kernforderung umgesetzt. Die Einführung eines Mindestlohns hatten die SPD-Verhandlungsführer erst gar nicht als Forderung gegenüber der CDU/CSU erhoben.

Vor der Bundespressekonferenz in Berlin hob die Kanzlerin die Wichtigkeit gleichzeitiger weltweiter Maßnahmen gegen die Wirtschaftskrise hervor und verwies dabei auch auf die Maßnahmen in den USA. Zugleich kritisierte sie aber Stützungsmaßnahmen für die US-Autoindustrie. Sie empfahl der EU, dort genau hinzuschauen. Denn, so Merkel, es gebe „in den USA WTO-relevante Tatbestände bei der Automobilindustrie.“

Die Bundesregierung geht davon aus, dass ihr Maßnahmenpaket bereits am 28.1. 2009 vom Bundestag beschlossen wird. Kritiker bezeichnen die beabsichtigen Maßnahmen als „Programm zum Machterhalt“. Umweltschützer kritisierten die undifferenzierte Förderung der Automobilindustrie und die fehlende ökologische Orientierung. Statt konsequent umweltfreundliche Technologien zu fördern, gäbe es künftig Steuergeschenke auch für die Anschaffung neuer Spritfresser, wie etwa Geländewagen. Deutliche Kritik kam auch von Seiten der Grünen, Linken und der Gewerkschaften.

Die Linke rechnete vor, dass mit einer nur fünfprozentigen Millionärssteuer weitaus mehr als die jetzt veranschlagten 50 Mrd. Euro zu erzielen wären, ohne dass dies die Staatsverschuldung weiter erhöhe. Mit einer fünfprozentigen Millionärssteuer seien zusätzliche Einnahmen des Staates in Höhe von 80 Milliarden Euro möglich, sagte Michael Schlecht, Mitglied des Parteivorstandes und des Bundesausschusses, am Montag (12. Januar) in Berlin. Besteuert werden sollten alle privaten Vermögen, die eine Million Euro übersteigen.

Ein neues Konjunkturprogramm müsse nach Ansicht der Linken weit über bisherige Ansätze hinausgehen. Nötig seien Zukunftsinvestitionen von 50 Milliarden Euro, höhere Einkommen, ein höheres Arbeitslosengeld II von mindestens 435 Euro und höhere Renten. Zudem müsse ein solches Zukunftsinvestitionsprogramm so ausgelegt werden, dass mindestens eine Million tariflich abgesicherte und bezahlte Vollzeitarbeitsplätze gesichert oder geschaffen würden. (2)

Der Ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske erklärte, „allein 50 Milliarden Euro seien für öffentliche Investitionen erforderlich, um über eine Million Arbeitsplätze zu sichern und zu schaffen“. Gleichzeitig verlangte er eine Anhebung des ALG II-Regelsatzes auf 420 Euro und die Ausgabe von Konsumgutscheinen, um so die Binnennachfrage schnell zu stärken. (3) Die Linke verlangt in einem Beschluss ihres Bundesausschusses die Anhebung des ALG II auf 435 Euro und argumentiert, eine solche Anhebung „würde die Lebenslage der Betroffenen deutlich verbessern und die Binnennachfrage um 7 Milliarden Euro stützen.“ (4)

(1) http://www.bundesregierung.de/nn_1264/Content/DE/Artikel/2009/01/

2009-01-13-zweites-konjunkturpaket.html

(2) http://die-linke.de/presse/presseerklaerungen/detail/zurueck/aktuell/artikel/

fuer-einen-wirtschaftspolitischen-neuanfang/

(3) http://presse.verdi.de/aktuelle-themen/forderungen_gegen_die_krise/ data/arbeitsplaetze_sichern.pdf

(4) http://die-linke.de/partei/organe/bundesausschuss/beschluesse_und_erklaerungen/

fuer_einen_wirtschaftspolitischen_neuanfang_programm_gegen_die_wirtschafts_und_finanzkrise/


UN-Menschenrechtsrat verurteilt Israel

(13.01.2009/rn)

In einer Resolution hat der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen in Genf am Montag, den 12. Januar, die israelische Militäroperation im Gazastreifen verurteilt und eine sofortige Waffenruhe sowie die Entsendung einer internationalen Untersuchungskommission verlangt. (1)

Die Sondersitzung unter dem Thema „Die schweren Verletzungen der Menschenrechte in dem besetzten palästinensischen Gebiet, einschließlich der jüngsten Gewalt im besetzten Gaza-Streifen“ war vor allem auf Ersuchen islamischer und afrikanischer Staaten zustande gekommen. (2)

