Ukraine-Krieg

Weitreichende Konsequenzen für deutsche Beobachter in Ostukraine

Patrik Baab auf seiner Russlandreise – hier am 22. September in Rostow am Don
©DruschbaFM - Screenshot, Mehr Infos

Für mindestens zwei Deutsche in der Ostukraine hat ihr Einsatz vor Ort Folgen. Der Journalist und Hochschuldozent Patrik Baab, der nach eigenen Angaben privat vor Ort ist und für ein Buch recherchiert, darf künftig nicht mehr an der Berliner Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft (HMKW) lehren. Die HMKW gab in einer Stellungnahme unmittelbar nach Veröffentlichung eines Berichts auf t-online.de bekannt, dass es mit „den Grundprinzipien unserer Hochschule nicht vereinbar ist, ihn weiter als Lehrbeauftragten an unserer Hochschule einzusetzen“. Auch die Christian Albrechts Universität Kiel (CAU) entzieht Baab einen Lehrauftrag. berichtet Spiegel Online. Der Geschäftsführer des nordhessischen Versorgers Energie Waldeck-Frankenberg (EWF), Stefan Schaller, ist nach seinem Einsatz als Wahlbeobachter durch den Aufsichtsrat seines Unternehmens freigestellt worden.

Die HMKW wirft Patrik Baab vor, allein durch seine Anwesenheit bei den Referenden „zur Legitimation der in unseren Augen völkerrechtswidrigen und inhumanen Scheinreferenden“ beizutragen. Die Referenden seien Teil einer imperialistischen Politik und eines verbrecherischen Krieges, heißt es weiter. Eine Sprecherin der CAU wird von Spiegel Online in ähnlicher Weise zitiert. Baabs Auftreten als „Beobachter“ verleihe dem russischen Vorgehen „den Anschein von Legitimität“, sagte eine Sprecherin. Eine bereits geplante Lehrveranstaltung des Journalisten im kommenden Wintersemester wird abgesagt. Auch im NDR, für den Baab vor seinem Vorruhestand gearbeitet hat, wird diese Position vertreten. Ein Redakteur des Senders schrieb auf Anfrage eines Journalisten von RT DE, dass es wahrscheinlich die Möglichkeit gebe, einen Reporter in die von Russland besetzten Gebiete in der Ukraine zu schicken. „Aber dadurch würden wir die Rechtmäßigkeit der Referenden anerkennen.“

Baab selbst sagte gegenüber hintergrund.de, dass es gerade die Aufgabe von Journalisten sei, die Dinge in Augenschein zu nehmen. Und er kritisiert die Berichterstattung, die nur auf eine Pressekonferenz schaue, auf der er aufgetreten ist. Als hintergrund.de kurz mit ihm sprechen konnte, stand er noch unter einem anderen Eindruck: „Wir kommen aus Mariupol. Die Stadt ist zu 90 Prozent zerstört. Das sei ein einziges Kriegsverbrechen. Offenbar interessiert diese Menschen dort niemand.“

Bei der Pressekonferenz, die auch der Autor t-online-Berichts erwähnt, sprach Baab gemeinsam mit anderen über seine Beobachtungen bei der Abstimmung. Dem Ausschnitt zufolge, der auf RT DE zu sehen ist, berichtete Baab von einem einhelligen Meinungsbild der Bevölkerung sowie von einer hohen Wahlbeteiligung. Er kritisierte allerdings auch einige Wahllokale unter freiem Himmel. Dort sei die Geheimhaltung nicht gewährleistet gewesen. „Die Wahl fand offen statt.“ Es sei ihm wichtig gewesen, diese Kritik zu äußern. „Ich habe das gesagt, was ich gesehen habe“, so Baab gegenüber hintergrund.de. Lars Wienand, der auf t-online.de über Deutsche bei den Referenden in der Ostukraine geschrieben hat, bewertet die Teilnahme an der Pressekonferenz als Parteinahme. Auf Twitter schrieb er: „Die Journalisten, die ich kenne, sitzen bei brisanten Pressekonferenzen nicht auf dem Podium.“

Stefan Schaller wiederum bereut mittlerweile seinen Aufenthalt in der Ostukraine, der rein privat gewesen sei. Dem Hessischen Rundfunk sagte er, dass er es nie wieder tun würde. „Ich war einfach so naiv zu glauben, ich könnte die technische Beobachtung von der politischen Dimension trennen“, zitiert der HR den kommunalen Energiemanager. Schaller sprach gegenüber dem Sender auch von seiner Überzeugung, dass es sich immer lohne, nicht nur die eine Seite zu sehen. Die Aufmerksamkeit, die sein Auftreten vor Ort hervorgerufen hat, habe ihn selbst überrascht.

Bei den Referenden waren auch italienische Wahlbeobachter vor Ort. „Auf den ersten Blick macht das Referendum einen normalen Eindruck“, sagt eine Beobachterin in einem Video auf RT DE. Der einzige Unterschied zu Italien sei, dass die Urnen durchsichtig seien. Auf dem Video sind auch undurchsichtige Urnen zu sehen, in die allerdings ein offener Stimmzettel gesteckt wird. (hb)

Das Titelfoto stammt aus der dritten Folge der Videoreihe auf DruschbaFM

https://www.youtube.com/watch?v=RY4O5an1h6o

 

Drucken

Drucken

Teilen