Ukraine-Krieg

NATO-Kriegsgerät verschwindet in „dunklen Kanälen“

Statt bei den ukrainischen Streitkräften landen rund 70 Prozent der von Europa und den USA zur Verfügung gestellten Waffen auf Online-Marktplätzen im Darknet, bei Rockerbanden und in den Händen von Terroristen – neuerdings sogar bei Boko Haram und ISIS in Afrika. Das birgt immense Gefahren für die Sicherheit. Trotzdem schickt der Westen immer mehr Kriegsgerät. Ein Umdenken bei den großzügigen Spendern? Fehlanzeige.

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Auch auf dem Schwarzmarkt angeboten: Die Panzerabwehrlenkwaffe NLAW. Dafür muss der Kunde 15.000 Dollar berappen. Deutsche Panzerfäuste erweisen sich demgegenüber als Schnäppchen.
Foto: MoD UK Lizenz: Open Government License version 1.0, Mehr Infos

Zum Interview mit Jürgen Rose

Seit Beginn der Kampfhandlungen in der Ukraine wird das Land mit großen Mengen hochmoderner europäischer und US-amerikanischer Kriegswaffen beliefert. Doch Schätzungen zufolge kommen nur etwa 30 Prozent der Waffen tatsächlich bei den ukrainischen Streitkräften an, die anderen 70 Prozent verschwinden unterwegs und tauchen später auf dem Schwarzmarkt und sogar in weit entfernten Krisenregionen auf. Das Problem ist lange bekannt, zuletzt warnte die europäische Polizeibehörde Europol Anfang Juli davor: Waffen, die von den NATO-Staaten in die Ukraine geschickt werden, werden weiterverkauft, auch über die Grenzen des Landes hinaus. „Die EU-Mitgliedsstaaten und die operativen Partner haben über Fälle berichtet, in denen kriminelle Netzwerke in der Region aktiv sind und den Schmuggel erheblicher Mengen von Schusswaffen und Munition, einschließlich militärischer Waffen betreiben und planen“, schrieb Europol an der Rat der Europäischen Union. Entlang der ukrainischen Landesgrenzen vermutete die Behörde Waffenverstecke. Diese Waffen könnten in die Hände von Kriminellen geraten, warnte Europol. Auch seien Fälle bekannt geworden, in denen ukrainische Flüchtlinge bei der Einreise in die EU Waffen bei sich gehabt hätten. 1

Dass solche Waffen in die Hände von Waffennarren geraten könnten, ist schon beängstigend genug, doch die Aussicht, dass extremistische Gruppen an hochmodernes Kriegsgerät kommen, ist noch einmal eine ganz andere Dimension. Und das Bewusstsein darüber, dass das durchaus zu erwarten ist, ist nicht neu. So sagte Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz dem SWR im Juli, man wisse aus dem Kosovo-Krieg in den 1990er Jahren, dass Kriegswaffen zu einem Sicherheitsrisiko werden könnten. „Häufig diffundieren Waffen aus Krisen- und Kriegsgebieten in die Bereiche des Extremismus und der organisierten Kriminalität.“ Von Notz forderte effektivere Verbleibskontrollen. 2 Die Verbesserung der Nachverfolgbarkeit der europäischen Waffen stand ebenfalls bereits im Juli ganz oben auf der Agenda der EU-Innenministerkonferenz in Prag, wo EU-Innenkommissarin Ylva Johansson gesagt hatte, nicht alle Waffen würden „in den richtigen Händen“ landen. Das Risiko eines florierenden Waffenschwarzmarktes in Europa sei aus ihrer Sicht real, sagte auch Aija Kalnaja, Generaldirektorin der EU-Grenzschutzagentur Frontex. „Deshalb sind wir jetzt auch an der moldauisch-ukrainischen Grenze aktiv. Wir glauben, dass dort die geschmuggelten Waffen hauptsächlich ankommen. Wir sind vorbereitet, das zu stoppen.“ 3