In der Resolution wird auf „massenhafte Menschenrechtsverletzungen gegen die Palästinenser“ verwiesen und Israel vorgeworfen, die palästinensische Infrastruktur zerstört und auch Krankenhäuser und andere zivile Ziele angegriffen zu haben. Durch die israelische Militäroffensive seien auf den Palästinensergebieten mehr als 900 Menschen getötet und mindestens 4000 verletzt worden, führt die Resolution weiter aus. Israel wird erneut aufgefordert, sich aus den palästinensischen Gebieten völlig zurückzuziehen.

Dem Menschenrechtsrat gehören 47 Staaten an. Die Resolution wurde mit 33 Stimmen bei einer Gegenstimme Kanadas und 13 Enthaltungen angenommen. (3) Die europäischen Staaten, darunter auch Deutschland, die Schweiz, Japan und Südkorea enthielten sich mit der Begründung, die Angriffe der Hamas würden nicht ausreichend verurteilt.

(1) http://www2.ohchr.org/english/bodies/hrcouncil/specialsession/9/docs/S-9resolution12jan08.pdf

(2) http://www2.ohchr.org/english/bodies/hrcouncil/specialsession/9/index.htm

(3) http://www2.ohchr.org/english/bodies/hrcouncil/specialsession/9/resvote.htm


Gezerre um Post-Bank Übernahme

(13.01.2009/rn)

Die Deutsche Bank will die Postbank günstiger als bisher vereinbart kaufen, berichtet das Handelsblatt. Josef Ackermann verhandelt um nachträgliche Verbesserungen und einen Rabatt. Die Deutsche Bank begründet das mit dem rapiden Preisverfall der Postbank-Aktie, die während der Finanzkrise und den Übernahme-Vereinbarungen im September erheblich an Wert verloren hat.

Die bisherige Kaufvereinbarung sieht vor, dass die Deutsche Bank im ersten Quartal 2009 zunächst 29,75 Prozent der Postbank zum Preis von 57,25 Euro pro Aktie kauft. Das wären insgesamt rund 2,79 Milliarden Euro. Die Aktie der Postbank notierte zuletzt allerdings nur noch bei rund 13 Euro. Die Deutsche Bank müsste danach ein Vielfaches des aktuellen Börsenkurses zahlen.

Hintergrund des Gezerres bei der Übernahme sind sicher auch die Verluste des Jahres 2008, die in beiden Unternehmen drastisch zu Buche schlagen. Bereits in der vergangenen Woche hatte die Post-Bank angekündigt, 2008 werde mit einem „deutlich“ negativen Ergebnis beendet.

Laut Handelsblatt rechnen „Analysten auch bei der Deutschen Bank mit einem „rabenschwarzen“ vierten Quartal. „Beide Häuser haben Bilanzprobleme und kämpfen mit Wertberichtigungen. Da ist es nur logisch, dass man statt einer Hängepartie rasch zu klaren Mehrheitsverhältnissen kommen will“, sagte ein Fondsmanager zu der anstehenden Übernahme.“

Nach außen halten sich beide Seiten bedeckt. „Wir halten am Einstieg im ersten Quartal fest“, erklärte Ronald Weichert, Sprecher der Deutschen Bank. Auch die Post-Sprecherin Silje Skogstad will sich zu Spekulationen nicht äußern und erklärt lapidar: „Wir haben einen Vertrag mit der Deutschen Bank und dazu stehen wir.“

Nach dem Bericht des Handelsblatts könnte ein Kompromiss ähnlich wie bei der Übernahme der Dresdner Bank durch die Commerzbank aussehen. Dafür würde die Deutsche Bank bereits früher einen größeren Anteil an der Postbank übernehmen, damit die Post schneller an Liquidität kommt. Im Gegenzug würde die Post den Verkaufspreis pro Aktie reduzieren.

Ob auch im Falle der Postbank womöglich ein „staatlicher Ausgleich“ der Defizite angestrebt wird, ist noch nicht bekannt. Immerhin war es wiederholt Josef Ackermann, der die Einrichtung einer staatlichen „Bad Bank“ fordert, in der mit Steuergeldern und Staatskrediten sämtliche „faulen Papiere“ aufgekauft werden, um so die Banken vor weiteren Verlusten zu schützen.

