Ukraine-Krieg

Die zehn schlimmsten Kriegstreiber Deutschlands

Hintergrund-Medienrundschau vom 28. April 2022

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(Redaktion/28.4.22) Eine Clickbait-Überschrift. Reißerisch. Ist das unser Ernst? Ja und nein. Denn die Überschrift steht hier. Insofern ist sie ernst gemeint. Und sie hat einen ironischen Unterton. Wie sonst soll man dieser Tage den Blick in die Medien ertragen? „Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen, von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen“, habe sich Deutschland das Grundgesetz gegeben, heißt es in dessen Präambel. Das kann doch nur heißen: Keine Waffen in Kriegsgebiete. Alles andere wäre ein eklatanter Verfassungsbruch.

Mit dem Slogan „Keine Waffenexporte in Kriegsgebiete“ haben die Grünen noch wenige Tage vor der Bundestagswal im vergangenen September Werbung gemacht. Jetzt fordern sie das Gegenteil. Schwere Waffen in die Ukraine. Und mit ihnen trommeln viele weitere Politiker für den Krieg. Sie haben den Bundeskanzler überzeugt, der noch am Wochenende den Abwartenden gab. Nun ist er umgefallen. Mal wieder. Spätestens dadurch wird die Gefahr des Dritten Weltkriegs real. Sind wir schon mitten drin im Weltkrieg? Oder zumindest an seinem Anfang?

Wer die Entwicklung der Grünen zur Kriegspartei miterlebt hat, der wundert sich bei den vielen Verlautbarungen in den Medien und den sozialen Netzwerken aber nicht mehr. Wir wundern uns auch nicht und planen deshalb einen Text zur ehemaligen Friedenspartei (bis dahin eine Empfehlung aus dem Archiv: Hintergrund, 22.2.11). Jetzt aber gibt es erst einmal eine Top-10-Liste. Eine Liste der Kriegstreiber. Sie erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Objektivität. In der aktuellen Situation ist beides kaum möglich.

Unsere Kriterien sind dabei Prominenz des jeweiligen Kriegstreibers, die Ungeheuerlichkeit seiner Äußerung und die öffentliche Wahrnehmung. Außen vor bleiben bei uns heute die Praktiker des Krieges. Die Regierungsvertreter. Die sind nicht besser, ganz und gar nicht. Die Verteidigungsministerin beispielsweise, die zum Rapport zum „Großen Bruder“ nach Ramstein gefahren ist. „Jedes Tabu der Nachkriegszeit fällt. Diplomatie ist abgeschrieben. Die Maßgaben eines neuen deutschen Militarismus im Schlepptau der USA sind die Maßgaben dieser Bundesregierung“, schreibt die Abgeordnete der Linkspartei, Sevim Dagdalen (Junge Welt, 27.4.22).

Die Außenministerin ist nicht besser, wenn sie meint, mit mehr Waffen Tote verhindern zu können. Und gleichzeitig sagt sie im Bundestag implizit, die Waffen könnten den Weltkrieg bedeuten. Nichts könnte ausgeschlossen werden (Wohlstandsneurotiker auf Youtube, 27.4.22). Dabei werden Verhandlungen und Diplomatie ausgeschlossen. Baerbock will den Krieg verlängern. Das hilft den Ukrainern nicht, den Deutschen auch nicht. Baerbock ist in der Regierung die Ober-Kriegstreiberin. (Hierzu ergänzend: Neulandrebellen, 21.4.22.)

Schön ist das alles nicht. Damit wir es ertragen, spitzen wir zu – wie üblich in der Medienrundschau. Was gar nicht so leicht fällt, bei den vielen Zuspitzungen, die sie in den folgenden Zeilen lesen müssen. Und wir zu schreiben haben. Aber es nützt ja nichts. Fangen wir an mit unserer subjektiven Top 10 der deutschen Kriegstreiber im April 2022.