International abgestimmte Konzepte und effektive Verbleibskontrollen scheinen jedoch bis heute nicht umgesetzt zu werden. Ein ganz aktueller Beleg dafür ist der Zustrom für die Ukraine bestimmter Waffen in afrikanische Krisenregionen. Vergangene Woche warnte der nigerianische Präsident Muhammadu Buhari bei einem Treffen der Tschadsee-Kommission in Abuja: „Bedauerlicherweise dienen die Situation in der Sahelzone und der Krieg in der Ukraine als Hauptquellen für Waffen und Kämpfer, die die Terroristen in der Region stärken.“ Zusammen mit den Staatschefs von Benin, Tschad, Niger und der Zentralafrikanischen Republik kündigte Buhari an, die militärische Zusammenarbeit der Länder im Kampf gegen die radikalislamischen Gruppen Boko Haram und ISIS, die offenbar Kriegsgerät aus der Ukraine erhielten, zu verstärken. 4 Aus den vergangenen Monaten gab es zudem immer wieder Berichte, dass die für die Ukraine bestimmten Waffen in den Händen von Rockerbanden gelandet seien, die sich auch aktiv an dem Schmuggel beteiligt hätten. „Eine davon ist der Bandidos MC, der in jeder größeren ukrainischen Stadt eine Einheit hat“, sagte dazu Kriminaloberkommissar Christen Ahlgren vom finnischen National Bureau of Investigation (NBI) gegenüber Yle News. „Wir wissen, dass die Kontakte und Routen aufgewärmt werden, sodass sie vorhanden sind.“ 5

Blühender Handel im Darknet

Ein wohl nicht unerheblicher Teil der Waffen wird offenbar über das ukrainische Darknet vertrieben. Die russischsprachige Redaktion von RT hatte dazu einen interessanten Selbstversuch durchgeführt und diesen in ihrem am 1. Juli 2022 erschienenen Artikel sorgfältig anhand von Screenshots dokumentiert. Die Journalisten wollten wissen: Was wird tatsächlich im ukrainischen Darknet angeboten? Zu welchem Preis? Und wie funktionieren Bezahlung und Übergabe des Kriegsgeräts? Die dabei gewonnenen Erkenntnisse lassen aufhorchen. So konnte RT bei anonymen ukrainischen Händlern beispielsweise ein Exemplar der hochmodernen, erst 2022 in den Dienst gestellten US-amerikanischen Drohne Phoenix Ghost bestellen, die laut Hersteller senkrecht starten kann, mit Infrarotsensoren ausgestattet ist und auch bei Dunkelheit gegen mittelschwer gepanzerte Bodenziele eingesetzt werden kann. Der dafür veranschlagte Preis lag bei 4000 US-Dollar. Die Bezahlung konnte direkt auf dem Online-Marktplatz vorgenommen werden. Wie die Händler den Journalisten in dem dokumentierten Schriftwechsel erklärten, würde die Ware anschließend in einem Versteck deponiert und dessen Koordinaten mitgeteilt werden. Gegen einen Aufpreis von 1000 Dollar könnte die Ware auch im benachbarten Polen hinterlegt werden, teilten die Händler auf Nachfrage mit. Dass diese Möglichkeit angeboten werde, zeuge davon, dass die ukrainischen Waffenhändler gute Beziehungen zu den polnischen Grenzbeamten unterhielten, schlussfolgern die Autoren. Für 7000 Dollar fanden sie bei einem anderen Händler die nächste Verwandte der Phoenix Ghost, die Drohne Switchblade 600. Die Version Switchblade 300 wurde sogar für 3000 Dollar zum Kauf angeboten. Etwas tiefer in die Tasche musste man bei demselben Händler greifen, um die Panzerabwehrlenkwaffe NLAW zu erwerben. Diese wurde für 15.000 Dollar angeboten. Dagegen war eine deutsche Panzerfaust 3 mit einem Preis von 670 Dollar pro Stück geradezu ein Schnäppchen. Bei einem anderen Händler unter dem Pseudonym „weapons ukraine“ fanden die Journalisten ein breites Angebot an kleinerem Kriegsgerät. Kugelsichere amerikanische Westen wurden für 1500 Dollar ab einer Charge von fünf oder mehr Stück angeboten, amerikanische M4-Sturmgewehre mit Schalldämpfern und hundert Patronen für 2400 Dollar, daneben eine große Auswahl an älteren sowjetischen Waffen. 6

