Weltpolitik

Haití, erste militärische Besetzung der „intelligenten“ Macht

Hinweis: Die Bilder sind aus den archivierten Hintergrund-Texten vor 2022 automatisch entfernt worden.

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Von ÁNGEL GUERRA CABRERA, 26. Januar 2010 –

Die USA nutzen die jüngste Tragödie von Haiti dazu aus, sich für lange Zeit militärisch in dem Land der Karibik zu installieren. Man sah es so kommen, nachdem Washington die Entsendung einer großen Menge von Kriegsmaterial, das eher einer bewaffneten Invasion als einer humanitären Operation eigen ist, für die leidende Nation ankündigt hatte. Man muss die Taktiken der Macht des Geheimdienstes in der Ära Obama hervorheben, wobei es das Fernsehen – zumindest jetzt –übernimmt, diesen Ansturm beschwichtigend abzumildern, indem es danteske Bilder über das Leiden der Bevölkerung Haitis zeigt, sie vom gesellschaftlichen und politischen Zusammenhang trennt, so als ob es nicht hauptsächlich auf eine jahrhundertelange Geschichte des imperialistischen Raubs und der Gewalttätigkeit zurückginge. Die Aufnahmen bewirken nichts anderes als ein apokalyptisches menschliches Bild darzubieten, das, obwohl jetzt verschärft, schon vor dem Erdbeben existierte.

Während die Fernsehaufnahmen eine nie zuvor gesehene internationale Solidaritätswelle mobilisieren, marschiert die als Rettungsaktion getarnte militärische Besetzung mit Rückenwind weiter. Der Super Flugzeugträger Carl Vinson landete mit seinen Streitkräften, einschließlich drei Amphibienlandungsschiffen und zwei Schiffen mit Raketenwerfern, Schiffen und Hubschraubern der Küstenwache, einer Eliteeinheit mit 2.000 Marines, 3.500 Soldaten der 82. Lufttransport-Division – der gleichen, die bei den Invasionen auf die Dominikanischen Republik, Grenada und Panama dabei war; schließlich werden, wie das Pentagon ankündigte, zwischen 9.000 und 10.000 Militärs der USA erwartet. Der Flughafen und Luftverkehr befindet sich unter Kontrolle ihrer Flugstreitkräfte und ihre Militärs haben die Streitkräfte der UNO, dessen Kommando man sich nicht unterstellt, auf einen zweitrangigen Platz vertrieben. Es kommen Proteste von Frankreich, Brasilien, Venezuela und Caricom, deren Flugzeuge von den Yankees keine Landegenehmigung bekommen. Die gigantische kriegerische Stationierung ist weit davon entfernt, zeitlich begrenzt zu sein; sie wurde durchgeführt, um zu bleiben, wie es die anschaulichen Erklärungen der Frau Clinton bei ihrem Besuch auf Haiti und denen des Sprechers des Außenamts, Philip Crowley, bestätigen: „Wir werden dort für lange Zeit bleiben…“; und ebenso die des Generals Douglas Frazer, Chef des Kommandos Süd, und mit der „Hilfe“ beauftragt, die von dem kanadischen Akademiker und Experten in Geostrategie, Michel Chossudovsky, ausgiebig auf der Webseite Global Research in dem Artikel „Die Militarisierung der Hilfsleistungen für Haiti: Handelt es sich um eine humanitäre Hilfe oder um eine Invasion?“ hinterfragt wurde. (1)

Chossudovsky bestätigt, dass „diese erneute US Militärpräsenz in Haiti benutzt wird, um einen Stützpunkt in dem Land einzurichten, außerdem verfolgt sie auch strategische und geopolitische Ziele der USA im Karibischen Becken, die in großem Maße gegen Kuba und Venezuela gerichtet sind“. Kuba unterhielt elf Jahre lang in dem karibischen Land eine Brigade mit Ärzten, die im Augenblick des Erdbebens Patienten in 227 von den 237 Gemeinden versorgte, unterstützt von der technologischen Hilfe Venezuelas. Auf kubanischen Universitäten sind 548 haitianische Ärzte ausgebildet worden; mit ihren kubanischen Kollegen zusammen bilden sie eine Kraft von ungefähr tausend Mitgliedern, die jetzt ihre Arbeit hauptsächlich in Puerto Príncipe macht. Während es der Engpass auf dem Flughafen nicht zulässt, dass die Hilfe ankommt, versorgten die kubanischen Nothospitäler Hunderte Haitianerinnen und Haitianer und operierten Dutzende. Kuba entwickelt auch andere Kooperationsprogramme ohne jegliche Kosten für Haiti, darunter eines der Alphabetisierung. Venezuela versorgt das Land mit Erdöl durch Petrocaribe zu sehr günstigen Bedingungen, sich auf die Prinzipien der Solidarität der Bolivarianischen Allianz für die Völker unseres Amerikas (Alba) stützend.

Dies ist es, was die USA stört, dass sie in Haiti nicht zu einer anderen Sache als erbarmungsloser Ausplünderung fähig war und sich dabei auf militärische Interventionen –basierend auf Prinzipien des 20. Jahrhunderts – stützte. Genauso wie in Honduras sucht Washington dort Taten wie die von Kuba und Venezuela zu unterbinden, weil sie es ihren Bewohnern erlauben, sich selbst auf ihre eigenen Füße zu stellen.

Haiti war das erste große revolutionäre Fanal der Freiheit in der Kolonialwelt und nahm im 19. Jahrhundert den Platz ein, den Kuba im 20. Jahrhundert innehatte. Die alten Kolonialmächte und die USA ließen es für die Kühnheit ihrer großen sozialen Revolution bezahlen, der ersten siegreichen und die Sklaverei abschaffende in der Geschichte, Vorläuferin der Unabhängigkeit von Lateinamerika.

Washington wird nichts zugunsten der Freiheit und des Wohlstands der Haitianer tun. Die Zukunft wird es zeigen.


Der Artikel erschien im Original am 21. Januar unter dem Titel Haití: primera ocupación militar del poder inteligente bei La Jornada.

Anmerkung: (1) http://www.globalresearch.ca/index.php?context=va&aid=17000

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Der Autor: Ángel Guerra Cabrera ist ein leitender kubanischer Journalist, der regelmäßig in der Tageszeitung La Jornada (Mexico) schreibt.

Übersetzung: Isolda Bohler bei tlaxcala

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