10. Annette Kurschus
Sie begrüßt, was viele fordern. Schwere Waffen in die Ukraine. Insofern nichts Besonderes. Und da sie auch Respekt vor denen vorgaukelt, die auf Gewaltlosigkeit setzen, wäre sie normalerweise keine Kandidatin für diese Liste. Was die Frau Pfarrerin aber dafür qualifiziert: Ihre Position. Sie ist Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland. Deren Oberste Repräsentantin ist also für den Krieg. Für Waffen, schwere Waffen (RND, 27.4.22). Die Demokratie der Ukrai… ach ne, Demokratie ist da ja nicht (Anti-Spiegel, 24.4.22). Die Ukraine bekommt also die Waffen für den Abwehrkampf. Mit dem Segen der Kirche. Sagte Jesus doch in der Bergpredigt: „Selig sind, die Waffen stiften.“ Moment, irgendwie hatten wir dieses Zitat anders im Kopf (Die Bibel: Matthäus 5,9).

9. Marina Weisband
Die Ukraine müsse siegen und deshalb müssen Waffen her. Schwere Waffen. Und wenn Putin Krieg mit Europa will, dann führt er ihn auch, Waffen hin oder her. Das ist in etwa die Position der Deutsch-Ukrainerin, die sie vergangene Woche bei Maybritt Illner vertreten hat (Zusammenfassung: Buzzfeed, 22.4.22). Verhandlungen nur aus der Position der Stärke. Siegfrieden. Den es nur mit vielen, vielen Opfern geben wird. In der Ukraine. Und wer weiß wo sonst noch. (Krass & Konkret, 27.4.22, auch: Telepolis, 26.4.22)

8. Friedrich Merz
Wir leben in einer Zeit der Umkehrung. In der Waffen angeblich zum Frieden führen. Friedrich Merz will das Ansehen Deutschlands in der Welt mit Waffen wieder aufpolieren. „Jemand, der Waffen liefert, eskaliert nicht, sondern hilft, diesen Konflikt einzudämmen.“ Eine Umkehrung (WDR 2, 19.4.22). Demnächst wird also auf der Demo skandiert: „Frieden schaffen mit noch mehr Waffen“ oder: „Deutsche Waffen, deutsches Geld, befrieden wir die ganze Welt“. Übrigens: Merz behauptet, General a.D. Erich Vad sei mit seiner mahnenden Position allein (bitte reinschauen: ZDF, 22.4.22). Das stimmt nicht (Untergrundblättle, 27.4.22).

7. Paul Ronzheimer
Der Bild-Mann vor Ort macht mobil. Für den Krieg. Denn Deutschland und die NATO werden in der Ukraine verteidigt. Würde sich gerne mit den Klitschkos zusammen ins Kriegsgetümmel stürzen (Bild, 19.4.22). Wenn denn genug Waffen da wären…

6. Marie-Agnes Strack-Zimmermann
Die harte Hand der FDP. Wurde nicht Verteidigungsministerin. Ist Ausschussvorsitzende und oberste Kriegsfrau der FDP. Die WAZ schreibt: „Strack-Zimmermann, so scheint es, sitzt innerlich bereits auf einem Schützenpanzer und fährt mit Vollgas an die Front, um den ukrainischen Truppen im Krieg gegen Russland beizuspringen.“ (WAZ, 25.4.22) Was will man da noch sagen? Vielleicht noch ein Zitat: „Wir dürfen uns nicht ständig von militärischen Szenarien beeinflussen lassen.“ (Freitag, 24.4.22) Immer feste druff. „Jeder Schuss ein Russ, jeder Stoß ein Franz…“ (ach ne, die sind ja jetzt Verbündete).

5. Moritz Gathmann
Weltkrieg. Wenn‘s denn sein soll (soll nicht, passiert auch nicht, meint er). Aber diesmal sind wir auf der richtigen Seite, sagt der Cicero-Reporter (Twitter, 22.4.22). Dazu haben wir ein Zitat des preußischen Kriegsminister Erich von Falkenhayn vom 31. Juli 1914 gefunden: „Selbst wenn wir darüber zugrunde gehen, schön war’s doch!“ (Süddeutsche Zeitung 4.8.14) Nein, lieber Herr Gathmann, schön wird‘s nicht. Das musste Herr von Falkenhayn erleben. Er starb 1922. Gathmann würde das Ende eines Dritten Weltkriegs allerdings kaum erleben.