Sie verkaufen Waffen, die dann auf sie selbst gerichtet werden“

Die NATO-Waffen werden offenbar nicht nur im Darknet gehandelt oder von kriminellen Rockerbanden vertrieben. Russischen Medienberichten zufolge verkaufen ukrainische Armeeangehörige die Waffen auch direkt an der Frontlinie an den Feind. Der Handel mit westlichen Waffen sei im Donbass bereits seit 2014 gängige Praxis, schreibt das russische Medium Vzglyad unter Berufung auf Experten. Ein Informant des Kanals Rybar erklärte, es würden aktive Verhandlungen über den Erwerb bestimmter Waffentypen geführt, wobei die russische Seite nur an den modernsten Waffentypen interessiert sei. Die Bestände würden kaum kontrolliert, so die Quelle. Um das Verschwinden einer großen Partie Waffen zu kaschieren, würden zudem Massenbeschüsse bereits geräumter Gebiete verabredet und hinterher erklärt, die Waffen seien dabei zerstört worden. Ob solche Cover-up-Aktionen tatsächlich durchgeführt worden sind, ist schwer zu überprüfen, und es gibt auch russische Militärexperten, die Zweifel daran geäußert haben. Dass die ukrainische Seite mit den NATO-Waffen handelt, steht jedoch außer Zweifel, auch wenn die ukrainische Regierung entsprechende Meldungen immer wieder als „russische Propaganda“ abzutun versucht und den westlichen Unterstützern versichert, den Verbleib der Waffen minutiös zu kontrollieren. So bestätigte Wadim Melnik, Direktor des ukrainischen Büros für ökonomische Sicherheit, noch im Juli, dass nicht weniger als zehn Ermittlungsverfahren wegen Handels mit westlichen Waffen eingeleitet worden seien. „Für die Armee bestimmte Waren werden für Geld vertrieben. Wir haben entsprechende Fakten festgestellt“, so Melnik. 7 Auch der deutsche Militärexperte Oberstleutnant a. D. der Bundeswehr, Jürgen Rose, bestätigt, dass der Waffenhandel zwischen Angehörigen der sich auf dem Schlachtfeld gegenüberstehenden Armeen nichts Ungewöhnliches ist. „Ja, das ist sogar höchstwahrscheinlich, dass so etwas passiert. Auch das kennen wir ja aus den Kriegen der vergangenen Jahrzehnte, dass zwischen den Fronten, zwischen den verfeindeten Streitkräften oder Gruppierungen fleißig gehandelt wird mit Waffen. Krieg ist ja immer auch ein schmutziges Geschäft. Und die Akteure in diesem schmutzigen Geschäft, die versuchen auch für sich zu überleben und wenn möglich, dann auch noch einen Gewinn zu ziehen. Und wenn sich da Chancen ergeben, dann werden die genutzt.“ Die Amerikaner seien im Golfkrieg 2003 gegen Saddam Hussein mit Geldkoffern losgezogen und hätten ganze Bataillone aufgekauft, indem sie den Kommandeur des Bataillons bestochen hätten. „Eine Million Dollar und du sorgst dafür, dass dein Bataillon vom Gefechtsfeld verschwindet. Das ist im Krieg ökonomisch sogar sehr sinnvoll, weil der Einsatz an Waffen und Munition, der notwendig wäre, um ein Bataillon vom Gefechtsfeld verschwinden zu lassen, zu zerstören oder zu zerschlagen, sehr viel höher wäre als das Geld. Also es ist auch noch die billigere Variante, pekuniär ausgedrückt, und es kostet viel, viel weniger Blut. Vor allen Dingen natürlich auch weniger eigenes Blut. Und es wäre eigentlich ein Wunder, wenn das gerade eben in Ukraine-Krieg jetzt nicht der Fall wäre.“