Quellen:

Ackermann will Rabatt bei der Post-Bank: http://www.handelsblatt.com/unternehmen/banken-versicherungen/ackermann-will-

rabatt-bei-der-postbank;2125098;2

Ackermann fordert „Bad Bank“: http://www.hintergrund.de/content/view/326/64/


Vierter Todestag von Ouri Jalloh

Linke fordert unabhängige Kommission zur Untersuchung von Polizeiübergriffen

(7.1.2009/hl)

Anlässlich des vierten Todestags von Ouri Jalloh, (1) der am 7. Januar 2005 unter nach wie vor ungeklärten Umständen bei einem Brand in einer Polizeizelle in Dessau ums Leben kam, verlangt die migrationspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion Die Linke, Sevim Dagdelen, MdB, die Einrichtung einer „unabhängigen Kommission, die Fälle von Polizeiübergriffen untersucht und aufklärt“. (2)

Dies müsse die Lehre „aus dem zur Farce verkommenen Ermittlungsverfahren im Fall Ouri Jalloh sein", fordert Sevim Dagdelen. Am heutigen Mittwoch findet in Dessau eine Demonstration der „Initiative im Gedenken an Ouri Jalloh“ statt.. Die Abgeordnete solidarisiert mich mit dem Ziel der Demonstration, die ein Ende von rassistischen Polizeiübergriffen fordert . Seit Jahren klagen Organisationen wie Amnesty International, dass Polizeiübergriffe in Deutschland nirgendwo erfasst werden. Niemand weiß, wie groß das Problem tatsächlich ist. Auch der UN-Ausschuss zur Beseitigung von Rassendiskriminierung äußerte sich wiederholt besorgt über rassistische Polizeigewalt in Deutschland. Eine Kommission des Europarats wunderte sich jüngst wieder darüber, dass hierzulande überproportional viele Beschwerden über Polizeigewalt von Menschen mit Migrationshintergrund stammen. Es entstehe der Eindruck, so Dagdelen weiter, „dass strukturelle Missstände und rassistische Einstellungen bei der Polizei gezielt tabuisiert werden“. Die Bundesregierung „verstecke sich“ dabei hinter der Zuständigkeit der Länder, so in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linken. (3) Resultat der disziplinar- und strafrechtlichen Nicht-Verfolgung und Nicht-Sanktionierung von Polizeiübergriffen sei Täterdeckung statt Opferschutz. Mit Anti-Rassismustrainings in der Polizeiausbildung allein sei diesen Gewaltmechanismen nicht beizukommen. Amnesty und andere Initiativen fordern schon lange eine unabhängige Kommission, ausgestattet mit der Befugnis, angezeigte Fälle von Polizeigewalt zu untersuchen. In vielen europäischen Ländern – darunter Großbritannien, Irland, Österreich, Schweden und Ungarn – gibt es das bereits."

(1) http://de.wikipedia.org/wiki/Oury_Jalloh

(2) http://www.sevimdagdelen.de/de/article/335.vierter_todestag_ von_ouri_jalloh_gegen_das_vergessen_und_rassistische_polizeigewalt.html

(3) http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/090/1609061.pdf

zum Weiterlesen: http://www.amnesty-polizei.de/pages/deutschlandbericht.php


Christian Ganczarski: Terrorprozess mit fraglichen Methoden?

(05.01.09/rn)

„Osamas deutschen General“ nannte ihn der Stern (1) und die französischen Ermittler glauben, „den größten Fisch, der bislang in Europa ins Netz ging“, gefangen zu haben. Christian Ganczarski sitzt seit Juni 2003 in Frankreich in Haft. Er steht nun als Drahtzieher des Attentats vom 11. April 2002 auf der tunesischen Touristeninsel Djerba vor einem Pariser Gericht. 21 Menschen wurden damals getötet, davon 14 deutsche Urlauber.

Der gute Kontakt zu Osama bin Laden soll der Tatsache geschuldet sein, dass der Konvertit Ganczarski im Jahr 1999 mitsamt Familie und einer Jahresration Insulin in die Berge am Hindukusch auswanderte. Das Insulin – eigentlich für seine zuckerkranke Tochter bestimmt – soll dort auch Bin Laden verabreicht worden sein.