4. Jan Böhmermann
„Willy Brandt hätte schwere Waffen geliefert“, schreibt Jan Böhmermann geschichtsvergessen (Twitter, 18.4.22). Dagegen kann man den Friedensnobelpreisträger zitieren, der 1981, dem Geburtsjahr Böhmermanns, gesagt hat: „Frieden ist nicht alles, aber ohne Frieden ist alles nichts.“ Dem ist nichts hinzuzufügen. Nichts.

3. Anton Hofreiter
Der Toni mit dem langen Haar. Kein Ministerium bekommen und nun ist er sauer. Aber er tut sich hervor. Mit besonders viel Kriegshetze (Welt, 24.4.22). Tom Wellbrock von den Neulandrebellen fasst es auf Facebook bissig zusammen: „Wir lernen: Fordere maximale Aufrüstung, lechze dem Krieg entgegen und behaupte, Krieg sei Frieden … und schon hast du gute Chancen, auf der Leiter nach oben zu fallen.“ Besser können wir es auch nicht ausdrücken.

2. Sascha Lobo
„Der größte Lump im Land, das ist und bleibt der Denunziant.“ Das war einmal. Nun können wir das geflügelte Wort von August Hoffmann von Fallersleben umschreiben. Denn heute ist es der Pazifist, der Lumpen-Pazifist. Den hat Spiegel-Kolumnist Sascha Lobo erfunden (Spiegel, 20.4.22) und schreibt vom „russischen Faschistenführer Putin“. Wer gegen Putin nicht dreimal Nazi ruft, der kann nicht für den Frieden sein. Der ist ein Lumpen-Pazifist. Die Schuldfrage ist eindeutig geklärt, die Vorgeschichte egal, die Politik der Nato, die Eskalationspolitik der Ukraine. Der „Landser des Tages“ (Junge Welt, 22.4.22) weiß, wo der Feind an der Heimatfront steht.

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1. Ralf Fücks & Marieluise Beck
„Ralf, willst Du heute einen Raushauen oder soll ich?“ „Mach mal, Marieluise, ich war gestern dran.“ Sehen so die Gespräche am Küchentisch bei den beiden aus? Wir wissen es nicht. Und wollen es auch gar nicht wissen. Das, was sie raushauen, ist schwer genug zu ertragen. Die beiden ehemaligen Grünen Spitzenpolitiker teilen sich aus familiären Gründen den Spitzenplatz. Warum? Man lese den Kommentar des Ehemanns in der Süddeutschen (kommentierte Zusammenfassung bei Krass & Konkret, 23.4.22) und schaue sich den Auftritt der Ehefrau bei Markus Lanz an (hier in einer kommentierten Fassung, Youtube, 25.4.22). Dann weiß man, warum sie es in unserer Top-10-Liste des Grauens an die Spitze geschafft haben. Und, nebenbei, man versteht, warum wir weder etwas mit „Liberal“ noch mit „Moderne“ zu tun haben wollen. Denn die Kriegshetze führen Beck und Fücks unter dem Label des „Zentrums Liberale Moderne“.

Und nun? Wenn wir nicht die verschiedenen Medien der Gegenöffentlichkeit lesen wollen (was sich zweifellos immer lohnt), hören wir einmal Serdar Somuncu bei Radio Eins zu (Radio Eins, 24.4.22) oder lesen den Offenen Brief an den Bundeskanzler (Telepolis, 24.4.22). Dann merken wir: Wir sind nicht allein. Aber ob das reicht? Wir wissen es nicht. So es uns die Eskalationsspirale erlaubt, sind wir kommende Woche wieder an dieser Stelle zu lesen. Mit der nächsten Medienrundschau. Bleiben Sie uns gewogen, schauen Sie wieder rein und empfehlen Sie uns weiter. Zu sagen bleibt am Ende: Bilden Sie sich Ihre eigene Meinung! Und senden Sie uns gerne Vorschläge für diese Rubrik an redaktion@hintergrund.de.

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