Im Juni kursierten sogar Gerüchte darüber, die russischen Streitkräfte hätten den Ukrainern zwei vollkommen intakte französische Panzerhaubitzen vom Typ Caesar für je 120.000 Dollar abgekauft und sie in das Rüstungswerk Uralwagonsawod verbracht, um sie dort zu zerlegen und ihre Bauweise zu studieren. In einem Tweet hatte sich das Werk beim französischen Präsidenten Macron für dieses „Geschenk“ bedankt. Später wurden die entsprechenden Meldungen von französischer und von russischer Seite dementiert, doch angesichts der vielfältigen Waffen, die online und auf anderen Wegen zum Kauf angeboten werden, hielten nicht wenige Beobachter dieses Szenario für realistisch. Dass die russischen Waffenbauer daran interessiert sind, die neusten westlichen Waffen in ihren Besitz zu bringen und ihre Funktionsweise zu untersuchen, lässt sich auch den Aussagen von Konstantin Siwkow entnehmen. Gegenüber Vzglyad sagte der Militärexperte, besonders interessiert sei man derzeit an den US-amerikanischen Mehrfachraketenwerfer-Artilleriesystemen HIMARS (High Mobility Artillery Rocket System). Aleksandr Bartosch von der Akademie für Kriegswissenschaften erklärt, warum: „Bei HIMARS wäre es interessant, zu schauen, wie sie zielen und wie sie die Verbindung halten. Auch von Interesse wären Exemplare der verwendeten Antriebe und Geschosse, die in diesen Raketen verwendet werden. Aber das wichtigste wäre, herauszufinden, wie sie das Ziel anvisieren, durch Funkverbindung oder nicht.“ 8

Waffen für den Frieden, trotz allem

Obwohl ein Großteil der für die Ukraine bestimmten Waffen gar nicht erst bei der ukrainischen Armee ankommt oder von Armeeangehörigen weiterverkauft wird, hält der Westen an seiner militärischen Unterstützung fest. Als Begründung dafür, dass auch Deutschland von seiner bisher restriktiven Haltung zu Waffenexporten abgerückt ist, wird auf der Seite der Bundesregierung lediglich die Regierungserklärung von Bundeskanzler Olaf Scholz vom 27. Februar 2022 zitiert, wonach der Kriegsbeginn eine Zeitenwende in der Geschichte des Kontinents markiere, Putin die europäische Sicherheitsordnung zertrümmere und die Ukraine in ihrer verzweifelten Lage unterstützt werden müsse. „Direkt zu Beginn des Krieges haben wir entschlossen gehandelt, und zwar mit beispiellosen Sanktionen und mit der Entscheidung, erstmals in größerem Umfang Waffen in dieses Kriegsgebiet zu liefern. Viele in Europa sind diesem unserem Schritt gefolgt.“ 9 Kein Wort darüber, warum der Waffenexport trotz des massiven Waffenschmuggels fortgesetzt wird. Für den Zeitraum 1. Januar 2022 bis 5. Dezember 2022 hatte die Bundesregierung Einzelgenehmigungen für die Ausfuhr von Rüstungsgütern im Wert von 1.934.126.979 Euro erteilt. Welche Güter bereits geliefert wurden und bei welchen die Lieferung noch in der Vorbereitung/Durchführung ist, lässt sich einer langen Liste entnehmen, die ebenfalls auf der Seite der Bundesregierung einsehbar ist. Unter den bereits gelieferten Rüstungsgütern sind beispielsweise 500 Fliegerabwehrraketen Stinger, 2700 Fliegerfäuste Strela, 50 Bunkerfäuste und 30 Gepard-Panzer mit ca. 6000 Schuss Flakpanzermunition. 10

Die USA sind und bleiben der größte Waffenlieferant für die Ukraine. Seit Februar haben sie Waffen im Wert von 18,3 Milliarden US-Dollar geliefert. Am 10. November hatte das Pentagon eine zusätzliche Charge von Kriegsgerät im Wert von 400 Millionen US-Dollar angekündigt, nachdem bereits am 14. Oktober eine ähnliche Lieferung im Umfang von 725 Millionen US-Dollar zugesagt worden war. In der vom Pentagon am 14. Oktober vorgelegten Liste sind unter anderem 1400 Stinger-Flugabwehrraketen, 8500 Javelin-Luftabwehrraketen und über 700 Switchblade-Drohnen. 11