In Kandahar – so wollen es ebenfalls die französischen Ermittler herausgefunden haben – reüssierte Garczinski als Kurier, Computer-Fachmann und Logistiker für Bin Laden. Erstaunliche Leistungen, die man dem Sohn von Spätaussiedlern, der nur mit schlechten Leistungen die Hauptschule absolvierte, kaum zutrauen würde. (2)

Alles, was die Justiz ihm bisher vorwirft und woran sie das „Drahtziehen“ festmacht, ist ein Telefonat mit dem vermeintlichen Selbstmordattentäter von Djerba. Ganczarski soll gesagt haben: „Gehe in Frieden, Gottes Gnade und Segen sei mit dir“.

Daraufhin war Ganczarski im Jahr 2002 vorübergehend in Deutschland festgenommen worden. Doch die Ermittlungsrichterin sah keinen Haftgrund, Ganczarski erklärte, das Telefonat habe stattgefunden, allerdings hätte er selbst nichts von einem geplanten Anschlag gewusst noch sei er daran beteiligt gewesen. Wegen einer zu dünnen Beweislage musste man ihn wieder laufen lassen.

Ein halbes Jahr nach den Anschlägen von New York und Washington – der al-Qaida-Hype war in Fahrt und amerikanische Bomben legten Tora Bora und andere Ziele am Hindukusch auf der Suche nach dem „Top-Terroristen Bin Laden“ in Schutt und Asche – war man in Washington und Paris über die deutsche Justiz verstimmt. „Sie hätten nichts, um G. mit dem Attentat in Verbindung zu bringen“, räumten die deutschen Ermittler ein. (3)

Frankreich sah das anders und nutzte wenig später die Gelegenheit, Ganczarski von Saudi-Arabien ausgeliefert zu bekommen. Bei der Ankunft auf dem Pariser Flughafen im Juni 2003 wurde er sofort verhaftet und wartet seitdem auf seinen Prozess. Was nun die französischen Ermittler tatsächlich zusammen getragen haben, ist ungewiss. Die Staatsanwaltschaft will angeblich beweisen können, dass Ganczarski mit dem Telefonat grünes Licht für die Aktion gegeben habe, quasi seinen „Segen“.

Sowohl sein Anwalt Sebastien Bono als auch Ganczarski selbst sprechen von einem „politischen Prozess“, in dem es keine Gerechtigkeit für die Angeklagten geben werde. So hat der damalige Innenminister und heutige Präsident Nicolas Sarkozy nach der Festnahme des Deutschen „ohne Vorbehalt und ohne Zweifel“ vor dem Parlament erklärt, die Geheimdienste wüssten, dass Ganczarski ein „hochrangiges al-Qaida-Mitglied“ sei. Damit gebe es für seinen Mandanten keine Unschuldsvermutung mehr, sagte Bono. (4) „Wenn der Staatspräsident als Garant der Unabhängigkeit der Institutionen die Regeln verletzt, haben wir keine Chance auf ein faires Verfahren.“

In einem offenen Brief hatte sich Ganczarski vergangenen Freitag an Angela Merkel gewandt. Darin wirft er der französischen Justiz vor, entlastendes Beweismaterial nicht zu berücksichtigen. Zum Beispiel seien Unterlagen deutscher Behörden, etwa Zeugenaussagen gegenüber dem Bundeskriminalamt, gar nicht erst zu dem Verfahren zugelassen worden.

Wie die Pariser Schwurgerichtskammer unter Vorsitz von Yves Jacob entscheiden wird, ist offen. Sollte das Gericht die Verfahrensfehler anerkennen, könnte Ganczarski nach nun fast 6 Jahren Untersuchungshaft schon in den nächsten Tagen das Gericht als freier Mann verlassen. (5) Wahrscheinlicher aber ist, dass Frankreich „seinen Terrorprozess“ in vollen Zügen auskostet und am 6. Februar mit einem Schuldspruch zu rechnen ist.

(1) http://www.stern.de/politik/ausland/:Christian-G.-Duisburg-Osamas-General/543828.html

(2) http://www.sueddeutsche.de/,tt4m1/politik/682/453373/text/

(3) dito

(4) http://www.google.com/hostednews/afp/article/ALeqM5gyBadTsjMX7OU3b3rz72gdET9r2w

(5) http://www.vienna.at/news/politik/artikel/ibrahim-der-deutsche-beteuert-seine-unschuld/cn/apa-114657347


Gasdiebstahl: Ukraine zweigt russisches Gas ab

(05.01.09/rn)

Der Gasstreit zwischen der russischen Gazprom und der Ukraine wird die Lieferungen nach Deutschland nicht beeinträchtigen. Zwar haben laut RIA novosti die europäischen Verbraucher in den vergangenen 24 Stunden 50 Millionen Kubikmeter weniger russisches Gas angeliefert bekommen als vertraglich zugesichert, Russland will aber notfalls die Pipelines durch Weißrussland nutzen, um seinen Verpflichtungen nachzukommen.