Und das alles, obwohl die USA sehr genau wissen, dass ein großer Teil dieser Waffen in den Händen von Kriminellen und Extremisten landen könnte. Aber das sei ein Risiko, das einzugehen die USA bereit seien, sagte ein nicht namentlich genannter Vertreter des US-amerikanischen Verteidigungsministeriums gegenüber Reuters. Um sicherzustellen, dass die Waffen an ihrem Bestimmungsort ankommen, hatte die US-Regierung ein Konzept ausgearbeitet, das Mitte Oktober vorgestellt wurde. Ein wichtiger Punkt darin sind Vor-Ort-Inspektionen der Waffenbestände, „wann immer und wo immer es die Sicherheitsbedingungen erlauben“. 12

Geschenkt gibt es die Waffen von den USA natürlich nicht. Die Biden-Administration stützt sich hierbei auf das Lend-and-Lease-Gesetz, wie es schon im Zweiten Weltkrieg angewandt wurde. Das Kriegsgerät wird also verliehen beziehungsweise vermietet und muss bezahlt werden. Großbritannien und die Sowjetunion, die im Zweiten Weltkrieg auf diese Weise an US-amerikanische Waffen gekommen seien, hätten 2006 die letzten Raten dafür abbezahlt, erklärt Jürgen Rose. Der Ukraine werde es auch nicht anders ergehen. Sie werde in die Schuldknechtschaft getrieben und gezwungen werden, ihre Märkte für westliche Wirtschaftsinteressen zu öffnen. „Da können dann Konzerne Gewinne abschöpfen und die Ukrainer werden bezahlen, sie werden arbeiten, Steuern bezahlen, und mithilfe dieser Steuern werden dann über Jahrzehnte bis weit ins nächste Jahrhundert hinein diese Kriegskredite abgearbeitet werden müssen“, so Rose im Interview mit Hintergrund. Vergleichbare Regelungen in der EU seien ihm zwar nicht bekannt, aber auch hier dürfe man nicht glauben, sie handle aus rein philanthropischen Motiven. Auch diese Waffen werde die Ukraine abbezahlen müssen. Dass bis zu 70 Prozent des Kriegsgeräts gar nicht in ihren Besitz gelangt und auf dem Schwarzmarkt landet, enthebt die Ukraine dieser Verpflichtung nicht. Laut dem Experten werden die geliehenen Waffen in der Regel nicht zurückgegeben. Das bedeutet, dass die Ukraine auch nach dem Krieg über hochmoderne westliche Kriegswaffen verfügen wird, von denen man sich nicht vorstellen möchte, in wessen Hände sie anschließend geraten werden.

Wie gefährlich dieses Spiel ist, unterstreicht Marwa El-Shinawy, Assistenzprofessorin an der International American University for Specialised Studies in Kairo, in einem Kommentar für Daily News Egypt. Wegen der „übertriebenen amerikanischen Unterstützung und Sturheit“ verwandle sich die Ukraine zu einem neuen Afghanistan im Herzen Europas, so El-Shinawy. „Deshalb sollte Europa in nächster Zeit Terrorangriffe erwarten, wie es sie noch nicht gesehen hat, denn der Krieg in der Ukraine hat Terrorgruppen reaktiviert und wiederbewaffnet und die Diaspora aus Afghanistan, dem Mittleren Osten, Europa und Afrika versammelt. Zweifelsohne bereitet diese Zusammenkunft von bewaffneten Söldnern den Weg für die größte Sicherheitsbedrohung Europas in seiner modernen Geschichte.“ 13