Nach dem Scheitern der Verhandlungen hatte Gazprom am 1. Januar die Gaslieferungen in die Ukraine eingestellt. Kurz nach dem Lieferstopp begann der ukrainische Energieversorger Naftogas das für Europa bestimmte Gas aus dem Transitrohr abzuzweigen, so die Aussagen des Gazprom-Sprechers Sergej Kuprijanow am gestrigen Sonntag: „In den vergangenen 24 Stunden haben wir 295 Millionen Kubikmeter Gas in das ukrainische Pipelinenetz gepumpt, was die Aufträge der europäischen Verbraucher sogar übertrifft. In Europa sind aber nur 270 Millionen Kubikmeter angekommen. 25 Millionen Kubikmeter wurden gestohlen.“ Außerdem habe die Ukraine weitere 25 Millionen Kubikmeter für Europa bestimmten Gases aus den unterirdischen Speichern abgezweigt, behauptete Kuprijanow. Ihm zufolge hat Naftogas offiziell eingestanden, russisches Gas zu entnehmen. (1)

Tschechien, die Türkei, Polen, Ungarn, Rumänien und Bulgarien haben deshalb fünf bis 30 Prozent weniger russisches Erdgas erhalten, als vertraglich zugesagt.

Laut Angaben der Gazprom hat die Ukraine für das im Jahr 2008 von Russland erhaltene Gas 1,5 Mrd.US-Dollar noch nicht bezahlt. Mit Zinsen und Verzugskosten sind so bis jetzt 2 Milliarden Dollar aufgelaufen. Die Ukraine hatte für das Jahr 2009 bereits Sonderkonditionen eingeräumt bekommen. Gazprom machte mit 250 US-Dollar pro 1000 Kubikmeter Gas ein Angebot, das weit unter dem Weltmarktpreis liegt.

Der ukrainische Präsident Juschtschenko und Ministerpräsidentin Timoschenko forderten hingegen einen Preis von 201 US-Dollar. Zum Vergleich: andere Länder wie Turkmenistan oder Kasachstan verkaufen 1000 Kubikmeter Gas für 340 US-Dollar. Zuzüglich der Transitkosten müsste die Ukraine diesen Ländern 400 US-Dollar für 1000 Kubikmeter bezahlen. (2)

Der Konflikt verschärft sich momentan weiter. Laut einem Bericht von Hans-Jürgen Falkenhagen (3) hat Gazprom am 30.12.08 eine Mitteilung aus der Ukraine bekommen, man hätte 1,5 Milliarden Dollar überwiesen. Aber dieses Geld sei bis heute nicht angekommen. Der Generaldirektor des ukrainischen Gasunternehmens Naftogas hat vielmehr erklärt, das Gas, das durch die Ukraine transportiert wird, sei als „herrenlos“ deklariert worden, denn die Ukraine hat für das Jahr 2009 keinen Vertrag. Weiter will Naftogas den Transittarif für Gas nach Westeuropa erhöhen. Zwar war mit Russland dafür ein langfristiger Vertrag bis 2011 ausgehandelt worden und Europa eine feste Zusage erteilt worden, doch offensichtlich setzt die Ukraine auf Konfrontation: die eigenen unterirdischen Gasreserven sind gefüllt, so dass das Land in der nächsten Zeit ohne Probleme den eigenen Gasbedarf decken kann.

Das Ringen um eine Lösung des Gasstreits geht weiter. Eine EU-Delegation wird heute zu Gesprächen nach Kiew reisen, teilte das Büro des ukrainischen Präsidenten Viktor Juschtschenko mit. Zugleich wollte der russische Ministerpräsident Wladimir Putin mit dem Chef des russischen Gasriesen Gazprom, Alexej Miller, zusammentreffen. (4)

(1) Gazprom bietet Gas zu 450 Dollar an – Ukraine entnimmt es gratis http://de.rian.ru/business/20090105/119372319.html

(2) Das Gasproblem zwischen der Ukraine und Russland

http://www.tlaxcala.es/pp.asp?lg=de&reference=6750

(3) dito

(4) http://www.google.com/hostednews/afp/article/ALeqM5icMAZc1X2klAf5g9eIWAAkOGIO2g


Kurzmeldungen 2008 (Archiv)

http://www.hintergrund.de/content/view/341/164/

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