Fette Gewinne für die Rüstungsindustrie

Der lachende Dritte ist wie so oft die Rüstungsindustrie. Laut einem aktuellen Bericht des Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI sind zum siebten Mal in Folge die Umsätze der 100 größten Waffenhersteller gestiegen. Demzufolge verkauften sie 2021 Waffen im Wert von rund 563 Milliarden Euro, was einen Anstieg von knapp zwei Prozent gegenüber dem Vorjahr bedeutet. Ohne pandemiebedingte Lieferkettenschwierigkeiten wäre der Zuwachs noch größer ausgefallen, sind sich die SIPRI-Analysten sicher. Auch die Russland-Sanktionen bedeuten für die Industrie Lieferprobleme, weil bisher Russland ein wichtiger Rohstofflieferant war. Doch auch dafür gibt es Lösungen. „Es gibt andere potenzielle Lieferanten von Rohstoffen, wie China oder Indien“, sagt SIPRI-Analyst Diego Lopes da Silva. „Aber das ist eine politische Frage, wie sich das entwickeln wird. Ob westliche Länder in diese Märkte hineingehen und wie China und Indien die Nachfrage nach Rohstoffen in Europa als Druckmittel nutzen können.“ Die Nachfrage wird in der aktuellen Situation wohl kaum sinken, das bestätigt auch Lopes da Silva: „Viele europäische Länder haben steigende Militärausgaben angekündigt in Höhe von rund 200 Milliarden Dollar. Ein Teil dafür ist auch für die Materialbeschaffung gedacht, deshalb werden die Verkäufe weiter ansteigen.“

Die ersten fünf Plätze in der Liste der 100 größten Waffenhersteller belegen US-amerikanische Konzerne. Der größte Hersteller in Deutschland ist Rheinmetall und belegt Rang 31 in dem Ranking. Der zweitgrößte ist ThyssenKrupp. Letzterer konnte laut SIPRI 2021 kräftig zulegen und steigerte seine Verkäufe um elf Prozent. 14

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Das Interview mit Jürgen Rose – Waffenlieferungen und Waffenhandel

Seit Kriegsbeginn im Februar 2022 schicken EU und USA in großem Umfang militärische Hilfe in die Ukraine. Aber: Nur etwa 30 Prozent der hochmodernen NATO-Waffen kommen tatsächlich bei den ukrainischen Streitkräften an. Der Rest verschwindet auf dem Schwarzmarkt und landet nicht selten in den Händen von Kriminellen und terroristischen Gruppierungen. Über Sinn und Unsinn der fortgesetzten westlichen Waffenlieferungen an die Ukraine und die potentielle Bedrohung, die diese Waffen für den Westen selbst darstellen, sprach Hintergrund mit Jürgen Rose, Oberstleutnant a.D. der Bundeswehr.

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Quellen

1https://www.tagesschau.de/investigativ/swr/ukraine-krieg-waffenschmuggel-eu-101.html

2https://www.tagesschau.de/investigativ/swr/ukraine-krieg-waffenschmuggel-eu-101.html

3https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/nato-beamter-warnt-vor-schwarzmarkt-nach-ukraine-krieg-droht-balkan-szenario-li.246910

4https://english.almayadeen.net/news/politics/weapons-delivered-to-ukraine-beginning-to-filter-to-africa:

5https://www.heise.de/tp/features/Waffen-fuer-die-Ukraine-Verdacht-auf-Schmuggel-ins-Ausland-7325934.html

6https://russian.rt.com/ussr/article/1020840-ukraina-darknet-orugie-ssha-pentagon-nato

7https://vz.ru/society/2022/7/7/1166483.html

8https://vz.ru/society/2022/7/7/1166483.html

9https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/krieg-in-der-ukraine/faq-waffenlieferungen-2027766

10https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/krieg-in-der-ukraine/lieferungen-ukraine-2054514

11https://dailynewsegypt.com/2022/11/29/opinion-us-creates-a-new-afghanistan-in-ukraine/

12https://www.heise.de/tp/features/Waffen-fuer-die-Ukraine-Verdacht-auf-Schmuggel-ins-Ausland-7325934.html

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13https://dailynewsegypt.com/2022/11/29/opinion-us-creates-a-new-afghanistan-in-ukraine/

14https://www.tagesschau.de/wirtschaft/waffenverkaeufe-ruestung-101.html

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